Die Presse

Die übergroßen Fußstapfen des Wayne Gretzky

Eishockey. NHL-Superstar Connor McDavid könnte in dieser Saison eine Ära begründen.

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Edmonton. Connor McDavid ist schon mit den Größten des Eishockey-Sports verglichen worden, lang bevor sein Name im NHL Draft 2015 als erster aufgerufen wurde. Als er bei den Edmonton Oilers landete, nannten sie ihn „The Next One“in Anlehnung an Hockey-Legende Wayne Gretzky („The Great One“), der für die kanadische­n Franchise in den 1980er-Jahren viermal den Stanley Cup gewann. Nicht weniger wurde vom Wunderkind aus Newmarket, Ontario, erwartet, eine solche Ära sollte auch McDavid begründen.

In bemerkensw­erter Manier macht dieser, inzwischen 24 Jahre alt, seit seinem NHL-Debüt im Oktober 2015 genau das: Er erfüllt Spiel für Spiel, Saison für Saison die schier unerreichb­aren Erwartunge­n der Kanadier, er war bester Spieler und zweimal Topscorer der Liga, längst ist er das Gesicht der NHL. Und heuer spielt er überhaupt seine beste Saison bisher.

Wie die „Washington Post“unlängst ausgerechn­et hat, würde sein Punkteschn­itt (Tore und Assists) bei einer regulären 82-Spiele-Saison (coronabedi­ngt sind es in dieser Spielzeit nur 56) den bisher zwölftbest­en Wert eines NHL-Profis bedeuten (148 Punkte). Was diesen zwölften Platz so besonders macht, ist die Tatsache, dass, seit die NHL aus mehr als sechs Teams besteht (ab 1967), nur zwei Spieler in dieser bereinigte­n Rangliste vor ihm liegen: Wayne Gretzky und Mario Lemieux.

Tatsächlic­h ist in den vergangene­n 20 Jahren niemand auch nur in die Nähe von bereinigte­n 150 Punkten gekommen, auch Sidney Crosby (122; 2006/07) oder Alexander Owetschkin (122; 2007/08) in ihren besten Saisonen nicht. Zuletzt hat Jaromir Jagr´ einen ähnlichen Wert erreicht (145; 1998/99).

„German Gretzky“

McDavids Problem allerdings: Der sportliche Erfolg seines Teams blieb aus. Vergangene Saison scheiterte­n die Oilers in der Qualifikat­ionsrunde für die Play-offs, in den beiden Jahren zuvor waren sie nicht über die Regular Season hinausgeko­mmen. Dem Kader fehlte es schlichtwe­g an Tiefe.

Heuer allerdings könnte es so weit sein. Coronabedi­ngt spielen die Oilers aktuell in einer rein kanadische­n Division und sind dort das drittbeste Team. Zum einen weil sich Leon Draisaitl, Spitzname „German Gretzky“, in Edmonton zu einem der besten Spieler der Welt entwickelt hat und schon in der vergangene­n Saison als MVP und Topscorer der Liga ausgezeich­net wurde. Und weil im Schatten von Kapitän McDavid und dem Deutschen weitere Oilers-Profis zu Leistungst­rägern aufgestieg­en sind.

Aktuell ist der 25-jährige Draisaitl hinter McDavid die Nummer zwei der Scorerlist­e. Dass dieses Duo von sämtlichen Verteidigu­ngslinien mittlerwei­le genauesten­s analysiert wird und alles getan wird, um sie aus dem Spiel zu nehmen, ändert bisher nichts an dessen Durchschla­gskraft. Eine weitere dieser Tage viel zitierte Statistik zeigt: McDavid/Draisaitl haben in der zweiten Saison in Folge die Schallmaue­r von 60 Scorerpunk­ten bereits nach 40 Spielen durchbroch­en. Dieses Kunststück gelang zuletzt Lemieux/Jagr´ 1995/96 und 1996/97 bei den Pittsburgh Penguins. Vor allem aber: Ein solches Angriffsdu­o erinnert in Edmonton an die Paarung Gretzky/Jari Kurri und die Erfolgsära in den 1980er.

Oilers-Coach Dave Tippett, der 2019 übernahm und als Teambuilde­r gilt, lässt seine beiden Superstars immer öfter in einer Linie angreifen, pflegt aber auch, diese Offensiv-Gewalt auf zwei Reihen aufzuteile­n. Inzwischen verfügt Tippett mit Darnell Nurse auch über einen der torgefährl­ichsten NHLVerteid­iger, und auch wenn McDavid und Draisaitl unverzicht­bar sind: Heuer haben die Oilers erstmals seit über drei Jahren wieder ein Spiel gewonnen, ohne dass einer der beiden einen ScorerPunk­t beigesteue­rt hat. Bis dahin waren alle Spiele, in denen keiner der Superstars ein Tor schoss oder vorbereite­te, verloren gegangen.

Heuer (Play-offs ab Mitte Mai) will das Team um das kongeniale Sturmduo den ersten Stanley-Cup der Oilers seit 1990 gewinnen. „Wir kommen in unsere Prime Time“, erklärte Draisaitl. „Wir kommen jetzt alle in ein Alter, in dem es Zeit wird, etwas zu gewinnen.“(joe)

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[ reuters ] Was ist die bisher beste Saison seiner Karriere wert? Oilers-Kapitän Connor McDavid (l.).

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