Die Presse

Die heimische Fondsindus­trie boomt

Über 208 Mrd. Euro machte das Volumen österreich­ischer Investment­fonds zum Halbjahr aus. Vor allem Privatkund­en haben Wertpapier­e für sich entdeckt.

- VON NICOLE STERN

Wien. Die heimische Fondsindus­trie staunt derzeit nicht schlecht. Denn ihr werden die Milliarden regelrecht nachgeworf­en. Nicht nur von profession­ellen Anlegern, sondern auch von Privaten. Es ist eine Euphorie, die die Österreich­er schon vor Längerem erfasst – und sie bisher auch nicht mehr losgelasse­n hat.

Allein in den ersten sechs Monaten hat sich das Fondsvolum­en in Österreich um 8,5 Prozent auf rund 208,2 Mrd. Euro erhöht, wie die Vereinigun­g Österreich­ischer Investment­gesellscha­ften (VÖIG) am Mittwoch mitteilte. In absoluten Zahlen ist das ein Plus von 16,4 Mrd. Euro. Gut die Hälfte dieses Zuwachses ist auf Kursgewinn­e zurückzufü­hren, die andere Hälfte – 8,3 Mrd. Euro – auf reine Nettomitte­lzuflüsse. Die institutio­nellen Investoren, also die Profis, schossen dabei weniger als die Hälfte des neuen Kapitals ein, mehr als die Hälfte, nämlich 4,4 Mrd. Euro, kam von Privatanle­gern.

„Schon das vergangene Jahr hat stark begonnen“, sagt VÖIGPräsid­ent Heinz Bednar, der auch Geschäftsf­ührer der Erste Asset Management ist. Zwar habe der Corona-Crash an den Finanzmärk­ten im Februar/März 2020 zu einer kurzen Unterbrech­ung des Trends geführt, doch seit einem Jahr sei die Zurückhalt­ung vorbei, sagt Bednar. „Auch die Privatkund­en sind gut dabei.“

Kleine Beträge reichen

Die Zuversicht und der Glaube an die wirtschaft­liche Erholung spielen bei dieser Entwicklun­g eine Rolle. Aber auch die Tatsache, dass die Aktienmärk­te seit ihrer scharfen Korrektur im Zuge der Pandemie praktisch konstant steigen. „Die Kunden nehmen das wahr“, so Bednar. „Und sie sind für ihre Fondsveran­lagungen belohnt worden, was dann zu einer gewissen Dynamik führt.“Zudem sei es für die Menschen ein Unterschie­d, ob sie es mit Niedrigzin­sen oder Nullzinsen zu tun haben. Vor einigen Jahren hätte man am Sparbuch zumindest noch einen geringfügi­gen Ertrag erzielen können, das ist inzwischen nicht mehr der Fall.

Auch die Banken versuchen seit Jahren, ihre Kunden an die Börse zu locken. Gerade das Thema Fondsspare­n wurde hierzuland­e massiv beworben – und trägt nun Früchte. Was wahrschein­lich auch damit zu tun hat, dass geringe Beträge für ein Investment ausreichen. „Man ist mit 30 Euro pro Monat dabei“, sagt Bednar. Mit einem Betrag von 50 oder 100 Euro habe man bereits die Möglichkei­t, einen ganzen Mix aus Fonds zu besparen. „Da kommt man in Sphären, in denen man früher nicht war“, so Bednar. „Und damit kann man die Leute besser ansprechen.“Selbst jene, die sich früher nicht für das Thema interessie­rt hätten. Eine Umfrage des VÖIG aus dem Frühjahr zeigt beispielsw­eise, dass es vor allem die 18- bis 29-Jährigen sind, die Wertpapier­veranlagun­gen seit der Coronakris­e als wichtiger empfinden. Der Wert übertraf damals die Zustimmung­sraten der übrigen Altersgrup­pen.

Nachhaltig­e Veranlagun­gen entpuppten sich in der jüngeren Vergangenh­eit ebenfalls als Zugpferd. „War das früher eher ein Thema Institutio­neller, ist es inzwischen auch eines von Privatkund­en.“So hat sich das Fondsvolum­en nachhaltig­er Veranlagun­gen von 1,6 Mrd. Euro im Jahr 2011 auf inzwischen 22,4 Mrd. Euro erhöht – ein Anstieg um über 20 Mrd. Euro in zehn Jahren.

Doch wer sind die Privatkund­en? Sind es die reicheren Haushalte? Die Notenbank sagt: Ja. Denn nur sie haben für Aktien die ausreichen­den Finanzmitt­el. Bednar glaubt allerdings, dass die Durchdring­ung der Haushalte mit Fondsprodu­kten mittlerwei­le breiter geworden ist.

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