Woran Postenbesetzungen (auch) kranken
Die geplante Erweiterung der Rechnungshofkontrolle für „staatsnahe“Unternehmen sollte Anlass sein, die Bezahlung von Spitzenposten in diesem Bereich flexibler zu gestalten.
Die Chat-Affäre rund um die Bestellung von Öbag- Chef Thomas Schmid hat Postenbesetzungen in staatsnahen Unternehmen in ein schiefes Licht gerückt. Abgesehen von diesem besonderen Fall herrscht aber auch allgemein Diskussionsbedarf in Sachen Stellenbesetzungen durch die öffentliche Hand. Das geplante „Informationsfreiheitsgesetz“sollte einen Anlass bieten, die Bezahlung von Spitzenpositionen im staatsnahen Bereich flexibler zu gestalten, um die Chancen der bestgeeigneten Bewerber zu erhöhen.
Im Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes ist auch eine Ausweitung der Rechnungshofkontrolle vorgesehen. Den politischen Auslöser bildete wohl die „Causa Casinos Austria“. Geplant ist, die Kontrollschwelle zwar für börsenotierte Unternehmen bei 50 Prozent zu belassen (in den Art. 126b Abs. 2, 127 Abs. 3 und 127a Abs. 3 BV-G), bei allen anderen Unternehmen hingegen auf 25 Prozent abzusenken. Das bedeutet, dass der Rechnungshof künftig auch Unternehmen prüfen darf, an denen der Bund, ein Land oder ein anderer der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegender Rechtsträger (oder mehrere zusammen) bloß zu mindestens 25 Prozent beteiligt sind.
Vertragsschablonen als Ballast
Die künftige Regelung erweitert aber nicht nur die Prüfkompetenz des Rechnungshofes. Denn das Stellenbesetzungsgesetz und die auf ihm basierende Vertragsschablonen-Verordnung der Bundesregierung gelten nur für vom Rechnungshof geprüfte Unternehmen. Und sie beinhalten die Verpflichtung, die Positionen der Mitglieder des Leitungsorgans (Vorstand bzw. Geschäftsführung, je nach Rechtsform der Gesellschaft) öffentlich auszuschreiben und die Anstellungsverträge inhaltlich nach den Vorschriften der Vertragsschablonen-Verordnung der Bundesregierung zu gestalten.
Die Ausschreibungspflicht auf Unternehmen mit bloßen Minderheitsbeteiligungen der öffentlichen Hand zu erweitern, ist vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss, aber wohl auch kein großes Problem für die Praxis. Minderheitsbeteiligungen von Gebietskörperschaften an Familienunternehmen kommen kaum vor, und der Sorgfaltsmaßstab, den die für die Bestellung und Anstellung der Mitglieder des Leitungsorgans zuständigen Personen (in der AG der Aufsichtsrat, in der GmbH die Gesellschafter) beachten müssen, ist ohnehin weit strenger als jene Sorgfalt, die bei mancher auf eine ganz konkrete Person zugeschnit
tener „Pseudo-Ausschreibung“in der Vergangenheit zu beobachten war.
Gesetzgebung wird delegiert
Deutlich problematischer ist die Ausweitung der Geltung der Vertragsschablonen-Verordnung. Sie schränkt die Privatautonomie bei der Gestaltung der Anstellungsverträge stark ein. Und schon gegen die bestehende Regelung (gemeint sind die §§ 6, 7 Stellenbesetzungsgesetz und die darauf basierende Verordnung) bestehen verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 7 B-VG) und die Freiheit der Erwerbsausübung (Art. 6 StGG), aber auch deshalb, weil das Gesetz den
Inhalt der Verordnung (abgesehen von Pensionszusagen) in keiner Weise vorherbestimmt, es sich also um eine „formalgesetzliche Delegation“handelt. Für den gravierenden Eingriff in die Autonomie des Aufsichtsrates (oder der Gesellschafter einer GmbH) beim Abschluss von Anstellungsverträgen fehlt eine sachliche Rechtfertigung. Man kann nicht ernsthaft behaupten, dass das Interesse von Gebietskörperschaften, ihr in Unternehmensbeteiligungen verkörpertes Eigentum durch Einsetzung des bestmöglichen und dennoch nicht überbezahlten Managements zu sichern, mehr Schutz verdient als das diesbezügliche Interesse privater Eigentümer. Abgesehen davon wirken sich die gesetzlichen Regelungen tendenziell in die gegenteilige Richtung aus, denn die Vorschriften beschränken die Möglichkeit, die Bestqualifizierten zu bekommen. Diese stellen typischerweise die höchsten Forderungen. Dabei beschränkt das Stellenbesetzungsgesetz des Bundes und die Verordnung der Bundesregierung (anders als einige Landesgesetze, die das sehr wohl tun) die Gesamtvergütung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern der Höhe nach gar nicht. Es werden aber die zulässigen Vertragsbestandteile taxativ aufgezählt, und darunter finden sich einige nicht, die heute in internationalen und vor allem börsenotierten Unternehmen üblich sind (wie z. B. Aktienoptionen). Um es zu verdeutlichen: Ein (fixer) Jahresbezug in Millionenhöhe ist nach der Verordnung zulässig, die Gewährung einer Verbleibeprämie („Sign-on-Bonus“), um das Abwandern eines Topmanagers zu verhindern, hingegen nicht.
Nun sieht der Entwurf vor, dass bei börsenotierten Unternehmen die Kontrollschwelle bei 50 % bleiben soll. Andernfalls würden z. B. OMV, Telekom Austria oder Flughafen Wien die Vergütung ihrer Vorstandsmitglieder überdenken und teilweise neu gestalten müssen. Aber schon jetzt sind börsenotierte Unternehmen wie Verbund und Post erfasst. Gerade für solche Unternehmen wurden in der letzten Zeit die gesetzlichen Vorschriften verschärft (vor allem die Beschlussfassung der Hauptversammlung betreffend Vergütungspolitik und Vergütungsbericht). Gemeinsam mit den faktischen Entwicklungen der letzten Jahre (steigender Einfluss von Stimmrechts- und Vergütungsberatern) zeigen sie den Anachronismus eines durch Gesetz und Verordnung vorgegebenen Vertragsinhaltes deutlich.
Mit der Absenkung der „PrüfSchwelle“auf 25 % bei nicht börsenotierten Gesellschaften werden zudem die verfassungsrechtlichen Bedenken verstärkt. Denn bei Unternehmen, an denen die öffentliche Hand bloß eine Minderheitsbeteiligung von 25 Prozent oder mehr hält, ist der Eingriff in die Vertragsfreiheit noch viel weniger sachlich gerechtfertigt.
Am besten ersatzlos aufheben
Vernünftig wäre es daher, die §§ 6, 7 Stellenbesetzungsgesetz und die Vertragsschablonen-Verordnung ersatzlos aufzuheben. Die Sachargumente dafür sind erdrückend; gefordert wäre freilich ein gewisser politischer Mut und die Bereitschaft, dem Druck des möglicherweise „Privilegien für Bonzen“witternden Boulevards zu widerstehen – Tugenden, die der Politik hierzulande nicht gerade in die Wiege gelegt sind.