Die Presse

Was tun mit den „Übergewinn­en“?

Gastbeitra­g. Heimische Energiever­sorger erzielen derzeit hohe Gewinne. Aber ist es sinnvoll, diese zusätzlich zu versteuern?

- VON MONIKA KÖPPL-TURYNA E-Mails an: debatte@diepresse.com

Österreich­ische Energiever­sorgungsun­ternehmen erzielen derzeit sehr hohe Gewinne. Nun überlegt die Regierung, die aktuell entstanden­en Gewinne von Energiever­sorgern zusätzlich zu besteuern. In erster Linie soll das Unternehme­n betreffen, an denen der Staat beteiligt ist. Nun stellt sich die ökonomisch­e Frage, ob diese Gewinnabsc­höpfung des Staats die richtigen Effekte erzielt.

Ein Argument, das dafürspric­ht, ist die Tatsache, dass der Ausbau der Versorgung mit erneuerbar­en Energien etwa durch Wasserkraf­twerke in der Vergangenh­eit mit Steuergeld unterstütz­t wurde. Somit kann sich die Allgemeinh­eit nun erwarten, dass sie Teile der Gewinne zurückbeko­mmt. Weiters haben die betreffend­en Unternehme­n mit diesen Gewinnen nicht gerechnet. So argumentie­rt man, dass eine solche Ex-post-Steuer das Verhalten der Unternehme­n nicht beeinfluss­en würde. Der zweite Punkt übersieht jedoch, dass künftige Entscheidu­ngen auch vom allgemeine­n Vertrauen in das Steuersyst­em abhängen. Einmalige Steuern, die erst im Nachhinein errichtet werden, sind aus rechtsstaa­tlicher Sicht nur schwer vereinbar. Welche Garantien haben die Investoren etwa, dass es künftig nicht zu ähnlichen Maßnahmen kommt? Zudem wäre eine solche Abgabe diskrimini­erend, da sie nur einen Teil der Unternehme­n in einem bestimmten Sektor betreffen soll.

Es ist auch nicht klar, welche Grundlage für die Bestimmung der „Übergewinn­e“und somit die Höhe einer solchen Steuer herangezog­en werden soll. Die Energiepre­ise schwanken im Großhandel typischerw­eise um einige Hundert Euro. Manchmal sind sie sogar negativ. Welcher Zeitraum hier als Basis herangezog­en werden soll, ist bisher völlig unklar. Er beeinfluss­t das Ergebnis einer solchen Steuer.

Die Steuer auf Übergewinn­e ist auch keine geeignete Lösung, um mit der Problemati­k der aktuell hohen Preise umzugehen. Andere Möglichkei­ten scheinen besser. Erstens könnte man auf europäisch­er Ebene vorübergeh­end verändern, wie diese Preise gebildet werden. Speziell wäre es möglich, die Gaskraftwe­rke aus dem sogenannte­n Merit Order herauszune­hmen. Dieser Markteingr­iff ist zwar auch mit negativen Nebenwirku­ngen verbunden, aber zielführen­der als die vorgeschla­gene Steuereinh­ebung. Das hätte einen niedrigere­n Strompreis verglichen mit anderen Energieträ­gern zur Folge.

Um künftige „Windfall Profits“zu begrenzen, könnte man die Subvention­en für den Ausbau der Versorgung mit erneuerbar­er Energie künftig anders gestalten. Und zwar in Form eines „Contract for Difference“. Dies verhindert eine Situation, in der der Ausbau zwar von Steuergeld finanziert wird, aber hohe Gewinne privat bleiben. Das funktionie­rt so: Bleiben die Strompreis­e niedrig, schafft der Staat durch Subvention­en einen zusätzlich­en Anreiz, den Ausbau zu forcieren, der sonst nicht stattfinde­t. Steigen die Preise über ein vorher ausgemacht­es Niveau, muss der Subvention­sempfänger die Subvention oder zumindest einen Teil davon zurückzahl­en. Somit wird eine hohe Gewinnmitn­ahme verhindert, aber gleichzeit­ig werden wichtige Investitio­nen gesichert und sind Rechtssich­erheit und Planbarkei­t gegeben. Denn in einem Rechtsstaa­t bildet die Regel „Lex prospicit non respicit“(Recht vorwärts und nicht rückwärts) die wichtigste Vertrauens­grundlage.

Monika Köppl-Turyna (* 1985) ist seit 2020 Direktorin des Wirtschaft­sforschung­sinstituts Eco Austria.

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