Die Indexfonds gewinnen – schon wieder
Investmentfonds. 2020 schnitten aktiv verwaltete US-Fonds im Durchschnitt zum elften Mal in Folge schlechter ab als der Aktienindex S&P 500. Nicht umsonst empfiehlt der Starinvestor Warren Buffett Kleinanlegern den Kauf von Indexfonds.
New York. Warren Buffett nennt sie „Helfer“, wobei er sicherstellt, diese Bezeichnung unter Anführungszeichen zu setzen. Was der wohl bekannteste Investor der Welt meint, wenn er von Fondsmanagern spricht, ist nämlich, dass diese ganz und gar nicht helfen. Vielmehr würden sie hohe Gebühren kassieren, und der herkömmliche Kleinanleger wäre besser beraten, wenn er auf aktiv verwaltete Fonds verzichtet. Deren Leistung, so Buffett, sei im Vergleich zum gesamten Markt oftmals erbärmlich und das Gros der Fondsmanager ihr Geld nicht wert.
Eine aktuelle Auswertung der Analysten von S&P Dow Jones Indices gibt Buffett einmal mehr recht. Demnach schnitten in den Vereinigten Staaten 60,3 Prozent aller großen Fonds 2020 schlechter ab als der S&P-500-Index. Das überrascht besonders, da eine Faustregel besagt, dass die sogenannten „Stock-Picker“vor allem in turbulenten Börsenjahren einen Vorteil genießen und den Gesamtmarkt eigentlich schlagen sollten. Und turbulent war das Vorjahr allemal: Auf den schnellsten Absturz der Geschichte im März folgte die rasanteste Erholung, am Ende stand ein Jahresplus des S&P-500-Index von 16 Prozent zu Buche.
2009: Aktive Fonds lagen vorn
Tatsächlich schnitten die Fondsmanager im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren noch verhältnismäßig gut ab. 2019 beispielsweise erzielten 71 Prozent ein schlechteres Ergebnis als der S&P 500, 2014 waren es gar 86,7 Prozent. 2009 war das letzte Jahr, in dem aktive Fonds im Durchschnitt eine höhere Rendite erzielten. Damals, im Zuge der Finanzkrise, schlugen 56 Prozent der Investmentfonds den US-Leitindex, ehe die vorerst elfjährige Talfahrt der Fonds ihren Lauf nahm.
Natürlich wäre es falsch, alle Fondsmanager über einen Kamm zu scheren, und es mag durchaus Sinn machen, in gewissen Situationen auf aktiv geführte Investmentfonds zurückzugreifen. Das kann beispielsweise für exotischere und kleinere Märkte gelten, wo es den großen Anbietern oft gar nicht möglich ist, den Leitindex nachzukaufen. Mittelgroße asiatische Börsenplätze wie Vietnam werden gerne als Beispiel genannt, weil staatliche Regulierungen ausländischen Indexfonds den Erwerb großer Firmen erschweren beziehungsweise verbieten. Generell gilt, dass Kleinanleger vor allem in Schwellenländern ihre Hausaufgaben zu machen haben und auch bei Indexfonds das Kleingedruckte lesen und sich bewusst sein müssen, dass das Risiko höher ist.
Wer breit gestreut in den wichtigsten Märkten, also den USA und Europa, vertreten sein will, für den spricht hingegen wenig gegen einen Exchange Traded Fund (ETF) der größten Anbieter. Der S&P-500-Indexfonds von iShares etwa verlangt eine Gebühr von 0,07 Prozent, während jene von aktiv verwalteten Fonds in der Regel im Bereich von ein bis zwei Prozent schwankt.
Ebenso wie die dahintersteckenden Aktien sind die großen Indexfonds – ob auf den amerikanischen S&P 500, den deutschen DAX oder den britischen FTSE 100 – höchst liquide und stets handelbar.
Freilich: Dass die US-Indexfonds auch heuer deutlich besser abschneiden als die aktiv verwalteten Gegenstücke, ist keineswegs garantiert. Die Rallye an der Wall Street war vor allem den Technologieriesen zu verdanken, und diese sind wegen ihrer Größe sehr prominent im S&P 500 vertreten. Die Aktie von Apple legte 2020 um 81 Prozent zu, zum Jahreswechsel war der Gigant im S&P 500 mit 6,7 Prozent gewichtet. Amazon wiederum verbuchte ein Plus von 76 Prozent, die Gewichtung im Index steht bei 4,4 Prozent.
Kaum ein vernünftiger Fondsmanager, der breit streuen und im Namen seiner Klienten nicht alles auf eine Karte setzen will, wagt es, das Portfolio noch stärker auf die Techgiganten auszurichten. Ob die Indexfonds 2021 erneut als Sieger dastehen werden, wird davon abhängen, ob die zuletzt zu beobachtende Aufholjagd der Wertaktien – also etwa Bank- oder Energiewerte – weitergeht oder ob die Techfirmen neuerlich stärker zulegen werden. Legen konjunkturabhängige Zykliker weiter zu, könnten viele sogenannte „Value Funds“, die sich auf dividendenstarke, traditionelle Firmen konzentrieren, den Gesamtmarkt zum ersten Mal seit 2009 schlagen.
Auch im Fall einer Korrektur könnte der Absturz bei Indexfonds empfindlicher sein als bei aktiven Investmentfonds. Das hat zwei Gründe: Einerseits stürzen Wachstumsaktien wie Apple, Facebook oder Tesla – und mit ihnen der Gesamtindex – bei einer generellen Talfahrt oft deutlicher ab als solide Dividendenzahler. Zweitens bemühen sich Fondsmanager in vielen Fällen darum, das Risiko zu minimieren und ihre Performance besser aussehen zu lassen. In erfolgreichen Börsenjahren liegen sie damit zumeist hinter den Indizes zurück, können schlecht informierte Kunden aber mitunter trotzdem mit herzeigbaren Erträgen beeindrucken. In schlechten Jahren können sie hingegen darauf verweisen, dass der Gesamtmarkt deutlicher abgestürzt sei.
Langfristig und im Durchschnitt jedoch, und da hat Warren Buffett mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit recht, schneidet der typische Kleinanleger mit großen Indexfonds besser ab als mit aktiv verwalteten Investmentfonds. So haben die Analysten von S&P Dow Jones Indices auch die Leistung aller sogenannten Large-Cap-Funds, die sich auf Firmen mit einem Börsenwert von mehr als zehn Milliarden Dollar konzentrieren, analysiert. Über einen Zeitraum von 20 Jahren schnitten nur sechs Prozent von ihnen besser ab als der S&P 500.
Warren Buffetts Wette
„Im Großen und Ganzen sind die Resultate der Investmentfonds wirklich erbärmlich“, ließ Buffett einst während der Hauptversammlung seiner Berkshire-Gesellschaft 2017 ausrichten. Damals präsentierte das „Orakel von Omaha“den Zwischenstand einer Wette, die er mit Ted Seides, dem ExChef der Vermögensverwaltung Protege Partners, abgeschlossen hatte. Seides hatte 2008 fünf Dachfonds ausgewählt, die 100 aktiv geführte Fonds beinhalteten, und mit Buffett gewettet, dass diese den S&P-500-Index schlagen würden. Das erbärmliche Resultat: Der von Buffett ins Rennen geschickte Vanguard S&P 500 Indexfonds erzielte von 2008 bis 2016 eine Rendite von 7,1 Prozent pro Jahr. Kein einziger der fünf Dachfonds schnitt besser ab, im Schnitt brachten es die aktiven Fonds nach Abzug der Verwaltungsgebühren gerade einmal auf 2,2 Prozent Rendite pro Jahr.
Die Quintessenz: Jedem Investor steht es frei, einen Teil seines Kapitals zu verwenden, um aktiv und in hoher Frequenz Aktien zu handeln. Wer allerdings langfristig Vermögen aufbauen will, um sich zum Beispiel eine ordentliche Zusatzpension zu erwirtschaften, fährt höchstwahrscheinlich mit einem Indexfonds-Sparplan besser – und schläft vermutlich ruhiger, weil Kursschwankungen besser ignoriert werden können.