Wo es bei Tech-Aktien Chancen gibt
Trend. Trotz der jahrelangen Hausse sieht Christoph Olbrich, Vorstandsmitglied der Gutmann KAG, noch immer interessante Chancen bei Technologieaktien. Anleger sollten einiges beachten.
Wien. Während in Europa die Impfwelle noch zögerlich anrollt, schreitet sie in anderen Regionen zügig voran. Die jüngsten Fortschritte in zahlreichen Ländern dürften auch dem weltweiten Wirtschaftswachstum wieder kräftig auf die Beine helfen. Davon sind die Ökonomen des Internationalen Währungsfonds überzeugt. Sie erhöhten ihre globale Wachstumsprognose zuletzt deshalb auf sechs Prozent.
Von den positiven Aussichten dürften zahlreiche Branchen und Bereiche profitieren. Christoph Olbrich, Aktienexperte und Vorstandsmitglied bei der Gutmann KAG, sieht im Gespräch mit der „Presse“selbst im Technologiesektor noch Chancen, wenn auch zahlreiche Sektoraktien auf Rekordniveaus notieren. Und eine Korrektur in diesem Sektor von einigen Marktbeobachtern nicht mehr ausgeschlossen wird. Olbrich lässt sich nicht beirren, mahnt aber dennoch selektiv vorzugehen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf seine Ausschlusskriterien: „Die Konzerne müssen einen soliden Cashflow erwirtschaften und diesen nach Möglichkeit jährlich steigern können.“
Doch wo könnte es noch Chancen im Technologiesektor geben? Olbrich verweist auf den steigenden Bedarf an digitaler Infrastruktur. Die Entwicklung wurde allein im Vorjahr durch die praktisch globale Umstellung auf Home-Office kräftig angekurbelt und sei noch lang nicht zu Ende, ist der Gutmann-Experte überzeugt. Zu den Profiteuren von dieser Entwicklung dürften beispielsweise Hersteller von Halbleitern zählen, wenn auch derzeit viele solcher Firmen mit ihrer Produktion der steigenden Nachfrage nicht nachkämen. Doch Kapazitäten würden ausgebaut, die Engpässe dürften damit bald behoben werden, ist Olbrich überzeugt.
Er geht auch in diesem Bereich selektiv vor und verweist etwa auf die Aktien des US-amerikanischen Halbleiterherstellers Marvell Technology: Der Konzern entwickelt
Chips für sogenannte Enterprise Netzwerk-Router, wie sie von großen Unternehmen eingesetzt werden. Was damit gemeint ist?
Diese Router steuern den Datenverkehr im Netzwerk eines Unternehmens. Olbrich sieht noch einen weiteren Wachstumsimpuls für den Konzern. Der dürfte von der Aufrüstung auf die nächste Mobilfunkgeneration 5G kommen. Denn Marvell Technology rüstet Funktürme aus und schnappte sich im Vorjahr den kleineren Konkurrenten Inphi, um im 5G-Bereich noch stärker Fuß zu fassen.
Doch Olbrich behält nicht nur den technologischen Wandel im Auge. Er beobachtet auch die Veränderungen in der Geschäftspolitik bei vielen Branchenkonzernen.
Dividenden werden wichtiger
Stand vor Jahren praktisch nur die Wachstumsfantasie im Fokus, schütten zahlreiche Technologiefirmen inzwischen einen Teil der Gewinne als Dividenden aus. Dabei reizen einige Titel mit stetigen Ausschüttungen, wie etwa Microchip Technology und Microsoft, die Teil des Gutmann Global Dividends Fonds sind, erklärt Olbrich. Er geht auf die Entwicklungen näher ein: „Viele der Firmen horteten früher einen Teil der hohen Gewinne als Cash.“Dieser Umstand stieß bei Aktionären aber auf wenig Verständnis, zumal die Verzinsung praktisch bei null Prozent liegt. „Deshalb wird ein Teil der Gewinne nunmehr als Dividende ausgeschüttet, aber auch für Aktienrückkäufe genützt.“
Letztere Aktion führt meist auch zu einem steigenden Aktienkurs. Der Grund? Kauft ein Unternehmen eigene Aktien zurück, sind danach weniger Aktien im Umlauf, mit einer klaren Konsequenz: Künftige Dividendenzahlungen werden auf eine geringere Anzahl an Aktionäre aufgeteilt, solang die Dividenden nicht gekürzt werden. Das macht die Aktie umso interessanter.
Olbrich wird aber auch in anderen Bereichen fündig, etwa bei Konsumtiteln. So ist beispielsweise Pepsi aus den USA ebenso Teil der Dividendenstrategie. Die aktuelle Rendite beträgt bei dieser Aktie rund drei Prozent. Was aber reizt an solchen Branchentiteln derzeit? „Deren Kursentwicklung hinkte der allgemeinen Markteuphorie zuletzt ein wenig nach. Aufgrund der Konjunkturhoffnungen setzten viele Anleger stattdessen eher auf sehr zyklische Werte“, so Olbrich.
Er rechnet mit einer Trendwende, sobald die Lockdowns allmählich aufgehoben werden. Dann nämlich dürften wieder mehr Getränke und Snacks – beispielsweise in Kinos – konsumiert werden. Was aber auch klar ist: Regional dürften solche Schritte in unterschiedlichem Tempo umgesetzt werden.