E-Zapfsäule als Standardausstattung
Rechtsfrage. Wer eine Ladestation für sein E-Auto am hauseigenen Parkplatz errichten will, hat es seit heuer leichter: Neue gesetzliche Regelungen räumen einige Hindernisse aus dem Weg. Was dabei zu beachten ist.
Die E-Mobilität will in Österreich nicht so recht in die Gänge kommen. Als Bremse fungiert vor allem die unzureichende Ladeinfrastruktur, die zwar laufend ausgebaut wird, derzeit aber nur rund 8000 öffentlich zugängliche Stromtankstellen umfasst. Und das bei 80.000 Autos, die ausschließlich mit Elektroantrieb durch die Straßen kurven. Zehn Fahrzeuge teilen sich also, statistisch gesehen, eine E-Zapfsäule.
Standard wie Toilette
Kein Wunder, dass sich so mancher eine eigene Ladestation zu Hause wünscht. Die Errichtung war allerdings, außer beim Eigenheim, noch im Vorjahr schwieriger als das Rückwärts-Einparken. „Mit Inkrafttreten der Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz hat sich aber vieles geändert“, erklärt Daniel Tamerl, Partner von CHG Rechtsanwälte in Innsbruck. Da es sich beim Aufstellen einer Ladestation auf dem Parkplatz eines Mehrparteienhauses um eine Änderung am Wohnungseigentumsobjekt handelt, ist die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich. „Eine Langsamladestation gilt jetzt jedoch als privilegierte Maßnahme“, weiß Tamerl. Das heißt:
Wenn sie das Auto maximal mit 3,7 Kilowatt einphasig oder 5,5 Kilowatt dreiphasig mit Strom versorgt, gilt sie als standardmäßige Ausstattung der Immobilie, so wie etwa eine Toilette. Damit braucht der Errichter kein besonderes Interesse an seinem Vorhaben mehr nachzuweisen.
Neu: Zustimmungsfiktion
Zwei weitere neue Regelungen erleichtern das Vorhaben: „Hausverwalter sind verpflichtet, Namen und Anschriften aller Eigentümer herauszugeben, damit diese kontaktiert werden können“, sagt Tamerl. „Früher war es so, dass eine einhellige Zustimmung oft daran scheiterte, dass einzelne Eigentümer sich die Weitergabe ihrer Daten verbaten. Wenn es sich um Anleger handelte, die nicht in der Immobilie wohnten, konnten diese nicht befragt werden.“Zum anderen gilt nun die „Zustimmungsfiktion“. Tamerl: „Das bedeutet, dass Schweigen unter gewissen Bedingungen als Zustimmung zur geplanten Änderung gedeutet wird. Wer Widerspruch erheben will, muss das innerhalb von zwei Monaten ab Erhalt der Verständigung tun.“Bisher konnte die Nichtreaktion eines Eigentümers jedes Projekt zu Fall bringen – sie wurde als Ablehnung gewertet.
„Diese Regelungen gelten nicht für Wohnungsmieter“, warnt die Wiener Juristin Daphne FranklTempl. Sie war jahrelang Koordinatorin für E-Mobility im Verkehrsministerium und hat ihr Wissen im Buch „Elektromobilität und Recht“zusammengefasst. „Die Novelle und das OGH-Urteil betreffen nur das Wohnungseigentum. Mieter dürfen nicht automatisch mit dem Einverständnis ihres Vermieters rechnen.“Die Expertin erwartet jedoch, „dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Privilegierung auch ins Mietrechtsgesetz hineingeschrieben wird.“Sie kann sich vorstellen, dass in Zukunft die Zustimmungspflicht in manchen Fällen überhaupt entfällt: „Wenn der Parkplatz bereits mit der nötigen Leitungsinfrastruktur ausgestattet ist, die es ermöglicht, eine Wallbox – ein Ladegerät an der Wand – gleich anzuschließen.“Angesichts der Baurechtsnovellen, die im Neubau verpflichtend Leerverrohrungen und Anschlüsse für Ladestationen vorsehen, „wäre die Anbringung einer Wallbox mit Langsamladung wenig invasiv“.
Gemeinsame Anlage
Wohnungseigentümer können sich auch zusammentun und eine Gemeinschaftsanlage errichten, die allen E-Auto-Besitzern der Immobilie zur Verfügung steht. Dafür braucht es nicht die Erlaubnis aller, es genügt nach der diesjährigen Novelle ein Drittel der Wohnungseigentümer. „Der Gesetzgeber will solche Gemeinschaftsanlagen forcieren, weil sie, mit einem intelligenten Lastenmanagement ausgestattet, dafür sorgen, dass nicht alle zur gleichen Zeit laden“, sagt Frankl-Templ. „So werden Spitzenlasten vermieden, die die Netzbetreiber vor große Herausforderungen stellen.“Doch: Ist die Anlage nur für einen bestimmten Teil der Eigentümer nutzbar, weil der Rest vielleicht über keinen Garagenplatz verfügt, bedarf es wieder der Zustimmung aller. Ebenso zu bedenken: „Hat zum Zeitpunkt der Installation einer Gemeinschaftsanlage jemand eine Einzelladestation, kann die Eigentümergemeinschaft bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen verlangen, die Nutzung der Einzelladestation zu unterlassen, sobald diese fünf Jahre alt ist und sich damit amortisiert hat“, ergänzt Tamerl.