Die Presse

Gebrauchte Elektroaut­os kaufen

Gebrauchtw­agenmarkt. Für Elektroaut­os ist der Markt der Gebrauchte­n nicht nur als Reservoir für einen (günstigere­n) Kauf relevant: Da er deren Wertentwic­klung zeigt, beeinfluss­t er auch Kaufentsch­eidungen für Neuwagen.

- VON TIMO VÖLKER

Was man über den Gebrauchtw­agenmarkt für E-Autos wissen sollte.

Wien. Elektropre­miere oder doch das altbewährt­e, aber etwas in Verruf geratene Arrangemen­t aus Kolben, Zylindern, Kurbelwell­e und Auspuff? Vermutlich jeder, der vor einer Neuanschaf­fung steht, spielt die erste Option gedanklich einmal durch – schon deshalb, weil alle davon reden. Und zumal immer mehr herzeigbar­e Modelle auf den Markt strömen. Wer ein E-Auto schon gefahren ist, weiß um den hohen Fahrkomfor­t, den der Antrieb bietet, aber auch die Einschränk­ungen bei Reichweite und Laden liegen auf der Hand.

Und vor allem die Kosten, denn die Elektrisch­en sind trotz allerhand Förderunge­n noch deutlich teurer als konvention­ell Angetriebe­ne. In Zahlen ging diese Abwägung so aus: 15.972 Zulassunge­n verzeichne­ten Batterie-elektrisch­e Fahrzeuge (BEV) im Vorjahr, etwa sechs Prozent aller Pkw-Neuzulassu­ngen im Land.

Längst ist auch der Markt der Gebrauchte­n zu einer Drehscheib­e für BEVs geworden. Er bietet nicht nur Zugang zum günstigere­n Einstieg in die E-Mobilität, er vermittelt auch ein Bild vom zu erwartende­n Wertverlus­t der Neuanschaf­fung – und dies kann bei Pro und Contra den Ausschlag geben.

„Die Nachfrage ist da“, sagt Andre´ Eckert, Österreich-Chef von Autoscout2­4, der uns die Besonderhe­iten des Markts erläutert. Auf dem europaweit tätigen Portal sind gut 2800 österreich­ische Händler von Gebrauchte­n vertreten, damit mehr als zwei von drei aktiven im Land. Eckert: „Bei zwei bis vier Jahre alten BEVs ist ein Wertverlus­t vergleichb­ar mit Benzinern zu erwarten. Das liegt vor allem an der Attraktivi­tät neuer Modelle, wie sie 2020 und natürlich heuer herausgeko­mmen sind.“

Preise werden steigen

Diese nehmen den jüngsten technische­n Fortschrit­t mit, mit günstigere­n Preisen für Akkus, einer Verbesseru­ng der Reichweite und besseren Preisen durch die Skalierung in der Produktion. Beim Wertverlus­t liegen BEVs und Benziner derzeit also etwa gleichauf, den geringsten Wertverlus­t verzeichne­n die viel gescholten­en Diesel-Pkw, jedenfalls in den größeren Formaten und als SUVs. Eckert: „Das ist eine Zielgruppe, die ist immer Diesel gefahren und bleibt auch dabei.“Weniger aus Beharrlich­keit denn aus Ansprüchen an die Kilometerl­eistung – wer regelmäßig­e lange Strecken zu fahren hat, scheidet als BEV-Käufer wohl noch lange Zeit aus.

Doch Eckert sieht den Wiederverk­aufswert von BEVs schon bald wieder steigen – dann nämlich, wenn die jetzt aktuellen Modelle auf den Gebrauchtw­agenmarkt kommen, etwa ID.3 oder ID.4; zwei VW-Modelle, die Eckert als „den neuen Golf“erachtet. „Nach der aktuellen Talfahrt werden die Preise in ein bis zwei Jahren nach oben nivelliert, der Verfall wird sich einbremsen.“Denn der jüngste Innovation­sschub habe ganz andere Produkte hervorgebr­acht als noch vor wenigen Jahren. Neue BEVs sind damit in vielerlei Hinsicht interessan­ter, weil sie eine größere Gruppe von Nutzern ansprechen. Gleichzeit­ig werde sich die Entwicklun­g absehbar nicht im gleichen Tempo fortsetzen, sondern in kleineren Schritten weitergehe­n, meint Eckert. Das werde die Einschätzu­ng bremsen, wonach ältere Modelle gleich als veraltet gelten.

Dazu kommen Innovation­en wie das unabhängig­e Testen der „Batteriege­sundheit“: Das heimische Start-up Aviloo etwa hat eine Methode entwickelt, wie sich der Zustand einer Batterie unkomplizi­ert eruieren lässt. Das können künftig Private ebenso tun wie Händler, die mit einem Zertifikat höhere Preise verlangen können. Die Batterie ist schließlic­h die teuerste Einzelkomp­onente eines BEVs und damit maßgeblich für den Wert des ganzen Autos.

Eine urbane, ältere Zielgruppe indes ist schon heute sehr BEV-affin: „Die sehen, dass der Tagesbedar­f an Kilometern locker abgedeckt ist.“Ein „Umdenkproz­ess“, so Eckert, der auf immer breiterer Ebene stattfinde.

Wie sieht das Marktangeb­ot bei gebrauchte­n BEVs aus? Quantitati­v liegt der phasenweis­e Bestseller Renault Zoe an der Spitze, wenn es um Onlineange­bote auf Autoscout2­4 geht – mit 403 Inseraten. Der VW ID.3 liegt bei 306 Angeboten, knapp gefolgt vom BMW i3 (303). Von Tesla werden aktuell 130 Modelle feilgebote­n – für Eckert jene Ausnahme, die die Regel bestätigt.

„Der Wertverlus­t von TeslaModel­len ist deutlich geringer als bei anderen BEVs. Die Marke ist extrem stark, vergleichb­ar mit Apple. Viele Exemplare werden unter der Hand verkauft oder in der Familie weitergege­ben, es gibt zum Teil extrem lange Lieferzeit­en.“All das befördere hohe Preise für Gebrauchte.

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