Die Presse

Maduros „Strohmann“im Griff der US-Justiz

Der Kolumbiane­r Alex Saab Mor´an war der Mann für die schmutzige­n Geschäfte des Machthaber­s in Caracas. Plaudert er jetzt alles aus?

- V on unserem Korrespond­enten ANDREAS FINK

Buenos Aires. Venezuelas Präsident Nicola´s Maduro hat ein mächtiges Problem mehr. Seit Montag befragen US-Justizbeam­te in Miami den kolumbiani­schen Unternehme­r Alex Saab Mora´n zu dessen Geschäfte mit den Spitzen des Staates in Caracas. Der 49-jährige Sohn eines aus dem Libanon stammenden Textilunte­rnehmers soll, so die US-Ankläger, mindestens 350 Millionen Dollar gewaschen haben, die aus undurchsic­htigen Geschäften mit dem venezolani­schen Staat stammen.

Die USA haben Saab seit Jahren gesucht. Im Juni 2020 war er auf den Kapverdisc­hen Inseln festgesetz­t worden, wo er zwischenla­nden musste, weil seinem Privatjet auf dem Weg von Caracas nach Teheran der Sprit auszugehen drohte. Anfang September 2021 verkündete das oberste Gericht der Inselrepub­lik die Auslieferu­ng, die sich nun am vergangene­n Wochenende vollzog.

In der venezolani­schen Hauptstadt reagierte die Regierung mit Empörung. Sie zog ihre Delegation zurück, die seit mehreren Wochen mit Vertretern der Opposition in Mexiko unter der Vermittlun­g von Norwegen über eine Rückkehr zur Demokratie verhandelt. Seit Saab festsitzt, hat Venezuela dem Kolumbiane­r den Status eines venezolani­schen Diplomaten verliehen. Das beeindruck­te die USA nicht. Die US-Behörden scheinen derselben Auffassung zu sein wie Luisa Ortega. Venezuelas frühere Chefankläg­erin hatte Saab mehrfach als „wichtigste­n Strohmann Maduros“bezeichnet.

„Mehr Macht als die meisten Minister“

So werden sich die Fragen der US-Justiz nicht allein auf die Jahre von 2011 bis 2015 beziehen, in denen Saab mindestens 350 Millionen Dollar gewaschen haben soll – über ein weit verzweigte­s Netz an Scheinfirm­en und Trusts in Steueroase­n. Das Hauptinter­esse dürfte vielmehr den letzten Jahren vor der Verhaftung 2020 gelten, als Saab offenbar zum wichtigste­n Akteur in Venezuela aufgestieg­en war. „Er hatte mehr Macht als die meisten Minister“, sagt Pulitzerpr­eisträger Gerardo Reyes. Der kolumbiani­sche Reporter, der die Investigat­ivabteilun­g des US-Senders Univision leitet, hat in einem Buch beschriebe­n, wie Saab bankrott nach Caracas gekommen ist und es im Privatjet verlassen hat.

Der Autor beschreibt Saab vor allem als Maduros „Fixer“, als Figur mit immenser Fantasie für Umgehungsg­eschäfte jedweder Art, mit für ihn stets profitable­n Lösungsvor­schlägen für jedes neue Problem, das das US-Finanz- und Handelsemb­argo den Chavistas eingebrach­t hat. Saab beschaffte in Mexiko jene minderwert­igen Lebensmitt­el, die Maduro über das staatliche Lebensmitt­elprogramm unter den Armen verteilte – im Gegenzug für politische Willfährig­keit.

Saab soll auch den Transport von inoffiziel­l abgebautem venezolani­schem Gold in die Türkei organisier­t haben, mit dessen Erlös er Lebensmitt­el organisier­t hat. Und vor allem: Mit enormer Kreativitä­t soll Saab das Ölembargo umgangen und über Briefkaste­nfirmen in Mexiko, Russland und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten venezolani­sches Rohöl nach Fernost geschleust haben.

Plakate stilisiere­n Saab zum „Che“

Bis zu seiner Verhaftung war Saab in Venezuela praktisch unbekannt. Es existierte­n nur wenige Bilder von dem Mann mit dem Pferdeschw­anz. Doch seit Saab in der afrikanisc­hen Zelle saß, startete das Regime eine internatio­nale Kampagne, die Saab als Märtyrer des US-Imperialis­mus darstellt. Heute zeigen in Caracas Tausende Plakate und Wandmalere­ien sein Antlitz im Stile der Revolution­sikone Che Guevara.

Offenbar sind die Chavistas besorgt, dass Saab in Miami sein Wissen über Maduros Machtappar­at preisgibt, um seine Haut zu retten. Am Sonntag las Saabs Frau eine Erklärung vor: „Ich werde nicht mit den Vereinigte­n Staaten kollaborie­ren. Und ich werde nicht lügen, um die Vereinigte­n Staaten gegen ein Land zu begünstige­n, das eine unmenschli­che Blockade durchleide­t.“Ob diese Zeilen wirklich von Saab stammen, dürfte schwer zu beweisen sein. Aber dass Saabs Familie, die jahrelang in Moskau gelebt hatte, nach Venezuela geholt wurde, dürfte ein deutliches Signal an den Häftling sein.

Saabs Ehefrau hatte 2019 ihre Heimatstad­t Rom verlassen, nachdem die italienisc­he Justiz fast zehn Millionen Euro aus ihrem Besitz sichergest­ellt hatte, deren Herkunft das damals 25-jährige Model nicht ausreichen­d erklären konnte.

AUF EINEN BLICK

Der „Strohmann“. Alex Saab Mora´n, ein kolumbiani­scher Unternehme­r, gilt als eine Schlüsself­igur des Maduro-Regimes. Der 49-Jährige, der am Wochenende von den Kapverden an die USA ausgeliefe­rt worden ist, hat angeblich mindestens 350 Millionen aus dubiosen Geschäften reingewasc­hen und Lebensmitt­el in Mexiko organisier­t. In der Türkei verkaufte er illegal abgebautes Gold, wofür er Nahrung organisier­te.

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[AFP] Venezuelas Propaganda stilisiert Alex Saab Mora´n zu einem „Märtyrer“.

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