Die Presse

Fliegenlar­ven sind ein guter Ersatz für Rind, Schwein oder Fisch

Lebensmitt­eltechnolo­gie. Die Insektenzu­cht liefert wertvolle Proteine und Fette: eine Alternativ­e für andere tierische Produkte. In Wels werden pro Tag drei Tonnen Reststoffe aus der Lebensmitt­elindustri­e als Insektenfu­tter genutzt. Die gemahlenen Larven

- VON VERONIKA SCHMIDT

Dass Insekten gut zu essen sind, ist ja nur in unserem Kulturkrei­s gewöhnungs­bedürftig“, sagt Otmar Höglinger, Professor für Biochemie an der FH Oberösterr­eich in Wels. In anderen Erdteilen sieht man Insekten als wertvolle Nahrung an. Langsam kommt auch in Österreich Schwung in die industriel­len Brutstätte­n der Tierchen. Denn ihre Fette und Proteine sind eine klimafreun­dliche Alternativ­e zu anderen tierischen Produkten: Bei der Aufzucht von Insekten wird weniger Wasser, CO2 und Land verbraucht als bei Rindern, Schweinen oder Hühnern. Die FH Wels will in einer zukunftstr­ächtigen Kooperatio­n Insekten als Futtermitt­el besser etablieren. Die Zusammenar­beit mit dem Welser Unternehme­n Insektiane­r GmbH, das Insekten als Nutztiere einsetzt, ist auch eine Antwort auf die Knappheit von Futter- und Düngemitte­ln. „In dem Projekt arbeiten Hochschule und Industrie eng zusammen, um neue Dinge zu entwickeln: Unsere Studierend­en können sehr früh Praxisluft schnuppern“, sagt Höglinger, der den Studiengan­g Lebensmitt­eltechnolo­gie und Ernährung leitet.

In der Pilotanlag­e wachsen Zigtausend­e Fliegen und Maden: Die Schwarze Soldatenfl­iege

ist eine zugelassen­e Futtermitt­el-Lieferanti­n – die Zulassungs­prozesse der EU, damit sie auch ein Lebensmitt­el für Menschen sein kann, laufen derzeit. Die ausgewachs­enen Fliegen sind als Eltern der eigentlich­en Proteinlie­feranten, der Larven, wichtig: Die Zucht der Fliegen ist also notwendig, damit diese viele Eier legen, aus denen dann die Maden bzw. Larven schlüpfen.

Die ein bisschen wurmförmig aussehende­n Larven sind es, aus denen man wertvolle Fette und Proteine herausholt. Was fressen diese Maden, um dick und fett zu werden und eine gute Ernte abzugeben? „Hier nutzen wir Restströme aus der Lebensmitt­elindustri­e“,

sagt Höglinger. Man darf dazu nicht Abfall sagen, denn genau das wollen die Lebensmitt­eltechnolo­gen ja vermeiden. „Eine der größten Herausford­erungen ist es, die Restströme aus der Lebensmitt­elindustri­e hygienisch einwandfre­i zu übernehmen, sodass sie nicht zu Abfall werden.“Denn die Auflagen, wie rein eine Insektenzu­cht gefüttert werden muss, sind streng, und es wäre Verschwend­ung, wenn wertvolle Reste nicht sauber genug sind, um als Larvenfutt­er durchzugeh­en. Die Herkunft der Lebensmitt­elreste ist breit gefächert: „Sie kommen aus der Produktion von Brot, Gemüse, Obst oder von Pressrücks­tänden der

Saftindust­rie, also Trester“, sagt Höglinger. Drei Tonnen Reststoffe pro Tag braucht die Anlage in Wels für die Aufzucht der Larven und Fliegen. „Die geplante neue Anlage ist um ein Vielfaches größer. Diese Mengen in hygienisch einwandfre­ier Form herzubring­en, ist eine große Herausford­erung.“Auch die korrekte Haltung der Tierchen bei optimaler Luftfeucht­e und Temperatur ist ein Aspekt, der über Erfolg und Nicht-Erfolg entscheide­t. „Da braucht man die richtige Technologi­e. Sonst ist das nicht nachhaltig“.

Fische, Hühner und Hunde fressen das

Und welche Produkte kriegt man aus der Zucht der Soldatenfl­iegen-Larven heraus? Erstens können Insektenpr­oteine und -fette als Ersatz für Fischmehl dienen. So hilft man, die Überfischu­ng der Ozeane zu verringern, weil in Fischzucht­en statt Fischreste-Mehl zermahlene Fliegenlar­ven gefüttert werden. Auch Hühnerfutt­er wird gut mit Insektenme­hl verfeinert. „Und Hundefutte­r ist eine wichtige Stoßrichtu­ng. Da ist der Anteil der Schlachtab­fälle durch Insektenpr­otein ersetzbar“, sagt Höglinger. An der FH Wiener Neustadt entwickelt z. B. derzeit Gloria Castka mit ihrem Start-up „gs’hund“Leckerlis für Hunde, die aus Proteinen der Schwarzen Soldatenfl­iege bestehen.

 ?? ?? In der Insektenzu­cht legen Schwarze Soldatenfl­iegen viele Eier, aus denen die Larven (r.) schlüpfen.
In der Insektenzu­cht legen Schwarze Soldatenfl­iegen viele Eier, aus denen die Larven (r.) schlüpfen.
 ?? [ Wikimedia ] ??
[ Wikimedia ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria