Ein Rückschlag in einer Fabel-Saison
Bundesliga. Der bemerkenswerte Wattener Erfolgslauf ist fürs Erste gestoppt. Vom Europacup dürfen die Tiroler dennoch träumen.
Graz. Die WSG Tirol war so etwas wie das Team der Stunde in der Bundesliga. Dort spielt sie in der laufenden Saison zwar nur, weil die SV Mattersburg Insolvenz gemeldet und die Lizenz abgegeben hat, doch schon jetzt haben die Wattener alle Erwartungen übertroffen: Achtbare Ergebnisse gegen heimische Topklubs wie Rapid (3:0, 1:1), Nervenstärke im Krimi um die Qualifikation für die Meistergruppe und auf Anhieb ein Auftaktsieg im oberen Play-off gegen den Lask (2:0), inzwischen eine Art Lieblingsgegner der Tiroler.
Weil Platz fünf in der Meistergruppe die Teilnahme am nationalen Europacup-Play-off und damit wiederum die Chance auf die neue Uefa Conference League bedeutet, ist nun sogar der Europacup in Reichweite. „Es ist einfach befreiend, in der Meistergruppe Fußballspielen zu können“, befand Trainer Thomas Silberberger.
Europacup-tauglich?
Der 47-jährige Wörgler coacht die Mannschaft schon seit 2013, nun gibt er auch am Innsbrucker Tivoli – das Gernot-Langes-Stadion in Wattens ist noch nicht bundesligatauglich, soll aber adaptiert werden – die Richtung vor. Basis ist eine trotz des fix geglaubten Abstiegs im vergangenen Sommer auch notgedrungen clevere Kaderzusammenstellung und eine durchaus mutige Spielidee. Im Ballbesitz sind nach und nach Fortschritte erkennbar, hinzu kommt die taktische Disziplin in der Defensive.
Überraschungsmannschaft ist die WSG jedenfalls längst keine mehr. Und was die EuropacupTauglichkeit angeht, hilft ein Blick auf die Saison-Bilanz: Gegen die rot-weiß-roten Europa-LeagueTeilnehmer in dieser Spielzeit, also Lask, Rapid und WAC, wurde noch kein Spiel verloren. „Wir haben bewiesen, dass wir in die Meistergruppe gehören“, meint Silberberger. Der negative Druck, unbedingt Punkte holen zu müssen, sei weg, die Stimmung viel gelöster, man könne befreit aufspielen. „Wir treten nicht an, um Sechster zu werden, wir haben die einmalige Chance, uns für den Europacup zu qualifizieren.“
Doch fürs Erste fand der Tiroler Erfolgslauf nach fünf ungeschlagenen Partien am Sonntag ein Ende. Das Duell um Platz vier bei Sturm Graz ging 2:3 verloren, trotz des knappen Resultats mit klaren Vorteilen für die steirischen Hausherren. Eine bittere Niederlage außerdem für die Wattener, war es doch ein richtungsweisendes Spiel im Kampf um die Europacup-Tickets. Die WSG liegt als Fünfter jetzt vier Punkte hinter den Grazern.
Dabei hatte Juventus-Leihgabe Nikolai Baden Frederiksen die Tiroler schon in der 15. Minute in Führung gebracht, ein direkter Freistoß aus halbrechter Position, bei dem Sturm-Goalie Jörg Siebenhandl nicht von jeglicher Schuld freizusprechen ist. Mit inzwischen zwölf Saisontreffern darf der 20-jährige Däne als echter Transfer-Coup der Wattener bezeichnet werden.
Abwehrschwächen
Jakob Jantscher (17., 23.) allerdings drehte mit einem Doppelschlag die Partie zugunsten der Grazer. Stefan Hierländer stellte mit einem sehenswerten Weitschuss den 3:1-Pausenstand und praktisch die Vorentscheidung her. Baden Frederiksen sorgte in der 71. Minute mit seinem zweiten Treffer für eine ansatzweise spannende Schlussphase. Viel kam von den Tirolern in Hälfte zwei aber nicht mehr. Daran änderte auch die Gelb-Rote Karte für Sturms Rechtsverteidiger Lukas Jäger (94.) nichts.
Auffällig vor allem die Tiroler Abwehrschwäche vor der Pause, als die Gäste noch mehr Gegentore hätten kassieren können. „Wenn wir öfter so verteidigen wie in der ersten Hälfte, werden wir in den nächsten acht Spielen auch keinen Punkt machen“, meinte Verteidiger Raffael Behounek. (joe)