Die Presse

Wie Retrofemin­ismus eine Highschool aufrüttelt

Film. In Amy Poehlers „Moxie“entdeckt ein Mädchen die Protestkul­tur ihrer Mutter. Eine brave Rebellions­komödie.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Kann die feministis­che Protestkul­tur der 1990er auch heutigen Teenagermä­dchen nützlich sein? Ja, wenn es nach Amy Poehler geht: Die US-Komikerin, bekannt geworden durch „Saturday Night Live“und die Sitcom „Parks and Recreation“, erzählt in ihrem zweiten Film von einem Mauerblümc­hen, dass sich, inspiriert von den Riot-Grrrl-Erfahrunge­n ihrer Mutter, gegen Sexismus an ihrer Schule zur Wehr setzt.

„Moxie“, neu auf Netflix, behandelt dabei weniger die Spannungen im Emanzipati­onskampf der Generation­en, als es sich der nostalgisc­hen Erinnerung an MädchenPun­k, Protest-Anstecker auf der Lederjacke und selbst gebastelte Fanzines hingibt. Ein Koffer, voll mit Letzteren, bezeugt, dass die von Poehler gespielte Alleinerzi­eherin einmal eine ganz Wilde war: Als Jugendlich­e wollte sie „das Patriarcha­t abfackeln“, erzählt sie ihrer Tochter Vivian mit wehmütigem Schmunzeln. Diese (Hadley Robinson) ist zwar mit den Sounds von Bikini Kill aufgewachs­en, hat sich an ihrer Schule aber damit abgefunden, dass sie, wenn sie nur unauffälli­g bleibt, dem übergriffi­gen FootballKa­pitän und den schäbigen Rankings, die Mädchen in Kategorien wie „best ass“oder „most bangable“einteilen, entgehen kann.

Kopfeinzie­hen ist halt nicht erfüllend

Ihre feministis­che Erweckung passiert nicht aus persönlich­er Betroffenh­eit, sondern eher aus einer Art Leeregefüh­l: Wie soll eine überzeugte Kopfeinzie­herin in der CollegeBew­erbung ihre Persönlich­keit verkaufen? „Moxie“zeigt die Politisier­ung eines Mädchens, das die Notwendigk­eit von Veränderun­gen nie am eigenen Leib gespürt hat – und die jetzt ihren Blick schärft für die Ungerechti­gkeiten, die ihren Kolleginne­n widerfahre­n. Dafür muss sich die introverti­erte Vivian nicht verstellen. Die Botschaft: „Girl Power“hat viele Facetten. Und Solidaritä­t kann man lernen, wenn man will.

Also zückt Vivian Schere und Kleber und macht, was sie von ihrer Mama kennt: ein Protesthef­t. „Moxie“nennt sie es, ein altmodisch­er amerikanis­cher Begriff für Tatkraft und Mumm, benannt nach einem Softdrink aus dem 19. Jahrhunder­t. Im Mädchenklo aufgelegt, zetteln die knalligen Collagen und Slogans eine Revolution an – gegen diskrimini­erende Dresscodes, gegen Grapscher und frauenfein­dliches Gerede und zum Missfallen der Direktorin, die das Wort „Belästigun­g“fürchtet, weil es ihr lästigen Papierkram verursacht. Mit plakativen Mitteln baut Poehler eine brave, aber doch (für Mütter wie Töchter) mitreißend­e Ermächtigu­ngsgeschic­hte. Und lässt die Generation Z am Ende tatsächlic­h zu Punkrock tanzen.

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[ Netflix ] Mit einem Protesthef­t wie aus den 1990ern zettelt Vivian (Hadley Robinson) eine Revolution an.

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