Deutschland: Söder will das Kanzleramt
Deutschland. Der Bayer wagt sich aus der Deckung: Er ist bereit, CDU/CSU in die Bundestagswahl zu führen. Aber CDU-Chef Laschet ist es auch. Die Entscheidung soll jetzt rasch fallen.
Der bayerische Ministerpräsident wagt sich aus der Deckung.
Berlin. Viele Monate lang hatte CSU-Ministerpräsident Markus Söder aus seinen Karriereplänen ein Geheimnis gemacht. Bleibt er in München – oder will er nach Berlin, ins Kanzleramt? Das wurde er tausend Mal gefragt. Zuerst hatte er verneint. „Mein Platz ist in Bayern“, sagte Söder dann. Irgendwann ließ er den Satz weg. Der CSU-Chef kokettierte fortan mit der Kanzlerkandidatur, machte vielsagende Andeutungen. Aber er legte sich nie fest.
Am Sonntag nun, vor dem CDU/CSU-Fraktionsvorstand und danach vor der Berliner Hauptstadtpresse, wagte sich der machtbewusste Franke aus der Deckung: Er sei bereit, als Kanzlerkandidat für die Union anzutreten, falls das auch die CDU breit unterstütze, erklärte Söder. CDU-Chef Armin Laschet ist allerdings auch bereit. „An seiner und an meiner Entschlossenheit gibt es keinen Zweifel“, erklärte Söder, der an der Seite Laschets auftrat. Die beiden hatten schon am Samstag ein „freundschaftliches“Gespräch über die K-Frage, die Kanzlerkandidatenfrage, geführt. Immerhin: Laschet und Söder halten sich gegenseitig für kanzlertauglich. Sagen sie.
Laschet hat bessere Karten
Mit Söders Bekenntnis ist aus dem teils schmutzig und verdeckt geführten Wettstreit ein offener Machtkampf geworden. Wobei Laschet die besseren Karten zu haben scheint. Also auf dem Papier. Er führt die deutlich größere der beiden Schwesterparteien an. Söder erklärte, er und seine CSU würden es natürlich „akzeptieren“, also abnicken, falls „die große Schwester“CDU einen anderen Kandidaten favorisiere.
Aber Söder sagte auch Sätze, die sich nur zu seinen Gunsten deuten lassen. Beispiel: Die Wahl des Kanzlerkandidaten müsse „erkennbar die Erwartungshaltung der Bevölkerung und der Breite der Mitglieder“abbilden, meinte Söder. Sowohl in der Gunst der Bevölkerung als auch an den Parteibasen liegt Söder haushoch in Führung.
Laschets Beliebtheitswerte sind im freien Fall. Nicht nur bundesweit, sondern auch in seiner Heimat. Just am Sonntag wurde eine Umfrage publik, wonach die Zufriedenheit mit Laschets Regierungspolitik in Nordrhein-Westfalen (NRW) seit Jänner von 60 auf 24 Prozent abgesackt ist. Und „Der Spiegel“spottete auf seiner Titelseite über Laschets Kanzlerpläne. Das Magazin nannte ihn „Häuptling Wirdsonix“.
Showdown am Montag
Am Montagvormittag tagt das CDU-Präsidium. Falls es sich hinter Laschet stellt, würde die Mission Kanzleramt für Söder mindestens schwierig. Und bisher scherte noch kein CDU-Schwergewicht aus. Stattdessen stellte sich auch Friedrich Merz, im Kampf um den CDU-Vorsitz noch Laschets Rivale, hinter den Rheinländer mit den miserablen Umfragewerten. Eine Faustregel gibt es in diesem Wahlkampf: Wer Kanzlerin Angela Merkel auf seine Seite zieht, ist im Vorteil. Zuletzt war unter Merkels Zutun der Eindruck entstanden, sie stünde Söder mittlerweile näher als Laschet, den sie öffentlich düpierte. In der Fraktionssitzung drängte Merkel Berichten zufolge auf einen „Brücken-Lockdown“, wie ihn zuletzt wortgleich Laschet gefordert hatte. Ein Signal der Kanzlerin?
Sicher ist, dass der Machtkampf um die K-Frage inzwischen an den Nerven der Parteien zerrt. Die Entscheidung soll deshalb „sehr zeitnah“fallen. Das ist Konsens. Keinesfalls soll der Machtkampf verbrannte Erde hinterlassen, wie damals vor der Wahl 1980. „Wir sind nicht Helmut Kohl und Franz Josef Strauß. Schon optisch nicht“, sagte Söder. 1979 hatte Strauß seine Ambitionen aufs Kanzleramt öffentlich gemacht. CDU-Chef Kohl wollte aber, dass Ernst Albrecht, der Vater von Ursula von der Leyen, Spitzenkandidat wird. Am Ende entschied die sich CDU/CSU-Fraktion für Strauß. Die Kampfabstimmung hinterließ tiefe Blessuren. Einflussreiche CDU-Politiker wie Volker Bouffier oder Wolfgang Schäuble lehnen eine Kampfabstimmung in der Fraktion daher ab. Unter den Abgeordneten hat Söder viele Unterstützer. Viele Mandatare fürchten um ihr Mandat, falls der als blass und konturlos wahrgenommene Laschet Spitzenkandidat wird.
Söder versicherte jedenfalls, dass niemand eine „Spaltung“von CDU/CSU wolle. Zuletzt war es aber der Bayer, der mit Sticheleien gegen Laschet für Unruhe sorgte. Am Sonntag revanchierte sich Laschet via „Bild am Sonntag“. Bei ihm, Laschet, gebe es keine „Schmutzeleien“, sagte er. Die Wortwahl war kein Unfall. Horst Seehofer hatte einst Söder die „charakterliche Eignung“für ein Spitzenamt abgesprochen. Und ihm „Schmutzeleien“unterstellt.