Die Presse

Aktien sind gut, doch Gold tröstet über Kursverlus­te hinweg

Langfristi­g steigen Aktien stärker als Gold. In den mageren 1970er-Jahren und den verlustrei­chen 2000er-Jahren sah die Sache anders aus.

- VON BEATE LAMMER E-Mails an: beate.lammer@diepresse.com

Gold werde aus der Erde geholt, um in einen Tresor unter der Erde gelegt zu werden, sagt Warren Buffett.

Gold spaltet die Gemüter, ähnlich wie Bitcoin. Die einen lieben es, die anderen können nichts damit anfangen. Starinvest­or Warren Buffett etwa zählt zu letzteren. Er wirft dem gelben Edelmetall vor, keine Zinsen abzuwerfen und völlig unprodukti­v zu sein. Gold werde aus der Erde ausgegrabe­n, zu Barren geschmolze­n und wieder in einen unterirdis­chen Tresor eingegrabe­n, meinte er einmal. Wenn Außerirdis­che uns bei dieser Tätigkeit beobachtet­en, käme ihnen das reichlich eigenartig vor. Diese Ansicht hat Buffett voriges Jahr freilich nicht davon abgehalten, eine Position am Bergbauunt­ernehmen Barrick Gold aufzubauen, wenn auch nur vorübergeh­end.

Befürworte­r schätzen Gold wegen seiner natürliche­n Knappheit. Während staatliche Währungen wie Euro und Dollar beliebig vermehrt werden können, erhöht sich der vorhandene Goldbestan­d um weniger als zwei Prozent pro Jahr. Physisches Gold ist zudem vor potenziell­en Staatseing­riffen wesentlich besser geschützt als Geld auf Girokonten.

Mit noch größerer Leidenscha­ft wird Bitcoin geliebt und gehasst. Die digitale Währung sei im Gegensatz zu Gold, das wenigstens glänzt und als Schmuck getragen werden kann, völlig nutzlos, neige zu extremen Schwankung­en und verbrauche auch viel Strom, sagen die einen. Die Cyberdevis­e sei eine noch härtere Währung als Gold, fälschungs­sicher und unabhängig, entgegnen die anderen. Sie schütze vor Inflation, nicht nur in Ländern wie Simbabwe und Venezuela, sondern überall auf der Welt.

Bei Aktien ist die Sache eindeutige­r. Unternehme­n sind produktiv und wandelbar und schreiben Gewinne, zumindest im Schnitt. Man kann zwar auf die falschen Papiere setzen oder zum falschen Zeitpunkt kaufen. Dennoch ist ein Aktieninve­stment eine Wette auf Wachstum, Fortschrit­t und Kreativitä­t. Doch stellt sich selbst für Aktionäre die Frage: Zahlt es sich aus, auch Gold oder Bitcoin zu haben?

Kommt darauf an. Bei Bitcoin sind solche Vergleiche schwierig, da die Preisfindu­ngsphase der Kryptowähr­ung noch nicht abgeschlos­sen ist. Die ersten zwölf Jahre ihrer Geschichte waren von exorbitant­en Preisansti­egen, aber auch von heftigen Schwankung­en geprägt.

Der Goldpreis konnte auf Sicht von 100 Jahren nicht annähernd mit dem US-Aktienmark­t mithalten. Aber erstens hat wohl kein Anleger einen so langen Horizont, zweitens unterschie­den sich die letzten 50 Jahre deutlich von denen davor: Bis 1971 bewegte sich der Goldpreis nicht viel. Doch dann hob US-Präsident Richard Nixon die Golddeckun­g des Dollar auf. Die Folge: Gold wertete massiv auf. Auf Sicht von 50 Jahren stieg der Goldpreis sogar etwas stärker als die US-Indizes S&P 500 oder Dow Jones. Berücksich­tigt man aber, dass die Aktien auch Dividenden abwarfen, hatten doch Letztere die Nase vorn.

Auf Sicht von zwanzig Jahren schlug der Goldpreis die großen Aktienindi­zes dann eindeutig, selbst wenn man die Dividenden dazurechne­te. Das hat damit zu tun, dass den Börsen das Platzen der Dotcom-Blase und die Finanzkris­e schwer zusetzten. Auf Sicht von zehn Jahren eilten die Aktien wieder dem Goldpreis davon.

Fazit: Langfristi­g sind Aktien unschlagba­r. In den vom Ölpreissch­ock geprägten 1970er-Jahren und den harten 2000er-Jahren tröstete die gute Goldpreise­ntwicklung jedoch über die mageren Kursanstie­ge hinweg. Mittelfris­tig trägt also Gold durchaus zur Schonung der Nerven bei.

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