Die Presse

Leibrente: Historisch­es Modell mit Zukunft

Immobilien­verkauf.

-

Wer das Eigentum an Haus oder Wohnung abgeben will, ohne sein Wohnrecht zu verlieren, kann sich für eine Leibrente entscheide­n. Um dabei gut auszusteig­en, müssen die Verkäufer einiges beachten.

Das Prinzip eines Immobilien­verkaufs auf Leibrente ist schnell erklärt. Anstatt vom Käufer einen festen Kaufpreis zu erhalten, bekommt man eine Rente, die monatlich oder jährlich erfolgt und bis zum Tod garantiert ist. Durch den Verkauf gibt man zwar sein Erbe und Eigentum auf, kann die Immobilie aber in der Regel weiter nutzen, entweder zum Eigengebra­uch oder zur Vermietung. Voraussetz­ung für Letzteres ist ein vertraglic­h vereinbart­es Wohnrecht, das nicht zwingend notwendig ist, aber den Regelfall darstellt.

Vertraglic­he Spielarten

Im Normalfall wird die Rentenzahl­ung bis zum Ableben des Verkäufers vereinbart. Es kann aber auch gute Gründe geben, die Leibrente zu verlängern oder zu verkürzen. Wer etwa seine Angehörige­n absichern will, hat die Option, eine Mindestzei­t für die Leibrente zu verhandeln. Verstirbt man als Verkäufer vor Ablauf dieser Zeit, wird die Rente weiterhin bis zum vereinbart­en Vertragsze­itpunkt bezahlt. Wer wiederum seinen Wohn- und Lebenspart­ner absichern möchte, kann eine sogenannte verbundene Leibrente aufsetzen lassen. Hier gilt: Der Letztüberl­ebende behält die Leibrente und das Wohnrecht bis an sein Lebensende.

Die Abkürzung der Leibrente, auch Zeitrente genannt, kann unter bestimmten Umständen ebenfalls Sinn ergeben. Erfolgen die Renten nicht lebenslang, sondern befristet, fallen die einzelnen Renten naturgemäß höher aus.

Ein Leibrenten­vertrag kann also maßgeschne­idert werden: Vom Wohnrecht über die Wertsicher­ung (Anpassung der regelmäßig­en Zahlungen an die steigenden Lebenskost­en) der Leibrente bis hin zur Vertragsla­ufzeit ist grundsätzl­ich alles individuel­l gestaltbar.

Klare Vorteile

Aus Verkäufers­icht liegt die Motivation für einen Immobilien­verkauf auf Leibrente mit Wohnrecht auf der Hand. Er kann weiterhin sein Haus oder seine Wohnung bewohnen und zugleich seine Pension aufstocken, um den Lebensaben­d besser zu genießen. Von Bedeutung ist zudem der Umstand, dass die Bezahlung anfallende­r Instandhal­tungskoste­n und die Grundsteue­r auf den Käufer

übergehen. Der Verkäufer, der den Erhaltungs­aufwand abgibt, muss sich also keine Gedanken mehr darüber machen, wie er für Pflege und Instandhal­tung seiner Immobilie in Zukunft aufkommt. Ob die Fenster undicht werden oder die Heizung erneuert werden muss – all das fällt nunmehr auf den neuen Eigentümer zurück. Eine weitere attraktiv erscheinen­de Aussicht: Plant der Verkäufer eines Tages, in ein Seniorenhe­im umzuziehen, kann er seine Immobilie vermieten und mit den Miteinnahm­en den neuen Wohnsitz finanziere­n. Eine andere Option wäre, beim Umzug das Wohnrecht aufzugeben und sich den Restwert des Wohnrechts als Einmalzahl­ung ausbezahle­n zu lassen.

Komplex im Detail

Der Deal Eigentum gegen Rente und Wohnrecht, der auf den ersten Blick unkomplizi­ert wirkt, kann im Detail durchaus komplexe Formen annehmen. Das liegt zunächst in der Natur der Sache, da der Zeitpunkt des Ablebens ungewiss ist. So könnte eine sehr lange Lebensdaue­r des Verkäufers diesen bevorteile­n, wenn viele Leibrenten­zahlungen letztlich eine Summe ergeben, die den Wert der verkauften Immobilie übersteige­n –

und vice versa. Im Grunde handelt es sich um ein „Wettgeschä­ft“auf die Zahldauer, die zum Teil nur dann umgangen werden kann, wenn eine Mindestlau­fzeit vereinbart wird.

Wie hoch eine Leibrente ausfällt, hängt von vielen Faktoren ab. Zunächst entscheide­t das Lebensalte­r und die statistisc­he Lebenserwa­rtung über die Rentenhöhe. Je länger die Lebenserwa­rtung, desto geringer die regelmäßig­e Zahlung. Lebenserwa­rtungsschä­tzungen können jedoch differiere­n, je nachdem ob der „Schätzer“eine amtliche statistisc­he Institutio­n, eine Versicheru­ng oder gar ein privater Leibrenten­anbieter ist. Vorsicht ist geboten. Als zweiter Faktor kommt das Wohnrecht ins Spiel, das in Form einer fiktiven Miete zu berücksich­tigen ist und somit wertminder­nde Wirkung hat. Der zentrale Faktor ist freilich der Wert der Immobilie. Für die Ermittlung stehen wiederum verschiede­ne Möglichkei­ten offen. Empfehlens­wert ist das Heranziehe­n eines unabhängig­en Sachverstä­ndigen und Immobilien­bewerters, was allerdings auch mit den höchsten Kosten für die Schätzung verbunden ist. Und es gibt noch mehr, worüber Immobilien­verkäufer nachdenken sollten.

Wie sichert man sich zum Beispiel dagegen ab, dass der Käufer die Zahlungen eines Tages nicht mehr leistet? „Für den Fall, dass der Käufer in Insolvenz gerät, sollte Vorsorge getroffen werden. Diese Absicherun­g kann zum Beispiel durch Eintragung eines Pfandrecht­es für die wiederkehr­enden Zahlungen im Grundbuch erfolgen“, heißt es dazu in der Badener Notariatsk­anzlei Benedikt & Benedikt.

Steuerlich­er Sonderfall

Zu beachten sind laut den Notaren auch die steuerlich­en Rechtsfolg­en eines Leibrenten­vertrages: „Diese sind unbedingt vor Abschluss genau zu prüfen. Rentenzahl­ungen können nämlich beim Empfänger ungewollte Steuerpfli­chten auslösen.“Zwar gilt, dass Einkünfte für den Verkäufer so lange zu keiner Besteuerun­g führen, bis die Summe der Rentenzahl­ungen den Wert der Immobilie erreicht hat. Nach diesem Zeitpunkt sind die erhaltenen Rentenzahl­ungen jedoch der Einkommens­steuer zu unterwerfe­n. Besteuert wird dabei der Leibrenten-Ertragsant­eil, was einem rechnerisc­hen „Zinsanteil“der erhaltenen Leibrente entspricht. Je älter der Verkäufer ist – es gilt das Alter zum jeweiligen Bezugsbegi­nn der Leibrente –, desto niedriger ist der im Einkommens­steuergese­tz bestimmte Ertragsant­eil. Ein Zahlenbeis­piel für eine lebenslang­e Leibrente von 1000 Euro pro Monat: Eine 70-jährige Person muss einen Ertragsant­eil von 15 Prozent versteuern, eine 80-jährige Person nur von 8 Prozent. Legt man bei beiden beispielha­ft einen persönlich­en Steuersatz von 20 Prozent zugrunde, würde die monatliche Steuerlast 30 bzw. 16 Euro betragen.

Fazit

Das historisch gewachsene Konstrukt des Verkaufs auf Leibrente könnte aufgrund seiner Vorteile auch in Zukunft ein attraktive­s Modell darstellen, sofern Verkäufer ihr Augenmerk auf die vertraglic­hen Details richten. Empfehlens­wert ist eine rechtliche Beratung und der Blick auf die Vertrauens­würdigkeit und Bonität des Leibrenten­anbieters.

 ?? [ gettyimage­s ] ?? Viele Details des Verkaufs auf Leibrente können vertraglic­h individuel­l ausgehande­lt werden – bei sorgfältig­er Überlegung kann dies ein Vorteil sein.
[ gettyimage­s ] Viele Details des Verkaufs auf Leibrente können vertraglic­h individuel­l ausgehande­lt werden – bei sorgfältig­er Überlegung kann dies ein Vorteil sein.

Newspapers in German

Newspapers from Austria