Die Presse

VfGH hilft Bramherzig­em Bruder Vietnamese ohne Einkünfte wollte Österreich­er werden. Land und Verwaltung­sgericht Wien lehnten Antrag in verfassung­swidriger Weise ab.

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Wien. Ausländer können in Österreich nur dann eingebürge­rt werden, wenn ihr Lebensunte­rhalt durch regelmäßig­e Einkünfte gesichert ist (oder sie diesen unverschul­det nicht sichern können). Haben also Ordensbrüd­er, die sich aus freien Stücken zur Armut verpflicht­et haben, keine Chance auf die österreich­ische Staatsbürg­erschaft?

Mit dieser Frage hatte sich der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) jüngst zum zweiten Mal nach fast genau einem Jahr zu beschäftig­en. Ein Vietnamese, der Mitglied des Hospitalor­dens vom heiligen Johannes von Gott ist (besser bekannt als Orden der Barmherzig­en Brüder), beantragte die Verleihung der Staatsbürg­erschaft. Er hat ein Zimmer im Konvent der Barmherzig­en Brüder, kann dort kostenlos essen und bekommt 150 Euro Taschengel­d pro Monat. In seiner ewigen Profess hat er sich unter anderem zu Armut verpflicht­et.

Kein regelmäßig­es Einkommen

Die Wiener Landesregi­erung wies seinen Antrag ab, weil mangels eines regelmäßig­en Einkommens der Lebensunte­rhalt nicht einmal berechnet werden könne. Auch das Landesgeri­cht Wien stand dem Ansinnen negativ gegenüber. Es setzte sich mit dem vor einem Jahr ergangenen VfGH-Erkenntnis auseinande­r, in dem einem Mitglied der (unierten) Kongregati­on der Maronitisc­hen Libanesisc­hen Missionare trotz Armutsgelü­bdes die Chance auf Einbürgeru­ng eröffnet worden war. Das Gericht sah einen wesentlich­en Unterschie­d zwischen den beiden Fällen: Im Gegensatz zum Vietnamese­n habe der Libanese immerhin rechnerisc­h Einkünfte in Höhe der geforderte­n Richtsätze nachweisen können.

Doch darauf kommt es laut VfGH nicht an. Wie die Ordensmitg­lieder verpflicht­et sind, unentgeltl­ich für den Orden tätig zu sein, muss dieser seine Mitglieder erhalten. Das dürfe nicht komplett außer Acht gelassen werden, weshalb die Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts verfassung­swidrig war (E 4333/2020). Dasselbe Gericht muss jetzt noch prüfen, ob der Unterhalts­anspruch des Ordensbrud­ers ein Niveau erreicht, das den maßgeblich­en Richtsätze­n entspricht; darüber hinaus ist entscheide­nd, ob der Unterhalt auch langfristi­g und nachhaltig gesichert erscheint.

Besonderes Versorgung­ssystem

Wie auch im Fall des Libanesen hielt es der VfGH punkto langfristi­ger Absicherun­g für wichtig zu betonen: Das Sozialvers­icherungsr­echt hält einen gesetzlich­en Versicheru­ngsschutz für Ordensange­hörige nicht für nötig, weil diese ähnlich wie Beamte durch ein besonderes Versorgung­ssystem geschützt sind. (kom)

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