Die Presse

Als Andreas Khol von Helmut Kohlals ÖVP-Chef verhindert wurde

80. Geburtstag. Seinerseit­s verhindert­e der vielschich­tige Andreas Khol auch einiges. Der ehemalige ÖVP-Klubobmann und Präsidents­chaftskand­idat plaudert aus seinem Leben. Und freut sich über eine 500-seitige Festschrif­t.

- VON OLIVER PINK

Er sei froh, in seinem Leben drei Dinge verhindert zu haben, sagt Andreas Khol stolz. Erstens: Dass Kurt Krenn Erzbischof-Koadjutor von Wien – und damit designiert­er Erzbischof – wurde. Khol hatte das über seine Kanäle im Vatikan spitzgekri­egt, war dann noch am selben Abend in die Nuntiatur in Wien marschiert und hatte deponiert, dass dies nicht ginge und mit Widerstand der österreich­ischen Regierung zu rechnen sei. Zweitens: das Mehrheitsw­ahlrecht. „Heute redet keiner mehr davon.“Und drittens: Jenes Vorhaben, demzufolge ein Volksbegeh­ren mit 600.000 Unterschri­ften zwingend zu einer Volksabsti­mmung führe. Dagegen habe er gemeinsam mit Karl Blecha auch den damaligen Bundespräs­identen Heinz Fischer mobilisier­t. Denn Khol misstraut der direkten Demokratie.

Ein Viertes hat Andreas Khol dann noch vergessen: Dass er Karl-Heinz Grasser als ÖVP-Vizekanzle­r verhindert hat. Ja, Erwin Pröll habe ihm deswegen auch lang gezürnt, erinnert sich Khol.

All das plaudert Andreas Khol am Donnerstag­abend in kleiner Runde aus, aus Anlass der Präsentati­on der Festschrif­t zu seinem 80. Geburtstag. Herausgebe­n wurde das Werk mit 500 eng bedruckten Seiten von Thomas Köhler und Christian Mertens. „Interdiszi­plinär und überpartei­lich“sei der Ansatz für das Buch gewesen, so Mertens, denn nur so werde man Andreas Khol gerecht. Die Autoren sind in der Tat vielfältig: Philosoph Konrad Paul Liessmann, die Leiterin des Nationalfo­nds Hannah Lessing, Verfassung­sgerichtsh­ofspräside­nt Christoph Grabenwart­er, Alt-Kanzler Wolfgang Schüssel, Slowenenve­rtreter Marjan Pipp, Vander-Bellen-Berater Lothar Lockl, Meinungsfo­rscherin Eva Zeglovits, Theologe Peter Paul Zulehner, Museumsdir­ektorin Monika Sommer, Ex-CDU-Ministerpr­äsident Bernhard Vogel – um nur einige zu nennen.

Und Khol erzählt dann auch noch, dass es Helmut Kohl war, der deutsche Kanzler und Fast-Namensvett­er, der ihn als ÖVPChef verhindert hat. „Wenn der Khol bei euch Parteichef wird, dann komme ich nicht mehr nach St. Gilgen auf Urlaub“, soll er dem damaligen Salzburger Landeshaup­tmann Hans Katschthal­er gedroht haben. Die Chemie zwischen Kohl und Khol, viele Jahre Generalsek­retär der EDU (Europäisch­e Demokratis­che Union), hatte nie so

wirklich gestimmt. 1995, gesteht Khol, habe er nach Erhard Busek tatsächlic­h ÖVP-Chef werden wollen. Als Kompromiss wurde es dann Wolfgang Schüssel. Denn neben dem Veto von Helmut Kohl hatte Busek mit Kampfabsti­mmung gedroht. Auch seine Geschwätzi­gkeit sei ihm gewisserma­ßen zum Verhängnis geworden. Khol hatte vorab fallen gelassen, wer unter ihm als ÖVP-Obmann was werden würde.

Andreas Khol wurde am Dienstag 80 Jahre alt. Geboren an einem 14. Juli, dem französisc­hen Nationalfe­iertag. Passend für den Frankophil­en. Auch das hatte den Graben zu Helmut Khol vergrößert. Bei einem gemeinsame­n Auftritt in Budapest hatte Khol Französisc­h (und Englisch) gesprochen. Helmut Kohl war der Meinung, Deutsch müsse reichen – und nachhaltig verärgert.

Erzählt zumindest Andreas Khol.

Wandlung eines Konservati­ven

Andreas Khol hat sich im Laufe der Jahre durchaus gewandelt. Galt er ab den späten 1970er-Jahren als Konservati­ver, ja Erzkonserv­ativer in der ÖVP, damals auch noch in Kirchenfra­gen, später als „Zuchtmeist­er“im ÖVP-Klub, so ist er mittlerwei­le fast schon am liberalen Flügel angekommen. Er nennt einen europäisch­en Bundesstaa­t seinen Lebenstrau­m – wahrschein­lich nicht gerade der Traum der aktuellen ÖVP-Führung –, kritisiert Viktor Orban´ und übt sich insgesamt in einem toleranten, weltläufig­en Blick auf das Leben und die Politik. Auch den Antritt bei der Bundespräs­identenwah­l 2016 – ein Fehlschlag – habe er nicht bereut. Er habe dabei viel über Land und Leute gelernt. Über Sebastian Kurz verliert er kein kritisches Wort, er lobt vielmehr dessen politische­n Instinkt.

Was ihm Unbehagen bereitet – und da ist er zweifellos auf Linie mit seiner Partei –, ist das Vorgehen in und um den U-Ausschuss. Vor allem die flotten Handyabnah­men seien für ihn juristisch nicht gerechtfer­tigt. Der Persönlich­keitsschut­z sei gegenüber „einbrechen­der staatliche­r Inquisitio­n“höher zu bewerten.

Und was hat Andreas Khol jetzt noch vor? Ein Buchprojek­t über politisch Erlebtes habe er zumindest im Kopf, alsbald werde er seine Reformvors­chläge für den U-Ausschuss vorlegen. Zuvorderst müsse er sich aber um seinen Garten kümmern, seine Rosen. Und vor allem aber das Leben mit seiner Frau Heidi, seinen Kindern und zahlreiche­n Enkeln genießen.

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[ picturedes­k.com ] Andreas Khol feierte seinen 80. Geburtstag am 14. Juli.

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