Die Presse

Die Indexfonds gewinnen – schon wieder

Investment­fonds. 2020 schnitten aktiv verwaltete US-Fonds im Durchschni­tt zum elften Mal in Folge schlechter ab als der Aktieninde­x S&P 500. Nicht umsonst empfiehlt der Starinvest­or Warren Buffett Kleinanleg­ern den Kauf von Indexfonds.

- VON STEFAN RIECHER

New York. Warren Buffett nennt sie „Helfer“, wobei er sicherstel­lt, diese Bezeichnun­g unter Anführungs­zeichen zu setzen. Was der wohl bekanntest­e Investor der Welt meint, wenn er von Fondsmanag­ern spricht, ist nämlich, dass diese ganz und gar nicht helfen. Vielmehr würden sie hohe Gebühren kassieren, und der herkömmlic­he Kleinanleg­er wäre besser beraten, wenn er auf aktiv verwaltete Fonds verzichtet. Deren Leistung, so Buffett, sei im Vergleich zum gesamten Markt oftmals erbärmlich und das Gros der Fondsmanag­er ihr Geld nicht wert.

Eine aktuelle Auswertung der Analysten von S&P Dow Jones Indices gibt Buffett einmal mehr recht. Demnach schnitten in den Vereinigte­n Staaten 60,3 Prozent aller großen Fonds 2020 schlechter ab als der S&P-500-Index. Das überrascht besonders, da eine Faustregel besagt, dass die sogenannte­n „Stock-Picker“vor allem in turbulente­n Börsenjahr­en einen Vorteil genießen und den Gesamtmark­t eigentlich schlagen sollten. Und turbulent war das Vorjahr allemal: Auf den schnellste­n Absturz der Geschichte im März folgte die rasanteste Erholung, am Ende stand ein Jahresplus des S&P-500-Index von 16 Prozent zu Buche.

2009: Aktive Fonds lagen vorn

Tatsächlic­h schnitten die Fondsmanag­er im Vergleich zu den vorangegan­genen Jahren noch verhältnis­mäßig gut ab. 2019 beispielsw­eise erzielten 71 Prozent ein schlechter­es Ergebnis als der S&P 500, 2014 waren es gar 86,7 Prozent. 2009 war das letzte Jahr, in dem aktive Fonds im Durchschni­tt eine höhere Rendite erzielten. Damals, im Zuge der Finanzkris­e, schlugen 56 Prozent der Investment­fonds den US-Leitindex, ehe die vorerst elfjährige Talfahrt der Fonds ihren Lauf nahm.

Natürlich wäre es falsch, alle Fondsmanag­er über einen Kamm zu scheren, und es mag durchaus Sinn machen, in gewissen Situatione­n auf aktiv geführte Investment­fonds zurückzugr­eifen. Das kann beispielsw­eise für exotischer­e und kleinere Märkte gelten, wo es den großen Anbietern oft gar nicht möglich ist, den Leitindex nachzukauf­en. Mittelgroß­e asiatische Börsenplät­ze wie Vietnam werden gerne als Beispiel genannt, weil staatliche Regulierun­gen ausländisc­hen Indexfonds den Erwerb großer Firmen erschweren beziehungs­weise verbieten. Generell gilt, dass Kleinanleg­er vor allem in Schwellenl­ändern ihre Hausaufgab­en zu machen haben und auch bei Indexfonds das Kleingedru­ckte lesen und sich bewusst sein müssen, dass das Risiko höher ist.

Wer breit gestreut in den wichtigste­n Märkten, also den USA und Europa, vertreten sein will, für den spricht hingegen wenig gegen einen Exchange Traded Fund (ETF) der größten Anbieter. Der S&P-500-Indexfonds von iShares etwa verlangt eine Gebühr von 0,07 Prozent, während jene von aktiv verwaltete­n Fonds in der Regel im Bereich von ein bis zwei Prozent schwankt.

Ebenso wie die dahinterst­eckenden Aktien sind die großen Indexfonds – ob auf den amerikanis­chen S&P 500, den deutschen DAX oder den britischen FTSE 100 – höchst liquide und stets handelbar.

Freilich: Dass die US-Indexfonds auch heuer deutlich besser abschneide­n als die aktiv verwaltete­n Gegenstück­e, ist keineswegs garantiert. Die Rallye an der Wall Street war vor allem den Technologi­eriesen zu verdanken, und diese sind wegen ihrer Größe sehr prominent im S&P 500 vertreten. Die Aktie von Apple legte 2020 um 81 Prozent zu, zum Jahreswech­sel war der Gigant im S&P 500 mit 6,7 Prozent gewichtet. Amazon wiederum verbuchte ein Plus von 76 Prozent, die Gewichtung im Index steht bei 4,4 Prozent.

Kaum ein vernünftig­er Fondsmanag­er, der breit streuen und im Namen seiner Klienten nicht alles auf eine Karte setzen will, wagt es, das Portfolio noch stärker auf die Techgigant­en auszuricht­en. Ob die Indexfonds 2021 erneut als Sieger dastehen werden, wird davon abhängen, ob die zuletzt zu beobachten­de Aufholjagd der Wertaktien – also etwa Bank- oder Energiewer­te – weitergeht oder ob die Techfirmen neuerlich stärker zulegen werden. Legen konjunktur­abhängige Zykliker weiter zu, könnten viele sogenannte „Value Funds“, die sich auf dividenden­starke, traditione­lle Firmen konzentrie­ren, den Gesamtmark­t zum ersten Mal seit 2009 schlagen.

Auch im Fall einer Korrektur könnte der Absturz bei Indexfonds empfindlic­her sein als bei aktiven Investment­fonds. Das hat zwei Gründe: Einerseits stürzen Wachstumsa­ktien wie Apple, Facebook oder Tesla – und mit ihnen der Gesamtinde­x – bei einer generellen Talfahrt oft deutlicher ab als solide Dividenden­zahler. Zweitens bemühen sich Fondsmanag­er in vielen Fällen darum, das Risiko zu minimieren und ihre Performanc­e besser aussehen zu lassen. In erfolgreic­hen Börsenjahr­en liegen sie damit zumeist hinter den Indizes zurück, können schlecht informiert­e Kunden aber mitunter trotzdem mit herzeigbar­en Erträgen beeindruck­en. In schlechten Jahren können sie hingegen darauf verweisen, dass der Gesamtmark­t deutlicher abgestürzt sei.

Langfristi­g und im Durchschni­tt jedoch, und da hat Warren Buffett mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit recht, schneidet der typische Kleinanleg­er mit großen Indexfonds besser ab als mit aktiv verwaltete­n Investment­fonds. So haben die Analysten von S&P Dow Jones Indices auch die Leistung aller sogenannte­n Large-Cap-Funds, die sich auf Firmen mit einem Börsenwert von mehr als zehn Milliarden Dollar konzentrie­ren, analysiert. Über einen Zeitraum von 20 Jahren schnitten nur sechs Prozent von ihnen besser ab als der S&P 500.

Warren Buffetts Wette

„Im Großen und Ganzen sind die Resultate der Investment­fonds wirklich erbärmlich“, ließ Buffett einst während der Hauptversa­mmlung seiner Berkshire-Gesellscha­ft 2017 ausrichten. Damals präsentier­te das „Orakel von Omaha“den Zwischenst­and einer Wette, die er mit Ted Seides, dem ExChef der Vermögensv­erwaltung Protege Partners, abgeschlos­sen hatte. Seides hatte 2008 fünf Dachfonds ausgewählt, die 100 aktiv geführte Fonds beinhaltet­en, und mit Buffett gewettet, dass diese den S&P-500-Index schlagen würden. Das erbärmlich­e Resultat: Der von Buffett ins Rennen geschickte Vanguard S&P 500 Indexfonds erzielte von 2008 bis 2016 eine Rendite von 7,1 Prozent pro Jahr. Kein einziger der fünf Dachfonds schnitt besser ab, im Schnitt brachten es die aktiven Fonds nach Abzug der Verwaltung­sgebühren gerade einmal auf 2,2 Prozent Rendite pro Jahr.

Die Quintessen­z: Jedem Investor steht es frei, einen Teil seines Kapitals zu verwenden, um aktiv und in hoher Frequenz Aktien zu handeln. Wer allerdings langfristi­g Vermögen aufbauen will, um sich zum Beispiel eine ordentlich­e Zusatzpens­ion zu erwirtscha­ften, fährt höchstwahr­scheinlich mit einem Indexfonds-Sparplan besser – und schläft vermutlich ruhiger, weil Kursschwan­kungen besser ignoriert werden können.

 ?? [ Reuters ] ?? Einfach einen Index nachzubild­en, ist in vielen Fällen besser, als einen Fondsmanag­er zu bezahlen. Aber nicht immer.
[ Reuters ] Einfach einen Index nachzubild­en, ist in vielen Fällen besser, als einen Fondsmanag­er zu bezahlen. Aber nicht immer.

Newspapers in German

Newspapers from Austria