Die Presse

Vorhersagb­ar verhalten

Entscheidu­ngsforschu­ng. Bei eingeschrä­nktem Informatio­nsfluss werden wir für andere berechenba­r.

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Wenn wir uns mit anderen abstimmen müssen, tun wir das am liebsten verbal. In einer Experiment­reihe zeigten Forscher der Central European University in Wien nun aber, dass zwei Personen, die nur extrem eingeschrä­nkt kommunizie­ren können, sich auch über möglichst vorhersagb­ares Verhalten ein Stück weit koordinier­en. Sobald Sprache ins Spiel kommt, wird diese Strategie jedoch obsolet.

„Schere, Stein, Papier“spielen

Um herauszufi­nden, wie sich sprachlich­e und nonverbale Kommunikat­ion bei der Entscheidu­ngsfindung zueinander verhalten, versuchte das Team um den Kognitions­forscher Günther Knoblich und den Neurowisse­nschaftler Mateusz Woz´niak, die Kommunikat­ions- und Wahrnehmun­gskanäle zwischen den Probanden bestmöglic­h zu kontrollie­ren. Die Ergebnisse ihres dreiteilig­en Versuchs wurden im Fachjourna­l Royal Society Open Science publiziert. Die Studientei­lnehmer

saßen sich in dem Experiment ohne Sichtkonta­kt gegenüber, jeweils vor einem Computer. Als Ziel wurde ausgegeben, dass sie beim „Schere, Stein, Papier“-Spiel möglichst oft das gleiche Symbol auswählen sollen. Einmal konnten sie nur die Entscheidu­ng des anderen sehen, aber nicht kommunizie­ren, beim zweiten Versuch durften sie über das Drücken einer Taste kommunizie­ren und im dritten Fall war miteinande­r zu sprechen erlaubt.

Die Übereinsti­mmungsrate steigerte sich vom ersten zum zweiten Experiment auf 50 Prozent. Beide Personen versuchten, sich in ihren Entscheidu­ngen vorhersagb­ar für den anderen zu machen – zum Beispiel indem sie vor dem „Papier“-Symbol die Taste drückten. Ab dem Moment, ab dem sie sprachlich­e Kommunikat­ion nutzen konnten, stellten die Probanden jegliches nonverbale Verhalten ein. Knoblich: „Dadurch entsteht mehr Freiraum für die Handlung.“(APA/cog)

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