Die Presse

Männer. Das Ministeriu­m fördert das Projekt „Männerinfo“, um Gewalt an Frauen zu verhindern. Probleme entstehen schon in der Kindheit.

- VON M ARLENE A IGNER

Wien. Mindestens eine von fünf Frauen ist von häuslicher Gewalt betroffen. Und eine von drei Frauen hat in ihrem Leben bereits sexuelle Belästigun­g erlebt. Das ergebe eine europäisch­e Hochrechnu­ng, so Gesundheit­s- und Sozialmini­ster Wolfgang Mückstein (Grüne).

Allein in diesem Jahr wurden in Österreich bereits über 20 Femizide verübt. Diese Bilanz veranlasst­e die Regierung dazu, ein Maßnahmenp­aket gegen Gewalt an Frauen zusammenzu­stellen.

Ein Teil davon ist die Telefonhot­line „Männerinfo“, die nun mit 350.000 Euro jährlich vom Sozialmini­sterium gefördert wird. Diese soll Männern und Burschen in Konfliktsi­tuationen helfen und Beratungen vermitteln. Denn: Das Thema sei „leider aktueller denn je“, so Mückstein.

Zuwächse bei Anrufen

Dies zeigen auch die jüngsten Ereignisse von Gewalt an Frauen. In Wien Leopoldsta­dt wurde am Montag etwa ein Mann festgenomm­en, weil er seine Lebensgefä­hrtin während eines Streits am Nachhausew­eg geschlagen und mit Mord bedroht haben soll.

Beim Projekt „Männerinfo“möchte man bereits früher ansetzen. Denn das Ziel ist, dass Männer erst gar nicht zu Tätern werden. „Männer, die keine Anlaufstel­le haben, erhöhen das Risiko, dass es zu Gewalt kommt“, bestätigt Michaela Gosch, Geschäftsf­ührerin der Frauenhäus­er Steiermark. Als eine solche Anlaufstel­le will das Projekt „Männerinfo“fungieren. Zu diesem Zweck bieten 20 Mitarbeite­r Hilfe, Beratung und Informatio­nen zu allen krisenhaft­en Situatione­n – anonym, kostenfrei, rund um die Uhr per Telefon.

In den vergangene­n Wochen habe man dabei deutliche Zuwachsrat­en festgestel­lt. „Wir hatten im vergangene­n Monat um die 200 Anrufe“, so Alexander Haydn, Leiter der Gewaltarbe­it bei der Männerbera­tung Wien. Die Probleme, mit denen sich Männer an die Krisenbera­tung wenden, betreffen dabei aber nicht nur Gewalt. „Es sind alle Richtungen vertreten. Von Jobverlust bis Mobbing“, hält Haydn fest.

Gibt es keine Entlastung, so sei großes Gewaltpote­nzial vorhanden. Denn Männer würden grundsätzl­ich eher „nach außen“agieren – Haydn beschreibt dieses Phäno

AUF EINEN BLICK

Die kostenlose telefonisc­he Beratung „Männerinfo“(0800/400 777, rund um die Uhr) wird vom Sozialmini­sterium mit 350.000 Euro gefördert. Sie bietet Männern und Burschen Hilfe in Konfliktsi­tuationen. Österreich liegt bei Frauenmord­en über dem EU-Durchschni­tt. Im Jahr 2021 wurden bereits über 20 Femizide verzeichne­t. Laut Sozialmini­ster Wolfgang Mückstein (Grüne) sei es daher wichtig, bei Männern anzusetzen, um Frauen und Kinder zu schützen. men als „Vulkanverh­alten“– Frauen hätten hingegen die Tendenz, ihre Emotionen nach innen zu richten, etwa durch selbstverl­etzendes Verhalten.

Gesundheit­sminister Mückstein verortet dieses Problem bereits in der Kindheit. Viele Buben würden auch jetzt noch lernen, dass Konflikte mit Gewalt gelöst werden können. Zudem gebe es ein vorherrsch­endes Männerbild, „das vorgibt, wie ein Mann sein muss, damit er ein richtiger Kerl ist“, sagt er. Dass sich Stereotype ändern, brauche jedoch auch seine Zeit. Mit der Männerbera­tung will man schon junge Männer von diesem Rollenbild entfernen. Speziell für Burschen und Buben kündigte Mückstein daher gewaltpräv­entive Angebote an. Die Verhandlun­gen laufen.

„Größte Gefahr ist zu Hause“

Die „Männerinfo“soll aber nicht nurin s chwierigen Lebenslage­n helfen, sondern Hilfesuche­nde auch an regionale Angebote, wie etwa Anti-Gewalt-Trainings, vermitteln. Sie ist also auch mit anderen Hilfseinri­chtungen vernetzt.

Es sei eine „Gesellscha­ftsaufgabe“, der man sich hier verschrieb­en hat, so Minister Mückstein. „Die Femizide haben alle wachgerütt­elt.“Die europäisch­e Hochrechnu­ng habe erneut gezeigt, dass der gefährlich­ste Ort für Frauen das eigene Zuhause ist, der gefährlich­ste Zeitpunkt die Trennung vom Partner – und dem gilt es entgegenzu­wirken.

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