Ein Fahrrad für alle Fälle: Neue Leihoption in Wien
Service. Inzwischen gibt es Fahrräder zum Ausleihen, die man nicht mit anderen teilen muss.
Wien. Große Regentropfen benetzen den Sattel, der Jackenärmel muss wieder einmal herhalten. Eisiger Wind pfeift um die Ohren und langsam durchdringt der Regen auch den Hosenstoff – der April hat bisher nicht unbedingt zum Fahrradfahren eingeladen. Die Leihunternehmen klagen aber nicht: Immer mehr Menschen ziehen sich warm an und radeln ganzjährig.
In der Josefstädter Straße 55 hat diese Woche ein neuartiges Angebot gestartet: Das 2014 in den Niederlanden gegründete Unternehmen Swapfiets verleiht Fahrräder im monatlichen Abonnement. Die Vorderreifen sind blau – genau wie das charakteristische Porzellan der Stadt Delft, wo die Ursprünge von Swapfiets liegen. Noch ist das Unternehmen in Wien nur als Pop-UpStore angesiedelt, die Ladeneröffnung ist aber schon fix. Der Name ist eine Mischung aus „swap“, also englisch für „austauschen“, und „fiets“, das heißt „Fahrrad“auf niederländisch.
Das geliehene Fahrrad benutzt der Swapfiets-Kunde – anders als bei üblichen Leihrädern – allein, nimmt es also mit nach Hause. Im Abonnement ab 16,90 Euro monatlich inkludiert ist zudem ein Reparaturservice. Das Versprechen: Sollte das Fahrrad kaputt werden, wird es von den Servicetechnikern innerhalb von 48 Stunden in der Werkstatt oder nach Vereinbarung zu Hause repariert. Kann der Schaden nicht binnen zehn Minuten behoben werden, so bekommt der Kunde direkt ein neues Fahrrad. „Wir bieten somit nicht nur ein Fahrrad, sondern eine garantierte Mobilität an“, sagt Andre Illmer von Swapfiets, der für Deutschland, Dänemark und Österreich zuständig ist, zur „Presse“.
Der Start in Wien sei gut angelaufen: In der ersten Woche seien über 50 Anmeldungen eingegangen, davon rund zehn Prozent für E-Bikes. „Die älteste Kundin ist 86 Jahre alt und lebt in Oldenburg in Deutschland, die meisten Nutzer sind aber zwischen 20 und 40 Jahre alt“, sagt Illmer. Dass im Winter das Geschäft zusammenbricht, glaubt Illmer nicht. Das sei auch in den anderen Ländern, in denen Swapfiets stationiert ist, nicht so. Ein leichter Rückgang sei erfahrungsgemäß normal. „Immer mehr Menschen tendieren dazu, auch im Winter zu fahren. Einige heben sich das Fahrrad für die schönen Tage auf und andere trotzen einfach dem Wetter“, sagt er.
Mit dem Dienstfahrrad zum Termin
Ein mittlerweile etabliertes System in Österreich ist das Jobrad, wobei der Begriff zu Verwechslungen führen kann. „Die Bezeichnung gab es in Vorarlberg schon, bevor die Marke Jobrad in Deutschland gegründet wurde“, sagt Gilbert Gugg von Henry Consult, der als Berater beim „Klimaaktiv Mobil“-Beratungsprogramm teilnimmt. Das Unternehmen Jobrad gibt es seit 2019 bei uns, man meint damit aber oft Dienstfahrräder allgemein – die Leasingoption haben mehrere Anbieter, darunter Veletage und Velocitee.
Bei geförderten E-Fahrrädern muss die Nutzungsdauer mindestens 48 Monate betragen. Seit 2020 sind sie vorsteuerabzugsfähig, die Privatnutzung ist ebenfalls vom Sachbezug befreit. Wenn das Fahrrad durch „Klimaaktiv Mobil“gefördert wird, schreiben es die Förderbedingungen vor, dass es vier Jahre lang im Eigentum des Unternehmens bleibt, bevor es der Mitarbeiter übernehmen darf. Für die Dienstfahrräder im herkömmlichen Stil gibt es keine genauen gesetzlichen Regelungen, weshalb die Firmen die Verträge individuell gestalten können. „Das beliebteste Modell setzt sich aus einem Zuschuss vom Arbeitgeber und einem zu zahlenden Restbetrag vom Mitarbeiter zusammen“, sagt Gugg. Meistens wird ein monatlicher Betrag vom Gehalt abgezogen und am Ende kauft der Angestellte das Fahrrad um einen symbolischen Euro. Voraussetzung für das Ganze ist, dass der Arbeitnehmer das Fahrrad tatsächlich für Dienstwege nutzt.
Angebot für Spontane
Mit den Citybikes radeln die Wiener schon seit 2003 durch die Stadt. Die Idee wurde hier geboren und in anderen Städten wie Paris oder Brisbane nachgemacht. Die Anmeldung erfolgt online oder an einer der 121 Stationen zwischen 1. und 20. Bezirk – dort erinnert sie an den Ticketkauf beim Bahnhofsautomaten. Sobald alle Daten eingetippt sind, kann man in die Pedale treten. Der Vorteil: Das Fahrrad kann zu jeder Tages- und Nachtzeit an einer beliebigen Station wieder zurückgegeben werden. Der Nachteil: Der Rahmen des Citybikes ist relativ schwer, bergauf zu fahren kann damit anstrengend werden.
Eine halbe Million Wiener nutzen das Angebot. Die erste Stunde ist kostenlos, die zweite kostet einen Euro, die dritte Stunde zwei Euro, die vierte und dann jede weitere Stunde vier Euro. An zwölf Stationen ist übrigens eine öffentlich nutzbare Luftpumpe installiert. Ab dem nächsten Jahr planen die Wiener Linien, die die Citybikes im Sommer 2019 übernommen haben, ein stadtweites Leihradsystem namens „WienMobil Rad“und suchen dafür einen neuen Betreiber: Das bestehende Netz soll über die Donau und in den Außenbezirken ausgebaut werden. Das neue Fahrradverleihsystem wird dann in die Mobilitätsplattform „WienMobil“integriert und somit besser an das Verkehrsnetz angebunden.
Immer mehr Menschen tendieren dazu, auch im Winter Fahrrad zu fahren.
Andre Illmer Swapfiets-Gebietsleiter