Staatskredite ersetzen Kanonenboote
Der chinesische KreditKolonialismus droht auch Europa zu spalten.
Früher sind Kolonialisten mit Kanonenbooten und Expeditionskorps in die Länder ihrer Wahl eingefallen, heute tun sie das per Kreditvertrag.
China beispielsweise steht seit einiger Zeit in Verdacht, seine geostrategischen Machtansprüche mittels umfangreicher Infrastrukturfinanzierungen entlang seiner (schon 140 Länder umfassenden) „Neuen Seidenstraße“auszubauen. Mittels geheimer Knebelverträge, die die Kreditnehmer bei Zahlungsschwierigkeiten (oder politischer Unbotmäßigkeit) in Abhängigkeit bringen. Und zwar mit gewaltigem Einsatz: Mehr als 1000 Mrd. Dollar haben chinesische Finanziers seit 2013 auf diese Weise vergeben.
Jetzt ist aus dem Verdacht Gewissheit geworden: Ein amerikanisch-deutsches Wirtschaftsforscherteam hat Zugang zu rund 100 geheimen Kreditverträgen gefunden, diese ausgewertet – und befunden, dass hier tatsächlich brutale Machtpolitik unter dem Titel der Wirtschaftshilfe betrieben wird. „Die Presse“hat darüber ausführlich berichtet.
Gespenstisch ist allerdings die stoische Ruhe, mit der diese Erkenntnisse in Europa hingenommen werden. Der Schwerpunkt der Finanzierungsaktivitäten liegt zwar in Afrika und Lateinamerika. Aber die Sache funktioniert ja auch in Europa. Serbien beispielsweise baut mit chinesischem Geld eine strategisch wichtige Eisenbahnlinie. Aber auch EU-Staaten wie Ungarn, Griechenland oder Italien tauschen gern Milliarden gegen kritische Infrastruktur wie Häfen, Bahnlinien oder Stromnetze.
Zu einem für Europa hohen Preis: Ost- und südeuropäische China-Schuldner haben schon mehrfach eine härtere Gangart der EU in Sachen Menschenrechte gegenüber China behindert.
Der neue chinesische Kreditvertrag-Kolonialismus hat also durchaus das Zeug, auch Europa zu spalten und dessen ohnehin schon schwächelnde geopolitische Bedeutung weiter zu zerbröseln. Wer stoppt eigentlich diesen geostrategischen Suizidversuch der Europäer und führt die ganze Angelegenheit auf den durchaus wünschenswerten Ausbau normaler Handelsbeziehungen auf Augenhöhe zurück?