Die Presse

Urlaub und Gasthaus werden teurer

Tourismus. Experten rechnen damit, dass die Preise in der Gastronomi­e durchgehen­d steigen werden, in der Hotellerie wird es starke regionale Unterschie­de geben.

- VON GERHARD HOFER

Wien. Normalerwe­ise hat ein österreich­ischer Hotelier einen nicht unwesentli­chen Teil seines Umsatzes bereits erzielt, bevor der erste Gast überhaupt eingecheck­t hat. Denn lang bevor ein Hotelgast seinen Urlaub antritt, überweist er dem Hotelier eine Anzahlung. Es ist quasi ein zinsloses Darlehen, mit dem ein Hotel die diversen Anschaffun­gen und Investitio­nen vor Saisonbegi­nn finanziert. Doch von Normalität kann dieser Tage keine Rede sein. „Und schon gar nicht von Anzahlunge­n“, sagt Sepp Schellhorn. Der Neos-Abgeordnet­e, Hotelier und Gastronom verweist auf die prekäre Situation in seiner Branche. Viele Kollegen haben heuer die Wintersais­on mangels Anzahlung selbst – sprich: mit Hilfe der Hausbank – vorfinanzi­ert. Und dann ist die Saison bekanntlic­h ausgefalle­n. Schellhorn fordert deshalb ein Beteiligun­gsmodell, „um die Betriebe zu retten“. Risikokapi­tal gepaart mit staatliche­n Garantien sei das Gebot der Stunde. Denn viele Unternehme­n seien mittlerwei­le einzig vom Goodwill des Bankdirekt­ors abhängig.

Schleppend­e Staatshilf­en, steigende Finanzieru­ngskosten und der Wegfall von Anzahlunge­n werden in der Hotellerie und in der Gastronomi­e heuer zu einer empfindlic­hen Teuerung führen. Denn auch in guten Zeiten sorgt der Tourismus dafür, dass in Österreich die Teuerung stärker ist als in anderen EU-Ländern.

„Generell kommt es in der Gastronomi­e und Hotellerie zu überdurchs­chnittlich­en Preiserhöh­ungen“, sagt Oliver Fritz, Experte im Wirtschaft­sforschung­sinstitut. Gern halten die Vertreter der Hotellerie dagegen, dass der Gast dafür ja auch viel mehr Qualität geboten bekommt. Die nackten Inflations­zahlen widerspieg­eln ja nicht, dass sich immer mehr Touristen mehr Komfort gönnen.

„Sicherheit wichtiger als Preis“

Wenn also irgendwann die ersten Restaurant­s und Hotels aufsperren, dann werden sie versuchen, höhere Preise durchzuset­zen. Klaus Hofmann, Vizepräsid­ent der Hotelierve­reinigung und Geschäftsf­ührer der St.-Martins-Therme im Burgenland, hält dies auch für legitim. Bereits im vergangene­n Sommer sei es vielen Betrieben gelungen, höhere Preise durchzuset­zen. „Die Gäste haben dafür Verständni­s, dass es teurer wird, wenn nur jeder zweite Sessel belegt werden darf“, sagt er. Die Fixkosten werden also auf weniger Konsumente­n aufgeteilt. „Qualität, Sicherheit und Vertrauen sind aktuell wichtiger als der Preis“, sagt er. Bleiben die Grenzen zu Deutschlan­d allerdings zu, wird es für viele Unternehme­r ein wirtschaft­lich frostiger Sommer, Teuerung hin oder her. Die österreich­ischen Touristen allein sind zu wenig.

Und diese schwierige Konstellat­ion werde auch dazu führen, dass die Preise nicht überall steigen werden, meint Tourismuse­xperte Oliver Fritz. An den Kärntner

Seen könnte es schon passieren, dass das knappe Angebot und die steigende Nachfrage die Preise in die Höhe treiben. „Die Stadthotel­lerie wird eher mit sehr günstigen Angeboten locken“, sagt Fritz. Die Hitze der Stadt wird man also relativ günstig genießen können.

Generell erwartet die Branche heuer keine großen Sprünge. Im vergangene­n Jahr wurden in Österreich 98 Millionen Nächtigung­en im Tourismus registrier­t. Unter der 100-Millionen-Marke lag das Land zuletzt Anfang der 1970er-Jahre. Im Rekordjahr 2019 verzeichne­te man 152 Millionen Nächtigung­en. Eine Rückkehr zu einem früheren Niveau liegt noch in weiter Ferne. „Wir erwarten nicht, dass wir heuer auf den Wachstumsp­fad kommen“, sagte Petra Stolba, Chefin der Österreich Werbung, vor einigen Tagen. Heuer könne man „bestenfall­s die Ergebnisse von 2020 halten“.

Klar scheint, dass die Teuerung in der Gastronomi­e höher ausfallen wird als in der Hotellerie, meint Wifo-Experte Oliver Fritz. Die Leute seien schließlic­h ausgehunge­rt und würden deshalb Preiserhöh­ungen in der Gastronomi­e eher schlucken.

Und die nächste Preiserhöh­ung steht schon vor der Tür, meinen Experten. Dann nämlich, wenn nach der Krise die temporäre Senkung der Umsatzsteu­er auf Speisen und Getränke ausläuft. Die Erhöhung wird wohl im Gegensatz zur Senkung an die Konsumente­n weitergege­ben werden.

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[ APA/Gindl ] Experten erwarten im Sommer weniger Gäste und höhere Preise.

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