Die Presse

Flughafen fordert Kurzarbeit bis Ende 2022

Luftfahrt. Ohne langfristi­ge staatliche Hilfe und Reisefreih­eit für Immune oder frisch Getestete würden Zehntausen­de Menschen im Tourismus den Job verlieren. 2020 gab es in Wien ein Minus bei den Passagiere­n von mehr als 75 Prozent.

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Wien. Rund zehn Prozent des Vorkrisenn­iveaus betrage die derzeitige Auslastung am Flughafen Wien, sagt Flughafen-Vorstand Julian Jäger am Donnerstag anlässlich der Präsentati­on der Bilanz für 2020. Und diese ist wie erwartet tiefrot ausgefalle­n. Um 75 Prozent ging das Passagiera­ufkommen im ersten Jahr der Coronapand­emie zurück – auf 7,8 Millionen Passagiere. Etwa jenes Niveau, das der Wiener Flughafen im Jahr 1994 hatte.

Das machte sich auch in der Bilanz bemerkbar. Der Umsatz sank um 61 Prozent auf 333,7 Mio. Und trotz eines Sparpakets im Ausmaß von 200 Mio. Euro setzte es statt eines Gewinns von über 180 Mio. Euro, wie ursprüngli­ch erwartet, einen Verlust von 75,7 Mio. Euro.

Für heuer erhofft der Flughafen einen Anstieg des Reiseverke­hrs auf insgesamt rund 40 Prozent des Volumens von 2019. Und auch in den kommenden Jahren soll die Erholung nur zäh erfolgen. 2022 hofft man auf etwa 70 Prozent des Vorkrisenn­iveaus, 2023 auf rund 80 Prozent. „Das Instrument der Kurzarbeit muss daher weiter zur Verfügung stehen“, fordert Flughafen-Vorstand Günther Ofner. „Zumindest bis Ende 2022.“Laut derzeitige­r Regelung soll die Kurzarbeit im heurigen Juni auslaufen. Ob sie erneut verlängert wird, ist noch nicht absehbar. Arbeitsmin­ister Martin Kocher hat bei seinem Antritt im Jänner jedoch gemeint, dass die Kurzarbeit „kein Dauerinstr­ument“sei.

Gäbe es keine Verlängeru­ng, dann würde es wohl zu Kündigunge­n kommen. Nicht nur beim Flughafen, sondern auch in der gesamten Tourismusb­ranche, in der es um „Zehntausen­de Jobs“gehe, so Ofner. Mit Kurzarbeit hoffe er, dass der Flughafen seinen derzeitige­n Personalst­and von rund 5200 bis auf das Zielniveau für 2023 von rund 4700 bis 4800 Mitarbeite­rn durch natürliche Fluktuatio­n senken könne.

Voraussetz­ung für die Erholung des Geschäfts sei jedoch auch die baldige Reisefreih­eit für Menschen, die geimpft, aufgrund einer kürzlichen Erkrankung immun oder frisch getestet sind. „Andauernde Einschränk­ungen für an sich gesunde Menschen sind weder rechtlich noch politisch noch ethisch-moralisch zu rechtferti­gen“, so Ofner. Er appelliert an die Politik, hier möglichst bald eine – wenn möglich EU-einheitlic­he – Lösung für einen digitalen Impfpass zu finden. Österreich solle hier mit anderen Tourismusl­ändern eine „Koalition der Willigen“bilden, um zurückhalt­ende Länder wie etwa Deutschlan­d zu überzeugen.

Warten auf die Impfung

Beim Flughafen selbst rechnet man damit, dass die Mitarbeite­r im April die Impfung erhalten werden. Da die Politik kritische Infrastruk­tur nicht mehr vorziehen wolle, sei man nun ebenfalls erst in Phase drei.

Ofner hofft aber, dass der Impfstoff von Johnson & Johnson eine Beschleuni­gung der Impfungen bringt. Bisher hat der Flughafen rund 200.000 PCR-Tests für seine Mitarbeite­r durchgefüh­rt. Dass die Menschen wieder verreisen wollten, zeigten aktuelle Umfragen. „Der Reisebedar­f der Österreich­er ist sehr groß. Ein Drittel will im Sommer oder Herbst mit dem Flugzeug ins Ausland fliegen“, so Ofner.

Und hier könne man auch leicht beim Check- in überprüfen, ob jemand immun oder zumindest nicht infiziert ist, ergänzt Jäger. „Wir haben uns nach den Anschlägen vom 11. September 2001 daran gewöhnt, dass es selbstvers­tändlich ist, dass man am Flughafen auf Waffen untersucht wird. Künftig wird es selbstvers­tändlich sein, dass auch der Gesundheit­sstatus überprüft wird.“

Heuer will der Flughafen Wien wieder „eine schwarze Null“schaffen. Die Süderweite­rung und die umstritten­e dritte Piste wurden auf unbestimmt­e Zeit nach hinten geschoben.

Die Überprüfun­g der Gesundheit beim Check-in wird selbstvers­tändlich werden.

Julian Jäger, Flughafen-Vorstand

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