„Es geht um den zukünftigen Wohlstand Europas“
FabasoftMitgründer Helmut Fallmann über die Chancen, die sich mit einer Digitaluniversität eröffnen könnten.
Herr Fallmann, Sie gelten als Verfechter einer neuen Digitaluniversität am Standort Linz. Warum?
Linz erlebte in den 1980er- und 90erJahren eine Blütezeit der Informatik. Die JKU war bestens vernetzt mit der ETH Zürich und pflegte einen guten Austausch auch auf Ebene der Professoren. Leider wurde dann in ganz Europa Informatik bloß als Coding gesehen, das man getrost den Indern und den Amerikanern überlassen könne. Ein Irrweg. In gewisser Weise wünsche ich mir also die goldenen Zeiten zurück.
Ist man mit der HTL Leonding, der JKU und der FH OÖ nicht gut genug aufgestellt?
Das sind drei wichtige Säulen, aber von der Weltspitze wie bei einer ETH Zürich oder einer TU München sind wir weit weg. Außerdem ist ja
der entscheidende Punkt, dass so eine neue TU nicht ein „More of the Same“sein soll. Die Ausbildung müsste generalistischer und interdisziplinärer und internationaler angedacht werden, um Absolventen zu schaffen, die in der Lage sind, den gesamten digitalen Wertschöpfungsprozess und digitale Geschäftsmodelle entwickeln zu können. Es muss dabei möglich sein, dass jeder, der einen Bakk-Abschluss hat, an der neuen Uni in Linz einen Digitalmaster
macht, egal aus welcher Disziplin er kommt.
Digitalisierung als Querschnittsthema der TU?
Genau. Wir sollten nicht Gefangene einer Disziplin „heranzüchten“, sondern selbstbestimmte IT-Architekten, die die Zusammenhänge unserer komplexen Wissensgesellschaft erkennen und daraus mit digitaler Ingenieurskunst neue, kreative Lösungen entwickeln. Man darf nicht vergessen, in welcher Zeit wir leben. Softwareentwickler werden mit jedem Tag wichtiger. Software definiert den zukünftigen Wohlstand Europas. Und wenn diese Software aus Asien oder Amerika kommt, werden wir in Europa weniger Wohlstand haben. Wenn Europa die digitalen Markterfolge der USA und Asiens aufholen will, braucht es mehr softwaredominierte Unternehmen, und das heißt auch die Unterstützung sowie Umsetzung von an Hochschulen entstehenden Innovationen. Genau diesen Weg könnte man mit der neuen Technischen Universität mit den Schwerpunkten Digitalisierung und digitale Transformation fördern.
Das bedeutet, Entrepreneurship zu vermitteln?
Selbstverständlich. Der wirtschaftliche Zugang und der Unternehmergeist sollten eine tragende Säule der Digitaluni sein. Erfolgreiche Wissenschafts-Wirtschafts-Kooperationen ermöglichen den Zugang zum Knowhow der Spitzenforschung, fördern Synergien und spielen für Standortentscheidungen und in der Regionalpolitik eine wesentliche Rolle. Ich hoffe stark, dass es gelingt, diesbezüglich in absehbarerer Zeit endlich das 21. Jahrhundert einzuläuten. Allerspätestens dann steht der TU Linz als europäischer Kristallisationspunkt für digitales Entrepreneurship nichts mehr im Wege.