Die Presse

War Türkis-Blau wirklich käuflich?

Ibiza. Die Abgeordnet­en des U-Ausschusse­s kamen zu einer letzten Sitzung zusammen – ohne Auskunftsp­ersonen, aber mit einigen Erkenntnis­sen. Ein Bericht folgt.

- VON IRIS BONAVIDA

Wien. Die Erzählung hätte so enden können, wie sie auch begonnen hatte: Am 16. Juli 2020 war HeinzChris­tian Strache als eine der ersten Auskunftsp­ersonen im Untersuchu­ngsausschu­ss geladen. Am 15. Juli 2021 hätte der frühere Vizekanzle­r und FPÖ-Chef die letzte Auskunftsp­erson sein sollen – Konjunktiv. Denn nicht nur Strache sagte (krankheits­bedingt) am Donnerstag ab.

Die Abgeordnet­en kamen trotzdem zusammen – in einer internen Sitzung beschlosse­n sie einige Formalität­en. Öffentlich blieb ihnen nichts anderes, als eine erste mündliche Bilanz zu ziehen.

Was hat er also gebracht, der U-Ausschuss? Laut offizielle­m Titel sollte er die „mutmaßlich­e Käuflichke­it der türkis-blauen Regierung“klären. Das juristisch wichtige Wörtchen „mutmaßlich“zu streichen traut sich zwar keine der anderen Parteien. Aber ein strenges Urteil fällen sie trotzdem.

Die Grünen richten über ihren jetzigen Koalitions­partner, die ÖVP: Gemeinsam mit den Freiheitli­chen habe sie „die Republik zugunsten der eigenen Freunde umbauen“wollen, sagt Nina Tomaselli. Laut Kai Jan Krainer (SPÖ) wollte die ÖVP erstens einen „Staat im Staat“aufbauen. Und zweitens die Aufklärung­sarbeit stören.

Christian Hafenecker (FPÖ) und Nikolaus Scherak (Neos) kritisiert­en die Grünen: Sie seien mit schuld am Ende des U-Ausschusse­s. Sie stimmten – aus Koalitions­räson, nicht aus Überzeugun­g – gegen eine Verlängeru­ng. Und die ÖVP? Andreas Hanger fand für eine These Beweise: Im Ausschuss hätten alle gegen die ÖVP gearbeitet.

Die letzte Auskunftsp­erson war übrigens Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) – schon am 1. Juli. Seine Befragung lief turbulent ab. Der Fragefluss wurde immer wieder durch Geschäftso­rdnungsdeb­atten gestört. Es gab aber noch heftigere Debatten. Ein guter Richtwert ist dafür die Befragungs­zeit: Netto dürfen Personen nur vier Stunden befragt werden. Die Bruttozeit sagt also viel über Geschäftso­rdnungsdeb­atten aus. Laut Parlament lag sie bei Kurz bei vier Stunden und 39 Minuten. Bei Wolfgang Sobotka (ÖVP) waren es drei Minuten mehr. Mit fünf Stunden und zwei Minuten saß aber WKStA-Chefin Ilse Vrabl-Sanda am längsten im U-Ausschuss.

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