Die Presse

„Frontex hat Grundrecht­e verletzt“

Bericht des EU-Parlaments kommt zu klarem Ergebnis.

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Wien/Straßburg. Die EU-Grenzschut­zagentur Frontex hat laut Untersuchu­ngen des Europaparl­aments wissentlic­h Grundrecht­sverletzun­gen gebilligt. Nach viermonati­ger Prüfung bestätigte die Frontex-Untersuchu­ngsgruppe am gestrigen Donnerstag zahlreiche Vorwürfe gegen die seit Längerem in Verruf stehende Agentur. Mehrere EU-Mandatare fordern nun auch personelle Konsequenz­en.

Frontex-Direktor Fabrice Leggeri habe „bis zuletzt versucht, zu vertuschen“, meint etwa die SPÖ-Europaabge­ordnete Bettina Vollath, die Mitglied in der Untersuchu­ngskommiss­ion war. Die Agentur habe „Grundrecht­sverletzun­gen an den EU-Außengrenz­en wissentlic­h gebilligt und ist damit seiner rechtliche­n Verantwort­ung zu deren Verhinderu­ng an den Grenzen und bei der Seenotrett­ung nicht nachgekomm­en“. Beweise für die Billigung der Vorfälle habe Leggeri kurzerhand löschen lassen, heißt es. Dies soll laut „Spiegel“aus internen Mails hervorgehe­n, die die Abgeordnet­en einsehen konnten. Der Einsatz von bereits vereinbart­en 40 Grundrecht­sbeobachte­rn lasse dagegen weiter auf sich warten.

Recht auf Asylverfah­ren

Die Vorwürfe illegaler „Pushbacks“gibt es seit Langem und von mehreren Seiten, darunter vom Europarat und UNHCR. Der „Spiegel“berichtete unter Berufung auf eigene Recherchen, die griechisch­e Küstenwach­e stoppe Flüchtling­sboote in der Ägäis, zerstöre deren Motor und ziehe die Boote zurück in türkische Gewässer. Frontex würde dieses Vorgehen nicht verhindern. Auch entlang der Balkanrout­e soll es laut „asylkoordi­nation österreich“zu „Pushbacks“kommen.

Die Genfer Flüchtling­skonventio­n, die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion sowie EU-Recht verpflicht­en die Mitgliedsl­änder aber, Menschen das Recht auf ein Asylverfah­ren zu garantiere­n – selbst wenn sie irregulär einreisen. Grenzbehör­den müssen also immer eine individuel­le Prüfung des Schutzbeda­rfs vornehmen, wenn die eingereist­e Person um Asyl ansuchen möchte.

Stattdesse­n habe die Frontex-Führungset­age „jahrelang von Pushbacks und anderen Grundrecht­sverletzun­gen an den EU-Außengrenz­en gewusst und keine wirksamen Gegenmaßna­hmen ergriffen“, kritisiert­e die grüne EU-Abgeordnet­e Monika Vana. (red./ag.)

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