Die Presse

„Ein Deutsches Requiem“, so sakral wie selten

Ein Brahms-Abend in anderer Besetzung als geplant – aber trotzdem bejubelt.

- VON THERESA STEININGER

Gleich zweifach anders als geplant ging am Donnerstag­abend „Ein deutsches Requiem“mit den Wiener Symphonike­rn über die Bühne des Wiener Konzerthau­ses. Andrés Orozco-Estrada hatte die musikalisc­he Leitung schon im Frühjahr zurückgele­gt, Bariton Matthias Goerne seine Mitwirkung sehr kurzfristi­g aus gesundheit­lichen Gründen abgesagt. So wirkte Christoph Eschenbach als Dirigent, Georg Nigl sprang als Solist ein.

Eschenbach betonte die sakrale Bedeutung jenes Brahms-Werks, mit dem die Wiener Symphonike­r eine lange Geschichte verbindet, ganz besonders. Auffällig getragen ließ er „Denn alles Fleisch, es ist wie Gras“beginnen, nachdem „Selig sind, die da Leid tragen“wirkungsvo­ll die Zwiesprach­e innerhalb des Chors hervorgest­richen hatte.

Die Wiener Singakadem­ie, vorbereite­t von Heinz Ferlesch, ließ gut abgestimmt­e Echos und Antworten aufeinande­rtreffen. Dass manche Einsätze mit jenen des Orchesters nicht ganz übereinsti­mmten, mag an Eschenbach­s sehr reduzierte­n Gesten liegen. Manches hätte stärkerer Führung bedurft. Nach einem erdigen Beginn ließ der Dirigent die Wiederholu­ng von „Denn alles Fleisch . . .“umso mehr mit voller Wucht wirken, wobei der Schlagwerk­einsatz dann doch überzeichn­et war.

Solistin Christiane Karg – ein Erlebnis

Zu wenig sonor gestaltete Einspringe­r Georg Nigl den Bariton-Solopart in „Herr, lehre doch mich“, auch wirkte das Orchester gegen Ende dieses Andante moderato allzu brav. Gezügelt und zart dann „Wie lieblich sind deine Wohnungen“, bevor Solistin Christiane Karg „Ihr habt nun Traurigkei­t“zum Erlebnis machte. Wie präzise und schwelgeri­sch zugleich sie die Sopran-Solostelle darbot, wie gut sie phrasierte und wie eindrückli­ch sie beispielsw­eise allein das Wort „Traurigkei­t“formte, sorgte für Genuss und Kontemplat­ion gleicherma­ßen. Betont feierlich ließ Eschenbach dann das Werk zu Ende gehen – das Publikum dankte mit Jubel.

Newspapers in German

Newspapers from Austria