Glücklich ist, wer das nicht vergisst!
Die „Fledermaus“, konzertant im Grazer Musikverein: Ein heiteres Saisonfinale der Extraklasse.
Zum Ausklang der Spielzeit darf es auch einmal Champagnerlaune pur sein – zumal dann, wenn ein Könner wie Wolfgang Gratschmeier für das halbszenische Arrangement dieser „Fledermaus“sorgt. Christiane Karg und Mauro Peter sind als Rosalinde und Eisenstein zu erleben, am Pult des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien steht Emmanuel Tjeknavorian: Der junge Österreicher, ein gefeierter Tausendsassa der internationalen Musikszene, dirigiert damit seine erste Operette.
Heiterkeit für triste Stunden
„Emmanuel und ich stehen in engem Austausch, er hat als Dirigent bei uns eine künstlerische Heimat gefunden“, erzählt Michael Nemeth, „und das noch vor seinem offiziellen Schwerpunktwechsel von der Geige zum Dirigentenpult.“Im Lockdown wurde sogar Mozarts „Jupiter-Symphonie“mit ihm und den Grazer Philharmonikern für TV-Kameras produziert, der Film ist in der Mediathek abrufbar. „Wir haben lange überlegt, was es braucht, das Publikum zu begeistern und ihm in einer tristen Zeit auch etwas Heiterkeit zu vermitteln. Von Opernideen sind wir aufgrund unserer beiderseitigen Liebe allgemein zur Wiener Unterhaltungsmusik und konkret zu Johann Strauß Sohn rasch abgekommen.“Die viel gespielte „Fledermaus“also, die aber im Detail gar nicht so umfassend
bekannt ist wie man annehmen möchte: Tjeknavorian will die üblichen Striche aufmachen, und das bedeutet sogar für langjährige Kenner des Werks so manch verblüfftes Aufhorchen – zum Beispiel durch die bei Bühnenaufführungen so gut wie nie gespielte Ballettmusik. Ein Reigen spanischer, schottischer, russischer, böhmischer (mit Gesangsduett!) und zuletzt ungarischer Tänze ist da zu erleben, ein quer durch Europa führendes Neujahrskonzert im Westentaschenformat geradezu, das zuletzt in Rosalindes feurigen Csardas mündet. Da kommen auch Raritätenjäger mit gespitzten Ohren auf ihre Kosten.
Wobei auch die sonstige Besetzung mit Originalität punkten kann. Mit Michael Schade als Prinz Orlofsky knüpft man nämlich an die Tradition der klassischen Verfilmung durch Otto Schenk an, bei welcher der gebürtige Grazer Karl Böhm am Pult stand. Damals war kein Geringerer als Wolfgang Windgassen in diesem sonst als Hosenrolle besetzten Part zu erleben: der große Wagnertenor von einst in selbstironischer Manier als angejahrter Lebemann. Neben Michael Schade sind u. a. Sebastian Holecek (Frank), Liviu Holender (Dr. Falke) und Miriam Kutrowatz (Adele) mit von der Partie, ebenso der Arnold Schoenberg Chor – sowie ein waschechter TV-Polizist (und studierter Opernsänger!) als Gefängnisdiener Frosch: Max Müller, der Michi Mohr aus den „Rosenheim Cops“.