Richtungswechsel bei Credit Suisse?
Strategiewechsel oder gar den Investmentsektor verkaufen? Der neue Präsident Antonio Horta-Osorio steht vor schwerwiegenden Entscheidungen. Er muss den Ruf der Bank glattbügeln.
Zürich. Nach zwei aufeinanderfolgenden Katastrophen mit hohen Verlusten steht bei der Credit Suisse Group zunächst Schadensbegrenzung an. Der neue Präsident indes wird sich die Frage stellen, wie das 165 Jahre alte Institut seinen Ruf glattbügeln und sein Geschäft wieder aufbauen kann.
Der neue Vorsitzende des Verwaltungsrats, Antonio Horta-Osorio von der Lloyds Banking Group Plc, tritt seine Position in drei Wochen an. Die Fiaskos um das Family Office Archegos Capital Management und den Lieferkettenfinanzierer Greensill Capital haben das Haus mehr als einen Jahresgewinn gekostet. Da stellt sich die Frage, was sich ändern muss.
Horta-Osorio könnte reinen Tisch machen, die Bilanz der Credit Suisse verkleinern und der Investmentbank weniger Kapital zuweisen, Teile des Geschäfts verkaufen, um den Fokus auf das Wealth Management zu richten, oder mit dem größeren Nachbarn in Zürich, der UBS Group AG, fusionieren. Laut Insidern ergeben sich folgende Möglichkeiten, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg:
Der erste Schritt des neuen Präsidenten könnte die Vermögensverwaltung betreffen. Mit 440 Milliarden Franken (400 Mrd. Euro) an Kundengeldern gilt sie als zu klein, um global wettbewerbsfähig zu sein. Die Führungsmannschaft ist mit den Folgen der Greensill-Pleite beschäftigt. Eine Vielzahl von Alternativen ist denkbar, etwa ein Teilverkauf oder eine Börsennotierung.
Mehr Kapital gefragt?
Ein Komplettverkauf könnte bis zu fünf Milliarden Franken einbringen, basierend auf früheren Transaktionen in der Branche. Die Allianz gehört informierten Kreisen zufolge zu den Unternehmen, die Interesse an der Vermögensverwaltung der Credit Suisse signalisiert haben. Zu den Interessenten gehört auch BlackRock. Eine Sprecherin der Credit Suisse sagte, die Bank habe keine Pläne, die Vermögensverwaltung ganz oder teilweise zu verkaufen. Eine letztendliche Entscheidung könnte davon abhängen, ob die Schweizer Finanzaufsicht Finma von der Credit Suisse eine höhere Kapitalausstattung verlangen wird. Bislang ist das kein Problem: Die entsprechenden Kennzahlen der Credit Suisse liegen nur geringfügig unter dem Durchschnitt europäischer Wettbewerber und über dem regulatorischen Minimum.
Horta-Osorio könnte sich noch einmal an etwas herantasten, was bereits seine Vorgänger versucht haben: die Investmentbank zu verkleinern. Dazu könnte er das Prime Brokerage ganz oder teilweise abstoßen, es direkter an das Wealth Management binden, aus einem Teil des Credit Tradings aussteigen und das Engagement im Bereich Hebelfinanzierungen senken.
Radikaler Schritt
Eine radikalere Option wäre ein vollständiger Ausstieg oder Verkauf der Investmentbank – ein Schritt, der sich in der Vergangenheit als schwierig erwiesen hatte.
Feindliche Übernahmen im Bankgeschäft sind selten. Der Markt bewertet die Bank derzeit etwa mit der Hälfte ihres Buchwerts. US-Rivalen wie JPMorgan und Morgan Stanley haben Interesse an Unternehmen mit Vermögenswerten signalisiert. Die Deutsche Bank könnte einen europäischen Investmentbanking-Champion kreieren. Die BNP Paribas, eine der wenigen europäischen Banken, die überhaupt in der Lage wären, so eine Transaktion zu finanzieren, könnte damit in Asien schnell expandieren.
Für Aktionäre der Credit Suisse könnte ein Verkauf oder eine Aufspaltung die Chance bieten, endlich eine Rendite auf ihr Engagement zu erzielen. (bloomberg)