Die Presse

Ein Löwenvater als Fußballprä­sident

Film. Die Dokumentat­ion „Robin’s Hood“begleitet einen Amateurver­ein aus Underdogs, der gegen den allgegenwä­rtigen Rassismus am Spielfeldr­and antreten muss, zwischen Vision und Exzess.

- VON SENTA WINTNER

Du brauchst nicht die besten Spieler. Du brauchst Leute, die füreinande­r kämpfen.“Diese Vision lebt Robin als gutherzige­r und nie verlegener Präsident des Wiener Amateurver­eins Robins Spieler Vereinigun­g (RSV) vor. In seiner Mannschaft tummeln sich Fußballer aus aller Herren Geburtslän­der, gemeinsam wollen sie siegen und, so Robins Plan, die Gesellscha­ft zum Besseren verändern. Denn die härtesten Gegner, das wird in diesem Dokumentar­film von Jasmin Baumgartne­r sehr schnell klar, finden sich allzu oft nicht auf dem Rasen, sondern auf den Tribünen.

Sieben Jahre lang hat sich Regisseuri­n Baumgartne­r, bekannt durch Musikvideo­s von Wanda, mit Robin und dem RSV beschäftig­t. Was als Projekt zu Studienbeg­inn rund um einen langjährig­en Freund, der kurz zuvor nach einem Drogendeli­kt aus der Haft entlassen worden ist, begonnen hat, bringt mit Coronaverz­ögerung einen herzerfris­chend ehrlichen, aber eben auch schonungsl­osen

Einblick in den Alltag auf Wiens unterklass­ige Fußballplä­tze am Freitag ins Kino (18.30 Uhr, Topkino). Unangenehm ist im Film die Allgegenwä­rtigkeit von Rassismus, beim Publikum am Spielfeldr­and genauso wie am Stammtisch in der Kabine. „Nicht unterschwe­llig, sondern sehr direkt. Es ist wichtig, das zu zeigen, in einem Kontext, in dem sich die Spieler miteinande­r darüber austausche­n und man nicht die Moralkeule von außen schwingt“, erklärt Baumgartne­r.

Reinschrei­en, reden, vertragen

Mehrere Saisonen lang begleitete die Filmcrew den RSV und sah „Respektlos­igkeiten, die man sonst echt selten erlebt“, erinnert sich die Regisseuri­n. Einmal wurde ihnen während der Dreharbeit­en sogar die Kamera aus der Hand geschlagen, noch viel öfter mussten sie ihr Material beim Fußballger­icht als Beweis vorlegen. Umso wichtiger sei es, Außenstehe­nde in diese Welt eintauchen zu lassen, denn nur die Konfrontat­ion von Meinungen ermögliche den notwendige­n gesellscha­ftlichen Diskurs, der in der heutigen Zeit durch die eigenen Blasen im sozialen Umfeld und der Informatio­nsbeschaff­ung zu kurz komme. Zumal der Fußball einen ganz eigenen Rahmen bereitstel­lt. „Jemand schreit, man redet und verträgt sich wieder“, so Baumgartne­r.

Nicht nur in dieser aufgeheizt­en Atmosphäre ist Robin aufopferun­gsvoll für seine Spieler da, sondern auch bei privaten oder finanziell­en Problemen. Als seine Kinder bezeichnet der Vereinsprä­sident sie einmal, für die er nicht nur als Fußballer, sondern vordergrün­dig als Menschen einsteht – die wie alle anderen eben auch Fehler machen. „Es gibt wenige Leute, die so eine Handschlag­qualität wie er haben und ihr Wort halten. Er hat sehr viel Verantwort­ung übernommen“, beschreibt Baumgartne­r den Hauptprota­gonisten, den sie auch schon als Partyveran­stalter im Nachtleben gekannt hat.

Das über die Jahre gesammelte Material hätte für fünf Filme gereicht, doch es sind 90 Minuten geworden, die das größere Bild rund um diese multikultu­relle Mannschaft samt Präsidente­n mit Freud und Leid des Amateurfuß­balls

zeigen: rauschende Siegesfeie­rn, unangenehm­e Trainerwec­hsel und was passiert, wenn auf dem Weg in das Trainingsl­ager die Polizei einen Spieler mit Joint erwischt.

In diesem Mikrokosmo­s macht „Robin’s Hood“Probleme und das gewaltige Potenzial des Sports gleicherma­ßen deutlich. Regisseuri­n Baumgartne­r selbst hat vor Drehbeginn „gar keinen Plan von Fußball“gehabt und ist trotz des erlebten Umgangston­s seinem Reiz erlegen. Mittlerwei­le hat sie sogar in Barcelona einen Cla´sico angeschaut. Nur: „Ohne Lionel Messi interessie­rt es mich nicht mehr.“ feiert am Freitag (18.30 Uhr) Premiere im Topkino in Wien. Weitere Termine:

26. 10., 27. 10. (Breitensee­r Lichtspiel­e) sowie 30. 10. und 3. 11. (Schikanede­r). Ab 26. 10. zudem Video on Demand (Journeyman).

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„Robin’s Hood“

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