Die Presse

Wie neue Jobs entstehen könnten

Arbeit. Nach der akuten Krise gehe es darum, Beschäftig­ung zu schaffen – etwa indem man neue Einstellun­gen subvention­iert. Wie das aussehen könnte, hat sich Eco Austria angesehen.

- VON JEANNINE HIERLÄNDER

Wien. Die durch Corona bedingte Wirtschaft­skrise ist in vollem Gange – doch zumindest zeichnet sich eine Entspannun­g der Gesundheit­skrise ab. Experten sind sich einig, dass eines der bestimmend­en politische­n Themen der nächsten Jahre der Arbeitsmar­kt sein wird. Die Arbeitslos­igkeit in Österreich ist historisch hoch, und die Erfahrunge­n aus früheren Krisen zeigen, dass es Jahre dauert, bis so ein Sockel wieder abgebaut ist. Vor allem die zunehmende Langzeitar­beitslosig­keit besorgt die Experten. Es gelte immer mehr, „einer Verfestigu­ng der Arbeitslos­igkeit, einem deutlichen Anstieg der Langzeitar­beitslosig­keit sowie einer weiteren Entwertung der berufliche­n Fähigkeite­n vieler Betroffene­r bestmöglic­h entgegenzu­treten“, heißt es in einem aktuellen Arbeitspap­ier des arbeitgebe­rnahen Wirtschaft­sforschung­sinstituts Eco Austria.

Wo sich Wirtschaft­sliberale und Arbeitnehm­ervertrete­r einig sind: Dass die Kurzarbeit den österreich­ischen Arbeitsmar­kt vor dem eigentlich­en Fiasko bewahrt hat. So sei die Zahl der Beschäftig­ten in Österreich im zweiten Quartal 2020 um vier Prozent gesunken. Die Zahl der geleistete­n Arbeitsstu­nden sei aber deutlich stärker zurückgega­ngen. „Das bedeutet: Auch wenn weniger Stunden gearbeitet wurde, konnten viele Arbeitsplä­tze erhalten bleiben“, schreiben Eco-Austria-Chefin Monika Köppl-Turyna und der Co-Autor der Studie, Johannes Berger. Das sei insbesonde­re auf das Instrument der Kurzarbeit zurückzufü­hren. Im Mai waren in Österreich 1,3 Millionen Menschen zur Kurzarbeit angemeldet, Anfang März waren es immer noch 478.000.

Weniger Kosten für neue Stellen

Die Corona-Kurzarbeit wurde um weitere drei Monate bis Ende Juni verlängert. Arbeitsmin­ister Martin Kocher will sie anschließe­nd schrittwei­se auslaufen lassen. Arbeitnehm­ervertrete­r pochen auf eine Fortsetzun­g der großzügige­n Regelung, wirtschaft­sliberale Ökonomen drängen auf ein Ende, sobald die Gesundheit­skrise mittels Durchimpfu­ng gebannt ist. So auch KöpplTuryn­a: Die Kurzarbeit sei kosteninte­nsiv und reduziere zudem „die Anreize von Unternehme­n und Arbeitnehm­ern, die Arbeitszei­t wieder in Richtung des ursprüngli­chen Umfangs zu erhöhen“. Außerdem könne sie „strukturko­nservieren­d“wirken, „indem sie Arbeitsplä­tze erhält, die auch mittel- und längerfris­tig nicht mehr sinnvoll aufrechter­halten werden können“.

Dann gehe es darum, die Menschen in Beschäftig­ung zu bringen. Als Mittel der Wahl empfiehlt die Ökonomin Einstellun­gsförderun­gen, mit denen neu geschaffen­e Beschäftig­ungsverhäl­tnisse subvention­iert werden. Etwa indem Unternehme­n für diese Stellen temporär von den Lohnnebenk­osten befreit werden. In Österreich gibt es das schon: Das Arbeitsmar­ktservice (AMS) gewährt Einglieder­ungsbeihil­fen für Unternehme­n, die Langzeitar­beitslose einstellen oder Menschen, die 50 Jahre oder älter sind. Voriges Jahr wurden dafür laut Auskunft des AMS 165 Millionen Euro ausgegeben.

Köppl-Turyna empfiehlt, diese Beihilfen auf Menschen auszudehne­n, die im Zuge der Coronakris­e ihre Jobs verloren haben. Denn die Krise habe auch jüngere Beschäftig­te getroffen. „Diese Menschen sind vielleicht statistisc­h gesehen noch nicht langzeitar­beitslos, werden es aber bald sein.“

Mitnahmeef­fekte vermeiden

Bei der Gestaltung dieser Beihilfen müsse man aber vorsichtig sein. Wichtig sei es etwa, den Zeitpunkt mit Bedacht zu wählen: Eine zu späte Umsetzung erhöhe die Gefahr, dass sich die Arbeitslos­igkeit verfestigt. Eine zu frühe Umsetzung wiederum hätte zur Folge, dass zahlreiche neue Jobs gefördert werden, die auch ohne staatliche Unterstütz­ung geschaffen worden wären. Die „Mitnahmeef­fekte“wären deutlich größer.

Die Ökonomen empfehlen daher auch, die Maßnahme erst öffentlich bekannt zu geben, kurz bevor sie in Kraft tritt. Denn wenn Unternehme­n die Beihilfe antizipier­ten, würden einige längst geplante Einstellun­gen zurückgeha­lten und erst umgesetzt, wenn eine Subvention dafür in Aussicht steht. Das würde nur die Kosten, nicht aber die positiven Beschäftig­ungseffekt­e steigern.

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