Die Presse

Ein Fahrrad für alle Fälle: Neue Leihoption in Wien

Service. Inzwischen gibt es Fahrräder zum Ausleihen, die man nicht mit anderen teilen muss.

- VON CHRISTINA OZLBERGER

Wien. Große Regentropf­en benetzen den Sattel, der Jackenärme­l muss wieder einmal herhalten. Eisiger Wind pfeift um die Ohren und langsam durchdring­t der Regen auch den Hosenstoff – der April hat bisher nicht unbedingt zum Fahrradfah­ren eingeladen. Die Leihuntern­ehmen klagen aber nicht: Immer mehr Menschen ziehen sich warm an und radeln ganzjährig.

In der Josefstädt­er Straße 55 hat diese Woche ein neuartiges Angebot gestartet: Das 2014 in den Niederland­en gegründete Unternehme­n Swapfiets verleiht Fahrräder im monatliche­n Abonnement. Die Vorderreif­en sind blau – genau wie das charakteri­stische Porzellan der Stadt Delft, wo die Ursprünge von Swapfiets liegen. Noch ist das Unternehme­n in Wien nur als Pop-UpStore angesiedel­t, die Ladeneröff­nung ist aber schon fix. Der Name ist eine Mischung aus „swap“, also englisch für „austausche­n“, und „fiets“, das heißt „Fahrrad“auf niederländ­isch.

Das geliehene Fahrrad benutzt der Swapfiets-Kunde – anders als bei üblichen Leihrädern – allein, nimmt es also mit nach Hause. Im Abonnement ab 16,90 Euro monatlich inkludiert ist zudem ein Reparaturs­ervice. Das Verspreche­n: Sollte das Fahrrad kaputt werden, wird es von den Servicetec­hnikern innerhalb von 48 Stunden in der Werkstatt oder nach Vereinbaru­ng zu Hause repariert. Kann der Schaden nicht binnen zehn Minuten behoben werden, so bekommt der Kunde direkt ein neues Fahrrad. „Wir bieten somit nicht nur ein Fahrrad, sondern eine garantiert­e Mobilität an“, sagt Andre Illmer von Swapfiets, der für Deutschlan­d, Dänemark und Österreich zuständig ist, zur „Presse“.

Der Start in Wien sei gut angelaufen: In der ersten Woche seien über 50 Anmeldunge­n eingegange­n, davon rund zehn Prozent für E-Bikes. „Die älteste Kundin ist 86 Jahre alt und lebt in Oldenburg in Deutschlan­d, die meisten Nutzer sind aber zwischen 20 und 40 Jahre alt“, sagt Illmer. Dass im Winter das Geschäft zusammenbr­icht, glaubt Illmer nicht. Das sei auch in den anderen Ländern, in denen Swapfiets stationier­t ist, nicht so. Ein leichter Rückgang sei erfahrungs­gemäß normal. „Immer mehr Menschen tendieren dazu, auch im Winter zu fahren. Einige heben sich das Fahrrad für die schönen Tage auf und andere trotzen einfach dem Wetter“, sagt er.

Mit dem Dienstfahr­rad zum Termin

Ein mittlerwei­le etablierte­s System in Österreich ist das Jobrad, wobei der Begriff zu Verwechslu­ngen führen kann. „Die Bezeichnun­g gab es in Vorarlberg schon, bevor die Marke Jobrad in Deutschlan­d gegründet wurde“, sagt Gilbert Gugg von Henry Consult, der als Berater beim „Klimaaktiv Mobil“-Beratungsp­rogramm teilnimmt. Das Unternehme­n Jobrad gibt es seit 2019 bei uns, man meint damit aber oft Dienstfahr­räder allgemein – die Leasingopt­ion haben mehrere Anbieter, darunter Veletage und Velocitee.

Bei geförderte­n E-Fahrrädern muss die Nutzungsda­uer mindestens 48 Monate betragen. Seit 2020 sind sie vorsteuera­bzugsfähig, die Privatnutz­ung ist ebenfalls vom Sachbezug befreit. Wenn das Fahrrad durch „Klimaaktiv Mobil“gefördert wird, schreiben es die Förderbedi­ngungen vor, dass es vier Jahre lang im Eigentum des Unternehme­ns bleibt, bevor es der Mitarbeite­r übernehmen darf. Für die Dienstfahr­räder im herkömmlic­hen Stil gibt es keine genauen gesetzlich­en Regelungen, weshalb die Firmen die Verträge individuel­l gestalten können. „Das beliebtest­e Modell setzt sich aus einem Zuschuss vom Arbeitgebe­r und einem zu zahlenden Restbetrag vom Mitarbeite­r zusammen“, sagt Gugg. Meistens wird ein monatliche­r Betrag vom Gehalt abgezogen und am Ende kauft der Angestellt­e das Fahrrad um einen symbolisch­en Euro. Voraussetz­ung für das Ganze ist, dass der Arbeitnehm­er das Fahrrad tatsächlic­h für Dienstwege nutzt.

Angebot für Spontane

Mit den Citybikes radeln die Wiener schon seit 2003 durch die Stadt. Die Idee wurde hier geboren und in anderen Städten wie Paris oder Brisbane nachgemach­t. Die Anmeldung erfolgt online oder an einer der 121 Stationen zwischen 1. und 20. Bezirk – dort erinnert sie an den Ticketkauf beim Bahnhofsau­tomaten. Sobald alle Daten eingetippt sind, kann man in die Pedale treten. Der Vorteil: Das Fahrrad kann zu jeder Tages- und Nachtzeit an einer beliebigen Station wieder zurückgege­ben werden. Der Nachteil: Der Rahmen des Citybikes ist relativ schwer, bergauf zu fahren kann damit anstrengen­d werden.

Eine halbe Million Wiener nutzen das Angebot. Die erste Stunde ist kostenlos, die zweite kostet einen Euro, die dritte Stunde zwei Euro, die vierte und dann jede weitere Stunde vier Euro. An zwölf Stationen ist übrigens eine öffentlich nutzbare Luftpumpe installier­t. Ab dem nächsten Jahr planen die Wiener Linien, die die Citybikes im Sommer 2019 übernommen haben, ein stadtweite­s Leihradsys­tem namens „WienMobil Rad“und suchen dafür einen neuen Betreiber: Das bestehende Netz soll über die Donau und in den Außenbezir­ken ausgebaut werden. Das neue Fahrradver­leihsystem wird dann in die Mobilitäts­plattform „WienMobil“integriert und somit besser an das Verkehrsne­tz angebunden.

Immer mehr Menschen tendieren dazu, auch im Winter Fahrrad zu fahren.

Andre Illmer Swapfiets-Gebietslei­ter

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