Zwischen Himmel und Hölle
Film. Neuer „Tatort“: „Das Tor zur Hölle“. Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer erzählen über ihre persönliche Einstellung zu Glaube und Exorzismus.
Ein katholischer Priester, der am Ende einer Treppe tot aufgefunden wird – ein Amulett mit einem Satanssymbol in seinen Händen.
Im neuen Tatort „Das Tor zur Hölle“begeben sich Harald Krassnitzer als Moritz Eisner und Adele Neuhauser als Bibi Fellner nicht nur auf die Suche nach dem Mörder. Die beiden Ermittler suchen diesmal auch nach Antworten auf die Fragen, was Besessenheit mit Menschen macht und ob es das legendenumwobene „Tor zur Hölle“in Wien tatsächlich gibt. Fellner und Eisner geraten zunehmend in eine Welt, die sich mit der realen zu verstricken beginnt. Sie fürchten dabei weder Tod noch Teufel.
Wobei es auch nicht viel zu fürchten gibt, wenn man an das Gefürchtete nicht glaubt. Sowohl im Film als auch im echten Leben hält Harald Krassnitzer nicht viel von okkulten Kräften, übernatürlichen Phänomenen und teuflischen Begegnungen, wie er bei einem gemeinsamen Abendessen der „Presse“erzählt. Die Thematik ist freilich kontrovers. „Wir dringen mit dem Thema Glaube in ein sehr umstrittenes Thema ein. Wir dringen auch in das Thema des Exorzismus ein, was ja ebenfalls sehr umstritten ist“, sagt er.
Das Gefühl von Angst
Nachdem es aber nach wie vor in diversen Diözesen üblich ist, dass sich ein Exorzismusbeauftragter um bestimmte Phänomene kümmert, diese auch meldet und zu dokumentieren hat, ist das Thema für Krassnitzer durchaus noch real. „Ich selbst glaube nicht daran, aber sehr wohl an bestimmte parapsychologische Phänomene, die aber etwas mit einer Verdichtung von Dingen zu haben und weniger mit Okkultismus“, so Krassnitzer. Er erklärt sich etwa Psychosen oder Schizophrenie mit psychologischen Momenten so, „dass Menschen in sich Speicher tragen oder auch Traumata haben, die oft in sehr verquerer Form herauskommen können.“
Das Ziel des Films sei, zwischen diesen beiden Welten einen realen Schluss zu finden, „dass sich da eben jemand fälschlicherweise in einer Welt eingefunden hat, von der er so überzeugt ist, dass er einen Dämon verkörpert, der hier etwas zum Ausdruck bringen muss“, so Krassnitzer. Die persönliche Hölle sei für ihn die Erregungskultur, „dieses tägliche Getriggertwerden mit Dingen, die nicht hinterfragt werden.“Der persönliche Himmel hingegen, „wenn ich mich dabei
erwische, wie ich persönliche Vorurteile über jemanden überwinde“.
Der „Tatort“sei Resonanzboden für alles, was in der Gesellschaft passiere, und das zeichne ihn auch deshalb aus, sagte ORF-Fernsehfilmchefin Katharina Schenk zu Beginn des Abendessens mit einigen Schauspielern, die bei der neuen Folge mitwirkten. Dadurch entstehe eine Vielfalt an Annäherungen, an Menschen, an Themen und an die Gesellschaft. „Tatort“ist aber mit seiner neuen Folge, für die 21 Drehtage anberaumt waren, vor allem auch ein Resonanzboden für das Gefühl von Angst, das gerade in diesen Zeiten auf vielen verschiedenen Ebenen in der Gesellschaft spürbar ist. Und das „Tor zur Hölle“, das am 2. Oktober auf ORF zu
sehen sein wird, ist nicht zuletzt auch eine Form, diese Angst zu erzählen. Es ist eine Gratwanderung zwischen zwei Welten, die aufeinandertreffen und sich zunehmend ineinander verstricken. „Es ist faszinierend, dieses Unbekannte, weil selbst wenn du nicht daran glaubst, ist da eine Energie“, sagt Neuhauser, die weder an Hölle noch an Himmel glaubt, aber „nur weil ich nicht an die katholische Kirche glaube, heißt das ja nicht, dass ich kein gläubiger Mensch bin“. Sie habe schon viele Menschen verloren, die ihr nahegestanden sind, „und sie sind da. Ich glaube an Energie. Es gibt Momente, in denen ich ihre Energie brauche, und wenn ich sie wirklich ernsthaft einfordere, krieg ich sie auch. Das sind Geschenke.“
Was Neuhausers persönlicher Himmel und persönliche Hölle sind? „Mein persönlicher Himmel ist bei den Kindern“, sagt sie strahlend und fährt fort: „Leider sehe ich, dass wir Menschen unsere Erde zur Hölle machen. Das ist das, was mich am meisten erschüttert und quält. Und besonders wenn ich auf die Kinder schaue, die jetzt um mich heranwachsen. Wir sind so verantwortungslos.“Damit öffne man das Tor zur Hölle, „und da hat jeder seine Hölle, jeder. Bei dem einem fängt sie schon im Vorzimmer an und beim anderen im Keller.“