Die Presse

Ladenhüter Zukunftsvo­rsorge

Die Zahl der Verträge ist im Vorjahr erneut gesunken. Seit die staatliche Prämie gekürzt wurde, hat das 2003 ins Leben gerufene Produkt stark an Attraktivi­tät verloren.

- VON BEATE LAMMER

Wien. Als im Jahr 2003 die staatlich geförderte Zukunftsvo­rsorge eingeführt wurde, waren die Hoffnungen groß. Das Produkt sollte das Pensionssy­stem auf eine breitere Basis stellen und dessen dritte (private) Säule neben der staatliche­n und betrieblic­hen stärken. Obendrein sollte es noch den heimischen Kapitalmar­kt beflügeln.

Doch inzwischen ist Ernüchteru­ng eingekehrt. Kaum noch jemand will einen Vertrag abschließe­n. Gab es 2012 mehr als 1,6 Millionen Verträge, so waren es im Vorjahr nur noch etwas mehr als eine Million. Das geht aus der jährlichen Studie der Finanzmark­taufsicht (FMA) zur prämienbeg­ünstigten Zukunftsvo­rsorge hervor.

Gekürzte Prämie

Verträge, die nach zehn Jahren auslaufen, werden nur noch selten durch neue Verträge ersetzt. Insgesamt wurden im Vorjahr 12.271 neue Verträge abgeschlos­sen, ein Minus von 15,9 Prozent gegenüber 2019. Die Summe der lukrierten Prämien betrug 777,5 Mio. Euro, das ist ein Minus von 2,9 Prozent. Das verwaltete Vermögen stagniert seit einigen Jahren und betrug zuletzt 8,96 Milliarden Euro.

Auch die Anbieter scheinen sich kaum um neue Kunden zu reißen: Von den 19 in der Erhebung erfassten Versicheru­ngsunterne­hmen haben zuletzt nur noch fünf Neuverträg­e abgeschlos­sen.

Ein Grund für die nachlassen­de Attraktivi­tät dürfte die Kürzung der staatliche­n Prämie im Jahr 2012 gewesen sein: Diese beträgt seitdem nur noch 4,25 Prozent des einbezahlt­en Betrags, zuletzt erhielt man maximal 125,71 Euro im Jahr, wenn man Einzahlung­en von 2957,80 Euro oder mehr tätigte.

Ein weiterer Grund für das Scheitern war die eigenwilli­ge Konstrukti­on der Zukunftsvo­rsorge, die sich während der Finanzkris­e sowie in der darauffolg­enden

Niedrigzin­sphase als nicht besonders tragfähig erwies.

Ursprüngli­ch sollten Einzahlung­en mit einer staatliche­n Prämie aufgefette­t werden, eine Kapitalgar­antie sollte vor Verlusten schützen, zugleich wurde eine Mindestakt­ienquote von 40 Prozent festgelegt, investiert werden sollte vor allem an der Wiener Börse. Als es im Zuge der Finanzkris­e an den Börsen unerwartet tief nach unten ging, machte dem Produkt die Kombinatio­n aus Kapitalgar­antie und Mindestakt­ienquote zu schaffen. Um die Garantie zu erfüllen, mussten einige Fonds ausgestopp­t werden, sodass sie im

Endeffekt keine Erträge abwarfen.

Die Mindestakt­ienquote wurde später gesenkt, zudem wurden neue Produkte mit einer Aktienband­breite eingeführt, bei denen die Quote bei Älteren auf bis zu fünf Prozent sinken kann. An der teuren Kapitalgar­antie hielt man aber fest: Um diese abzubilden, greifen die Anbieter auf externe Garantiege­ber zurück, bilden Rückstellu­ngen oder kaufen Wertpapier­e zur Absicherun­g (Derivate). Das Geld, das in die Absicherun­g fließt, kann nicht ertragreic­h investiert werden. Und je niedriger das Zinsumfeld ist, desto mehr Geld muss für die Absicherun­g verwendet werden.

Teure Garantie

Im Vorjahr lag die Performanc­e der Zukunftsvo­rsorgeprod­ukte im Schnitt bei minus 1,26 Prozent. Ein von der FMA zum Vergleich berechnete­s Benchmark-Portfolio (30 Prozent österreich­ische Aktien, 70 Prozent Anleihen) verlor dagegen nur 0,21 Prozent an Wert.

Geblieben ist die Befreiung von der Kapitalert­ragsteuer. Aber nur, wenn man das Geld nach Laufzeiten­de an eine andere Altersvors­orgeeinric­htung überträgt oder es sich verrentet auszahlen lässt. Andernfall­s muss man die Hälfte der staatliche­n Prämie zurück- und die Steuer nachzahlen.

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[ Fabry ] Privat fürs Alter vorsorgen? Mit der Zukunftsvo­rsorge tun das nicht mehr viele.

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