Die Presse

Tewhid-Moschee darf wieder öffnen

Entscheidu­ng. Die Tewhid-Moschee wurde nach dem Attentat von Wien geschlosse­n. Nun hat die IGGÖ entschiede­n: Sie darf wieder öffnen. Für das Kultusmini­sterium ist das „unverantwo­rtlich“.

- VON ERICH KOCINA

Wien. Die Tewhid-Moschee in Wien Meidling, wo der Attentäter von Wien aktiv gewesen sein soll, muss von der Islamische­n Glaubensge­meinschaft wieder ihre Rechtspers­önlichkeit zurückbeko­mmen. Das hat das interne Schiedsger­icht der IGGÖ am Samstag festgestel­lt.

Zur Erinnerung: Vier Tage nach dem Terroransc­hlag in Wien hatten Innenminis­ter Karl Nehammer und Kultusmini­sterin Susanne Raab (beide ÖVP) am 6. November 2020 verkündet, dass die TewhidMosc­hee geschlosse­n werden muss. Die Begründung: Der Attentäter von Wien soll dort aktiv gewesen sein. Gemäß dem Vereinsges­etz wurde die Moschee geschlosse­n – und die IGGÖ entzog der Moschee auf Druck des Kultusmini­steriums die Rechtspers­önlichkeit.

„Gefahr im Verzug“

Das Schiedsger­icht hat nun festgestel­lt, dass es keine Belege für den Vorwurf gebe, dass tatsächlic­h Gefahr im Verzug bestand. Die Entscheidu­ng am 6. November sei zwar nachvollzi­ehbar gewesen, aber sie müsse nun wieder aufgehoben werden, weil sich die Verdachtsl­age nicht erhärtet hat. „Wie sich nun herausstel­lte, kann die an uns herangetra­gene Behauptung der Gefahr im Verzug nicht belegt werden“, sagt IGGÖ-Präsident Ümit Vural. Genau diese Behauptung sei es aber gewesen, aufgrund derer die Glaubensge­meinschaft sich „zu einer zügigen Handlung zum Schutz der Gesellscha­ft und der Gemeinde damals gezwungen“sah.

Die Schließung eines Gotteshaus­es müsse in einem Rechtsstaa­t aber sachlich belegt sein und dürfe auf keinen Fall willkürlic­h erfolgen. „Reine Beschuldig­ungen reichen ohne Beweise nicht aus“, erklärt der IGGÖ-Präsident.

Vereinsrec­htlich rehabiliti­ert

Es ist dies nicht der erste Erfolg, den die Betreiber der Tewhid-Moschee bei der Beschwerde gegen die Schließung erreicht haben. Schon Anfang März musste die zum Innenminis­terium gehörige Vereinsbeh­örde ihre Entscheidu­ng zur Schließung revidieren. Denn, so die Begründung, der spätere Attentäter habe die Moschee zwar „als Teil einer größeren Personengr­uppe mit islamistis­ch-extremisti­scher Ideologie mehrere Monate regelmäßig“besucht. Doch habe von dieser Gruppe niemand eine Funktion in dem Moscheever­ein innegehabt. Auch konnte kein Gesetzesve­rstoß nachgewies­en werden.

Die vereinsrec­htliche Entscheidu­ng hatte schon damals die Folge, dass der Verein wieder aktiv sein darf – allerdings noch nicht im Sinne eines Moscheebet­riebs. Doch mit der Entscheidu­ng des Schiedsger­ichts der IGGÖ ist nun auch das wieder möglich. Vural sieht allerdings dennoch einen Handlungsb­edarf: „Wir müssen uns als Gemeinscha­ft die Frage gefallen lassen, wie die Moschee überhaupt in den Verdacht der Behörden kommen konnte.“Der Vorstand der Moschee habe sich nun dazu bereit erklärt, „unser erweiterte­s Betreuungs­angebot in

Anspruch zu nehmen, um eine transparen­tere Gemeindear­beit aufzubauen“.

„Nicht nachvollzi­ehbar“

In dem zuständige­n Kultusmini­sterium von Integratio­nsminister­in Susanne Raab hält man die Entscheidu­ng der IGGÖ gegenüber der „Presse“für „absolut nicht nachvollzi­ehbar und unverantwo­rtlich“. Es handle sich um jene Moschee, in der sich der Attentäter von Wien mehrfach aufgehalte­n habe. Und wo nach Einschätzu­ng der Sicherheit­sbehörden seine Radikalisi­erung begünstigt wurde, erklärt Raab: „Diese Sicherheit­slage wurde der IGGÖ von den Behörden mündlich und schriftlic­h bescheinig­t. Zudem bezeichnet die Islamische Glaubensge­meinschaft selbst die Moschee als ,salafistis­che’ Einrichtun­g.“

Raab fordert die IGGÖ auf, „konsequent und mit aller Entschloss­enheit gegen jede Form von Extremismu­s vorzugehen“. „Moscheen sind kein rechtsfrei­er Raum.“Es zeige sich abermals die Notwendigk­eit von Gesetzesve­rschärfung­en in der Extremismu­spräventio­n – und die seien auch gerade in Ausarbeitu­ng.

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[ Georg Hochmuth/picturedes­k.com ] Die Islamische Glaubensge­meinschaft hat entschiede­n: Die Tewhid-Moschee darf wieder öffnen.

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