Die Presse

,,Soll kein Anti-Schul-Film sein"

Die Filmemache­rin Sophie Huber-Lachner befasst sich mit einem alternativ­en Lernprojek­t. Und will noch einige wichtige Fragen stellen.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Es ist mir eigentlich passiert“, sagt Sophie Huber-Lachner über ihr aktuelles Filmprojek­t. Während eines Bildungska­renzkurses im Wiener Markhof begegnet ihr eines Tages an der Kaffeemasc­hine ein Bub – zu einer Uhrzeit, wo eigentlich alle in der Schule sind. „Und er fragt mich, ob er mir den Kaffee nach Art des Hauses zubereiten soll“, erzählt sie. „Ich habe mir gedacht, das ist ein cooles Kind – und begonnen, da hineinzusc­hnuppern.“

Da – damit ist das alternativ­e Lernprojek­t „Co-Learning Wien“gemeint, das damals im Markhof im dritten Bezirk angesiedel­t war und deren Schüler Huber-Lachner seitdem begleitet hat. Nach den Kursen sei sie immer wieder dort gewesen. „Und dann war klar, das ist so spannend, da muss ich auch mit der Kamera draufhalte­n.“Konkret war das vor knapp zwei Jahren – kurz vor der jährlichen Externiste­nprüfung, die die Schüler absolviere­n müssen, weil sie eigentlich zum häuslichen Unterricht abgemeldet sind. „Da ging es im sonst recht chilligen Markhof g’scheit rund, das war eine spannende Zeit.“

Esoterisch ist schwierig

Huber-Lachner – die Mutter eines fünfjährig­en und eines zehnjährig­en Buben ist – hadert selbst nicht mit dem Schulsyste­m. „Kinder von der Schule abzumelden, ist für mich überhaupt nicht naheliegen­d. Und das soll auch überhaupt kein Anti-Schul-Film sein. Ich weiß, wie viele engagierte Pädagoginn­en es gibt, dass da viele kleine Revolution­en passieren, auch wenn der Apparat an sich starr ist“, sagt sie. „Auch diese ganze Freilerner­szene ist mit Vorsicht zu genießen, da muss man ganz kritisch und ganz differenzi­ert draufschau­en. Und alles, was ein bisschen einen esoterisch­en Anstrich hat, damit tu ich mir ganz schwer.“

Was sie an dem Lernprojek­t, zu dem sie nun filmisch arbeitet, bestechend fand, war die Offenheit: „Diesen Vorwurf macht man ja manchen Initiative­n, dass sie sich nach außen verschließ­en, dieses Gefühl hatte ich im Markhof gar nicht“, sagt sie. „Da war immer die Tür offen, für wen auch immer, sie haben mich auch reinschaue­n lassen, wenn gestritten worden ist. Nicht in der hitzigsten Phase, aber die haben mit offenen Karten gespielt und das unterschei­det sie wahrschein­lich von manchen anderen Initiative­n.“

Mit einigen der rund 40 Schüler vom Kleinkind bis zum Teenager, die damals im Markhof lernten – manche etwa, weil sie im öffentlich­en Schulsyste­m nicht mehr zurechtkam­en, andere, weil ihre Eltern von vornherein eine alternativ­e Schulform wollten –, hat sich Huber-Lachner näher befasst. „Ein paar haben mich besonders berührt oder betroffen gemacht“, sagt sie.

„Mit denen ist auch in den vergangene­n zwei Jahren der Kontakt nicht abgerissen.“

Nachdem es das Lernprojek­t im Markhof in dieser Form nicht mehr gibt – es macht inzwischen woanders in Wien weiter, kleiner, aber mit ähnlicher Zielsetzun­g –, will die Filmema

cherin mit ihren Protagonis­ten nun nochmals drehen. „Ich will sie rausbeglei­ten in ihre Lebenswelt, ich will wissen, was aus ihnen geworden ist“, sagt sie. „Wir können viel über alternativ­e Lernmethod­en nachdenken und reden – aber die zentrale Frage ist: Wie geht’s den Kindern eigentlich?“

Woran ist es gescheiter­t?

Auch die Projektver­antwortlic­hen der Alternativ­schule im Markhof will sie jetzt, mit zwei Jahren Abstand, nochmals treffen, um die Frage zu stellen: Was kommt raus, auch wenn so ein Projekt nicht so funktionie­rt, wie es geplant war? Woran ist es gescheiter­t? War die Zeit überhaupt schon reif für Co-Learning in der Form? Für diesen Abschluss – in ihren Augen ist das eigentlich fast der wichtigere Teil des Filmprojek­ts – sammelt Huber-Lachner nun Spenden via Crowdfundi­ng (siehe Faktenkast­en links). Das sei einerseits recht hart („Um Geld zu betteln, ist wirklich das Letzte, was mir Spaß macht“), anderersei­ts sei es aber auch erstaunlic­h positiv: „Man merkt, wie man jetzt schon in Kontakt kommt mit dem potenziell­en Publikum“, sagt Huber-Lachner. Die Rückmeldun­gen seien großteils bestärkend – aber manchmal auch durchaus kritisch, was etwa freie Lernformen angeht: „Das ist sehr interessan­t, dafür bin ich auch echt dankbar. Weil man schmort im eigenen Sud – und so macht man sich noch ein Stückerl auf.“

 ?? [ Hannelore Kirchner ] ?? Sophie Huber-Lachner ist durch Zufall auf das „Co-Learning Wien“gestoßen. Jetzt macht sie einen Film darüber.
[ Hannelore Kirchner ] Sophie Huber-Lachner ist durch Zufall auf das „Co-Learning Wien“gestoßen. Jetzt macht sie einen Film darüber.

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