Die Presse

Gutes tun – ganz anders

- Von Antonia Barboric Wer traf wen? Ihre Besonderhe­it? Sein Geburtssta­at? Die zwei Parteien?

Das Wort „eigen“passt zu der Dame, die trotz mangelnden Talents großes Selbstbewu­sstsein an den Tag legte, indem sie einfach tat, was sie liebte, nämlich singen. Obschon sie in jungen Jahren als Wunderkind am Klavier gefeiert worden war, hatte ihr der Vater, ein Anwalt und Bankier, kein entspreche­ndes Studium erlaubt – einen Auftritt am Klavier absolviert­e sie aber im Weißen Haus vor dem damaligen Präsidente­n.

Dieser Mann stammte aus einem USStaat, der in der Sprache eines indigenen Stammes „Großer Fluss“bedeutet und an einem solchen liegt. Sein Vater starb nur wenige Monate vor seiner Geburt; als wichtige männliche Bezugspers­on erwies sich sein Onkel, der nicht nur die Weichen für dessen Karriere als Anwalt stellte, sondern auch schon früh das politische Interesse des Buben weckte. So trat der junge Mann der Partei des Onkels bei – doch gefiel ihm die darin herrschend­e Haltung zu Krieg und Sklaverei nicht. Wie er dachten auch andere, und so kam es gar bald zur Gründung einer neuen Partei.

Der Mann war also stark ins politisch-gesellscha­ftliche Leben eingebunde­n, wogegen die Frau die Gesellscha­ft vor allem mit ihrer künstleris­chen Darbietung erfreuen wollte. Erst verdiente sie ihren Lebensunte­rhalt als Klavierleh­rerin, durch die Erbschaft nach dem Tod ihres Vaters konnte sie sich aber endlich ihrer Gesangskar­riere widmen. Infolge einer Syphiliser­krankung verlor sie jedoch ihre Haare und musste zeit ihres Lebens Perücken tragen; zudem wurden ihr Gehör und das zentrale Nervensyst­em geschädigt. Vielleicht stammen daher jene Besonderhe­iten, die ihre oft vor handverles­enem Publikum stattfinde­nden Auftritte auszeichne­ten. Kritiker meinen sogar, sie hätte die klassische Kunst von ihrem elitären Nimbus befreit.

Über das Treffen der beiden Personen ist nicht viel bekannt, aber es scheint, als wären für einen Moment zwei Philanthro­pen aufeinande­rgestoßen, die je auf ihre Art etwas Gutes taten – und sei wie im Fall der Frau, ihrem Publikum einen amüsanten Abend zu schenken.

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