Was tun mit den „Übergewinnen“?
Gastbeitrag. Heimische Energieversorger erzielen derzeit hohe Gewinne. Aber ist es sinnvoll, diese zusätzlich zu versteuern?
Österreichische Energieversorgungsunternehmen erzielen derzeit sehr hohe Gewinne. Nun überlegt die Regierung, die aktuell entstandenen Gewinne von Energieversorgern zusätzlich zu besteuern. In erster Linie soll das Unternehmen betreffen, an denen der Staat beteiligt ist. Nun stellt sich die ökonomische Frage, ob diese Gewinnabschöpfung des Staats die richtigen Effekte erzielt.
Ein Argument, das dafürspricht, ist die Tatsache, dass der Ausbau der Versorgung mit erneuerbaren Energien etwa durch Wasserkraftwerke in der Vergangenheit mit Steuergeld unterstützt wurde. Somit kann sich die Allgemeinheit nun erwarten, dass sie Teile der Gewinne zurückbekommt. Weiters haben die betreffenden Unternehmen mit diesen Gewinnen nicht gerechnet. So argumentiert man, dass eine solche Ex-post-Steuer das Verhalten der Unternehmen nicht beeinflussen würde. Der zweite Punkt übersieht jedoch, dass künftige Entscheidungen auch vom allgemeinen Vertrauen in das Steuersystem abhängen. Einmalige Steuern, die erst im Nachhinein errichtet werden, sind aus rechtsstaatlicher Sicht nur schwer vereinbar. Welche Garantien haben die Investoren etwa, dass es künftig nicht zu ähnlichen Maßnahmen kommt? Zudem wäre eine solche Abgabe diskriminierend, da sie nur einen Teil der Unternehmen in einem bestimmten Sektor betreffen soll.
Es ist auch nicht klar, welche Grundlage für die Bestimmung der „Übergewinne“und somit die Höhe einer solchen Steuer herangezogen werden soll. Die Energiepreise schwanken im Großhandel typischerweise um einige Hundert Euro. Manchmal sind sie sogar negativ. Welcher Zeitraum hier als Basis herangezogen werden soll, ist bisher völlig unklar. Er beeinflusst das Ergebnis einer solchen Steuer.
Die Steuer auf Übergewinne ist auch keine geeignete Lösung, um mit der Problematik der aktuell hohen Preise umzugehen. Andere Möglichkeiten scheinen besser. Erstens könnte man auf europäischer Ebene vorübergehend verändern, wie diese Preise gebildet werden. Speziell wäre es möglich, die Gaskraftwerke aus dem sogenannten Merit Order herauszunehmen. Dieser Markteingriff ist zwar auch mit negativen Nebenwirkungen verbunden, aber zielführender als die vorgeschlagene Steuereinhebung. Das hätte einen niedrigeren Strompreis verglichen mit anderen Energieträgern zur Folge.
Um künftige „Windfall Profits“zu begrenzen, könnte man die Subventionen für den Ausbau der Versorgung mit erneuerbarer Energie künftig anders gestalten. Und zwar in Form eines „Contract for Difference“. Dies verhindert eine Situation, in der der Ausbau zwar von Steuergeld finanziert wird, aber hohe Gewinne privat bleiben. Das funktioniert so: Bleiben die Strompreise niedrig, schafft der Staat durch Subventionen einen zusätzlichen Anreiz, den Ausbau zu forcieren, der sonst nicht stattfindet. Steigen die Preise über ein vorher ausgemachtes Niveau, muss der Subventionsempfänger die Subvention oder zumindest einen Teil davon zurückzahlen. Somit wird eine hohe Gewinnmitnahme verhindert, aber gleichzeitig werden wichtige Investitionen gesichert und sind Rechtssicherheit und Planbarkeit gegeben. Denn in einem Rechtsstaat bildet die Regel „Lex prospicit non respicit“(Recht vorwärts und nicht rückwärts) die wichtigste Vertrauensgrundlage.
Monika Köppl-Turyna (* 1985) ist seit 2020 Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria.