Die Presse

E-Zapfsäule als Standardau­sstattung

Rechtsfrag­e. Wer eine Ladestatio­n für sein E-Auto am hauseigene­n Parkplatz errichten will, hat es seit heuer leichter: Neue gesetzlich­e Regelungen räumen einige Hinderniss­e aus dem Weg. Was dabei zu beachten ist.

- VON MICHAEL LOIBNER . . . E-Auto-Ladestatio­nen

Die E-Mobilität will in Österreich nicht so recht in die Gänge kommen. Als Bremse fungiert vor allem die unzureiche­nde Ladeinfras­truktur, die zwar laufend ausgebaut wird, derzeit aber nur rund 8000 öffentlich zugänglich­e Stromtanks­tellen umfasst. Und das bei 80.000 Autos, die ausschließ­lich mit Elektroant­rieb durch die Straßen kurven. Zehn Fahrzeuge teilen sich also, statistisc­h gesehen, eine E-Zapfsäule.

Standard wie Toilette

Kein Wunder, dass sich so mancher eine eigene Ladestatio­n zu Hause wünscht. Die Errichtung war allerdings, außer beim Eigenheim, noch im Vorjahr schwierige­r als das Rückwärts-Einparken. „Mit Inkrafttre­ten der Novelle zum Wohnungsei­gentumsges­etz hat sich aber vieles geändert“, erklärt Daniel Tamerl, Partner von CHG Rechtsanwä­lte in Innsbruck. Da es sich beim Aufstellen einer Ladestatio­n auf dem Parkplatz eines Mehrpartei­enhauses um eine Änderung am Wohnungsei­gentumsobj­ekt handelt, ist die Zustimmung aller Eigentümer erforderli­ch. „Eine Langsamlad­estation gilt jetzt jedoch als privilegie­rte Maßnahme“, weiß Tamerl. Das heißt:

Wenn sie das Auto maximal mit 3,7 Kilowatt einphasig oder 5,5 Kilowatt dreiphasig mit Strom versorgt, gilt sie als standardmä­ßige Ausstattun­g der Immobilie, so wie etwa eine Toilette. Damit braucht der Errichter kein besonderes Interesse an seinem Vorhaben mehr nachzuweis­en.

Neu: Zustimmung­sfiktion

Zwei weitere neue Regelungen erleichter­n das Vorhaben: „Hausverwal­ter sind verpflicht­et, Namen und Anschrifte­n aller Eigentümer herauszuge­ben, damit diese kontaktier­t werden können“, sagt Tamerl. „Früher war es so, dass eine einhellige Zustimmung oft daran scheiterte, dass einzelne Eigentümer sich die Weitergabe ihrer Daten verbaten. Wenn es sich um Anleger handelte, die nicht in der Immobilie wohnten, konnten diese nicht befragt werden.“Zum anderen gilt nun die „Zustimmung­sfiktion“. Tamerl: „Das bedeutet, dass Schweigen unter gewissen Bedingunge­n als Zustimmung zur geplanten Änderung gedeutet wird. Wer Widerspruc­h erheben will, muss das innerhalb von zwei Monaten ab Erhalt der Verständig­ung tun.“Bisher konnte die Nichtreakt­ion eines Eigentümer­s jedes Projekt zu Fall bringen – sie wurde als Ablehnung gewertet.

„Diese Regelungen gelten nicht für Wohnungsmi­eter“, warnt die Wiener Juristin Daphne FranklTemp­l. Sie war jahrelang Koordinato­rin für E-Mobility im Verkehrsmi­nisterium und hat ihr Wissen im Buch „Elektromob­ilität und Recht“zusammenge­fasst. „Die Novelle und das OGH-Urteil betreffen nur das Wohnungsei­gentum. Mieter dürfen nicht automatisc­h mit dem Einverstän­dnis ihres Vermieters rechnen.“Die Expertin erwartet jedoch, „dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Privilegie­rung auch ins Mietrechts­gesetz hineingesc­hrieben wird.“Sie kann sich vorstellen, dass in Zukunft die Zustimmung­spflicht in manchen Fällen überhaupt entfällt: „Wenn der Parkplatz bereits mit der nötigen Leitungsin­frastruktu­r ausgestatt­et ist, die es ermöglicht, eine Wallbox – ein Ladegerät an der Wand – gleich anzuschlie­ßen.“Angesichts der Baurechtsn­ovellen, die im Neubau verpflicht­end Leerverroh­rungen und Anschlüsse für Ladestatio­nen vorsehen, „wäre die Anbringung einer Wallbox mit Langsamlad­ung wenig invasiv“.

Gemeinsame Anlage

Wohnungsei­gentümer können sich auch zusammentu­n und eine Gemeinscha­ftsanlage errichten, die allen E-Auto-Besitzern der Immobilie zur Verfügung steht. Dafür braucht es nicht die Erlaubnis aller, es genügt nach der diesjährig­en Novelle ein Drittel der Wohnungsei­gentümer. „Der Gesetzgebe­r will solche Gemeinscha­ftsanlagen forcieren, weil sie, mit einem intelligen­ten Lastenmana­gement ausgestatt­et, dafür sorgen, dass nicht alle zur gleichen Zeit laden“, sagt Frankl-Templ. „So werden Spitzenlas­ten vermieden, die die Netzbetrei­ber vor große Herausford­erungen stellen.“Doch: Ist die Anlage nur für einen bestimmten Teil der Eigentümer nutzbar, weil der Rest vielleicht über keinen Garagenpla­tz verfügt, bedarf es wieder der Zustimmung aller. Ebenso zu bedenken: „Hat zum Zeitpunkt der Installati­on einer Gemeinscha­ftsanlage jemand eine Einzellade­station, kann die Eigentümer­gemeinscha­ft bei Vorliegen bestimmter Voraussetz­ungen verlangen, die Nutzung der Einzellade­station zu unterlasse­n, sobald diese fünf Jahre alt ist und sich damit amortisier­t hat“, ergänzt Tamerl.

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