Ungewisse Zukunft für den Handel
Handel. WKÖ-Spartenobmann Rainer Trefelik fürchtet eine Verlängerung des OstLockdowns. Auch deutsche Händler bereiten sich auf weitere Verschärfungen vor.
Wien. Bis 18. April ist der harte Lockdown in Wien, Niederösterreich und im Burgenland vorerst festgezurrt. Vieles deutet darauf hin, dass er verlängert werden könnte. Das spiegelt auch die angespannte Situation auf den Intensivstationen wider. Gespräche auf Politebene und mit Experten laufen diese Woche wieder auf Hochtouren.
Vor allem der Handel drängt angesichts der großen Menschenansammlungen auf öffentlichen Plätzen in den vergangenen Tagen aber auf eine baldige Wiederöffnung. „Warum haben wir eigentlich noch zu?“, fragt sich etwa WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik. „Wir wissen, Handel und Gastronomie sind keine Infektionstreiber“, so der Branchensprecher in der Wirtschaftskammer, der sich klar für eine kontrollierte Öffnung von Handel und Gastronomie ausspricht: „Da kann man gleich im Schanigarten sitzen, geordnet.“Auch im Handel wäre ein geordnetes Zusammentreffen der Menschen möglich. Mit FFP2-Masken und reichlich Abstand werde „viel Wert auf Sicherheit gelegt“, zudem gebe es „einen kontrollierten Rahmen“.
Gleichzeitig befürchtet Trefelik, dass die Geschäfte wegen der knappen Intensivbetten noch länger behördlich geschlossen bleiben werden. An die geplante Öffnung am 19. April glaubt er inzwischen nicht mehr, fordert von den politischen Entscheidungsträgern aber Planungssicherheit ein: „Wir brauchen eine Perspektive, damit wir uns einrichten können.“Für die Geschäftsleute müsse es „einen Handlungsrahmen geben“, damit sie mit Lieferanten und Mitarbeitern disponieren können. „Für die Betriebe, die da in der Endloswarteschleife sind, ist es ganz besonders schwierig.“
Vor allem viele kleinere Betriebe würden inzwischen resignieren, berichtete Trefelik. Dennoch habe er Verständnis für die Situation der Politik: „Natürlich ist es psychologisch schwieriger zuzusperren als zu verlängern.“
Auch deutscher Handel klagt
Obwohl die Infektionszahlen in Deutschland deutlich niedriger sind als in Österreich, ist die Diskussion dort dieselbe. Der Handelsverband Deutschland (HDE) warnte am Montag davor, im Zuge der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes einen schärferen Lockdown im Einzelhandel durchzusetzen. „Viele Nichtlebensmittelhändler verlieren aufgrund der angekündigten gesetzlichen Veränderungen jegliche Perspektive. Die Geschäfte ab einem Inzidenzwert von über 100 wieder zu schließen, wird der Lage nicht gerecht“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth am Montag in Berlin. Er verwies auf eine Umfrage unter 1000 Unternehmen, die deutlich mache, wie kritisch die Lage bei vielen Nichtlebensmittelhändlern sei.
Demnach sehen 45 Prozent der Befragten ihre unternehmerische Existenz im Laufe des Jahres in akuter Gefahr. Die Umsätze der klassischen Innenstadthändler seien in der vergangenen Woche um 60 Prozent unter dem Vorkrisenniveau gelegen, berichtete Genth. In Regionen, in denen im Zuge der Coronabekämpfung lediglich die Kundenzahl in den Geschäften begrenzt war, betrug das Minus demnach knapp 30 Prozent. Wo Kunden mit Terminvereinbarung einkaufen durften, lagen die Umsatzeinbußen bei 50 Prozent. Wo nur negativ getestete Kunden in die Läden durften, gingen die Umsätze um 62 Prozent zurück.
„Die Politik greift an den falschen Stellen ein“, klagte Genth. Denn es sei belegt, dass der Einkauf mit Hygienekonzept kaum Infektionsrisiken berge. Angesichts der großen Umsatzverluste forderte der Deutsche Handelsverband zudem Nachbesserungen bei den staatlichen Nothilfen. „Wenn die Hilfsmaßnahmen jetzt nicht schnell greifen, erreichen viele Handelsunternehmen einen Kipppunkt, ab dem es sehr schnell abwärts geht.“(apa/fre)