Die heimische Fondsindustrie boomt
Über 208 Mrd. Euro machte das Volumen österreichischer Investmentfonds zum Halbjahr aus. Vor allem Privatkunden haben Wertpapiere für sich entdeckt.
Wien. Die heimische Fondsindustrie staunt derzeit nicht schlecht. Denn ihr werden die Milliarden regelrecht nachgeworfen. Nicht nur von professionellen Anlegern, sondern auch von Privaten. Es ist eine Euphorie, die die Österreicher schon vor Längerem erfasst – und sie bisher auch nicht mehr losgelassen hat.
Allein in den ersten sechs Monaten hat sich das Fondsvolumen in Österreich um 8,5 Prozent auf rund 208,2 Mrd. Euro erhöht, wie die Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG) am Mittwoch mitteilte. In absoluten Zahlen ist das ein Plus von 16,4 Mrd. Euro. Gut die Hälfte dieses Zuwachses ist auf Kursgewinne zurückzuführen, die andere Hälfte – 8,3 Mrd. Euro – auf reine Nettomittelzuflüsse. Die institutionellen Investoren, also die Profis, schossen dabei weniger als die Hälfte des neuen Kapitals ein, mehr als die Hälfte, nämlich 4,4 Mrd. Euro, kam von Privatanlegern.
„Schon das vergangene Jahr hat stark begonnen“, sagt VÖIGPräsident Heinz Bednar, der auch Geschäftsführer der Erste Asset Management ist. Zwar habe der Corona-Crash an den Finanzmärkten im Februar/März 2020 zu einer kurzen Unterbrechung des Trends geführt, doch seit einem Jahr sei die Zurückhaltung vorbei, sagt Bednar. „Auch die Privatkunden sind gut dabei.“
Kleine Beträge reichen
Die Zuversicht und der Glaube an die wirtschaftliche Erholung spielen bei dieser Entwicklung eine Rolle. Aber auch die Tatsache, dass die Aktienmärkte seit ihrer scharfen Korrektur im Zuge der Pandemie praktisch konstant steigen. „Die Kunden nehmen das wahr“, so Bednar. „Und sie sind für ihre Fondsveranlagungen belohnt worden, was dann zu einer gewissen Dynamik führt.“Zudem sei es für die Menschen ein Unterschied, ob sie es mit Niedrigzinsen oder Nullzinsen zu tun haben. Vor einigen Jahren hätte man am Sparbuch zumindest noch einen geringfügigen Ertrag erzielen können, das ist inzwischen nicht mehr der Fall.
Auch die Banken versuchen seit Jahren, ihre Kunden an die Börse zu locken. Gerade das Thema Fondssparen wurde hierzulande massiv beworben – und trägt nun Früchte. Was wahrscheinlich auch damit zu tun hat, dass geringe Beträge für ein Investment ausreichen. „Man ist mit 30 Euro pro Monat dabei“, sagt Bednar. Mit einem Betrag von 50 oder 100 Euro habe man bereits die Möglichkeit, einen ganzen Mix aus Fonds zu besparen. „Da kommt man in Sphären, in denen man früher nicht war“, so Bednar. „Und damit kann man die Leute besser ansprechen.“Selbst jene, die sich früher nicht für das Thema interessiert hätten. Eine Umfrage des VÖIG aus dem Frühjahr zeigt beispielsweise, dass es vor allem die 18- bis 29-Jährigen sind, die Wertpapierveranlagungen seit der Coronakrise als wichtiger empfinden. Der Wert übertraf damals die Zustimmungsraten der übrigen Altersgruppen.
Nachhaltige Veranlagungen entpuppten sich in der jüngeren Vergangenheit ebenfalls als Zugpferd. „War das früher eher ein Thema Institutioneller, ist es inzwischen auch eines von Privatkunden.“So hat sich das Fondsvolumen nachhaltiger Veranlagungen von 1,6 Mrd. Euro im Jahr 2011 auf inzwischen 22,4 Mrd. Euro erhöht – ein Anstieg um über 20 Mrd. Euro in zehn Jahren.
Doch wer sind die Privatkunden? Sind es die reicheren Haushalte? Die Notenbank sagt: Ja. Denn nur sie haben für Aktien die ausreichenden Finanzmittel. Bednar glaubt allerdings, dass die Durchdringung der Haushalte mit Fondsprodukten mittlerweile breiter geworden ist.