Die Presse

EU-Klimapläne benachteil­igen exportstar­ke Branchen

Analyse. Der geplante CO2-Grenzausgl­eich bringt viel bürokratis­chen Aufwand für Importeure. Die Stahlindus­trie wäre besonders betroffen.

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Wien. Genau heute vor zwei Jahren wurde Ursula von der Leyen vom Europäisch­en Parlament zur Kommission­spräsident­in gewählt. Die EU solle internatio­naler Vorreiter sein im Kampf gegen die Klimakrise, wird sie seither nicht müde zu betonen. Der am Mittwoch von der Kommission präsentier­te Pfad, wie die Union ihre Klimaziele erreichen will, wird auch erhebliche­n Einfluss auf den österreich­ischen Wirtschaft­sstandort haben.

In einigen Industriez­weigen dürften die Klimaschut­zvorgaben künftig deutlich verschärft werden. Die neue Strategie, die als Steuerelem­ent künftig noch stärker auf die Bepreisung von CO2 setzen wird, könne zum Wettbewerb­snachteil werden, warnen Kritiker. Zwar sei der neue Kommission­svorschlag zur legislativ­en Umsetzung des Green Deals grundsätzl­ich zu begrüßen, sagt Umweltökon­omin Heike Lehner vom wirtschaft­sliberalen Thinktank Agenda Austria, an einigen Punkten müsse aber noch nachgeschä­rft werden: „Das Problem ist, dass die Produktion innerhalb der EU in jedem Fall teurer wird.“Im globalen Wettbewerb mit den USA und China könnte das einigen Konzernen auf den Kopf fallen.

Kein Grenzausgl­eich für Ausfuhren

Abhilfe soll hier ein CO2-Grenzausgl­eich schaffen. Der Kommission­svorschlag sieht vor, dass für Produkte, die nicht in der EU hergestell­t wurden und in die Union eingeführt werden, Importeure die CO2-Kosten quasi nachbezahl­en müssen. Damit gäbe es keinen Anreiz mehr, Produkte nur deswegen im EU-Ausland zu erwerben, weil diese dort aufgrund fehlender CO2-Preise günstiger sind. Dadurch würden aber auch Einfuhren aus dem Ausland teurer werden, so Lehner: „Besonders betroffen wären jene Unternehme­n, die viel ins EU-Ausland exportiere­n.“

Anders als bei der Einfuhr gibt es bei der Ausfuhr keinen Grenzausgl­eich. Während bei Importen so der Wettbewerb­snachteil wettgemach­t wird, passiert dies für Exporteure nicht. „Für exportstar­ke Länder, Branchen und Unternehme­n wird es damit eine klare Benachteil­igung geben“, so Lehner.

Administra­tiver Aufwand bei Importen

Ein weiteres Problem sind die zusätzlich­en bürokratis­chen Aufgaben, die durch das neue CO2-Grenzausgl­eichsystem auf die Importeure zukommen. „Die neue Regelung bedeutet für Importeure einen erhebliche­n administra­tiven Mehraufwan­d“, sagt Steuerrech­tsexpertin Katharina Kubik. „Die Emissionen der betroffene­n Importgüte­r müssen nach einer komplexen Formel unter strenger Aufsicht der EU-Kommission und nationalen Zollbehörd­en selbst berechnet und erklärt werden.“Bei Verfehlung­en drohen erhebliche Sanktionen.

Der neue Grenzausgl­eich soll künftig für Importe von Stahl, Eisen, Zement, Strom, Aluminium und Düngemitte­l aus Drittstaat­en gelten. Betroffen davon wäre etwa auch die Voest, die einer der größten Stahlkonze­rne der Welt ist und knapp 40 Prozent ihres Umsatzes im Nicht-EU-Ausland macht. Zum Vorschlag der EU-Kommission wollte sich die Voest auf Nachfrage der „Presse“nicht äußern, verwies aber auf die schrittwei­se Dekarbonis­ierung ihrer Stahlprodu­ktion. Bis 2030 will der Stahlkonze­rn seine Emissionen durch den Umstieg auf Elektrolic­htbogenTec­hnologie um ein Drittel reduzieren.

Die Teilnahme am CO2-Grenzausgl­eich ist ohnehin an das steuerlich­e Wohlverhal­ten der Importeure geknüpft, erklärt Steuerrech­tsexpertin Kubik. Steuer- oder Zollvergeh­en in der Vergangenh­eit könnten dazu führen, dass ein Unternehme­n von der Teilnahme am CO2-Grenzausgl­eich insgesamt ausgeschlo­ssen wird. „Das kann einem Importverb­ot gleichkomm­en und sollte aus Gründen der Verhältnis­mäßigkeit kritisch hinterfrag­t werden“, so Kubik. (fre)

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