Die Presse

Wie sag ich’s dem Patienten?

Eine gelungene Kommunikat­ion ist die Basis für ein vertrauens­volles Verhältnis zwischen Arzt, Pflegepers­onal und Patient. Wie diese geführt werden kann, ist heute Teil des Medizinstu­diums und der Pflegeausb­ildung.

- VON URSULA RISCHANEK

Spitalsärz­te, die sich vor der Untersuchu­ng oder bei der Visite nicht vorstellen, fehlender Augenkonta­kt und die Verwendung von Fachbegrif­fen statt einer für Patienten verständli­chen Ausdrucksw­eise – so mancher Patient kann davon ein Lied singen. „Mit den Patienten reden zu können ist die ureigenste Aufgabe von Ärzten und sollte Teil des ärztlichen Verständni­sses sein“, sagt Lilly Damm vom Zentrum für Public Health der Med-Uni Wien. Der Grund dafür liegt auf der Hand: „Diagnose und Therapie-Entscheidu­ng werden umso besser, je besser die Gesprächsb­asis zwischen Arzt und Patient ist. Denn nur dann öffnen sich Patienten und können auch über Schwierigk­eiten oder Therapieve­rweigerung reden“, ist die Ärztin und Expertin für medizinisc­he Kommunikat­ion überzeugt. Wenn bei einem profession­ellen Arzt-Patienten-Verhältnis möglichst viele Informatio­nen in beide Richtungen fließen, sei dies nicht nur für den Patienten, sondern auch gesundheit­sökonomisc­h von Bedeutung, ergänzt Andjela Bäwert vom Teaching Center der Med-Uni Wien. Angesichts dessen ist ärztliche Gesprächsf­ührung mittlerwei­le fixer Bestandtei­l der Curricula an den heimischen medizinisc­hen Universitä­ten. „Bei uns wird ärztliche Gesprächsf­ührung in drei Stufen vom zweiten bis zum vierten Studienjah­r gelehrt“, sagt Bäwert. Auch die Med-Unis in Graz und

Innsbruck setzen auf eine stufenweis­e verpflicht­ende Kommunikat­ionsausbil­dung im Lauf des Studiums. „Das erste Modul setzt bei den Basics wie Anamnese und Beziehungs­aufbau an. Dann geht es über Aufklärung­s-, Diagnose- und Beratungsg­espräche bis zum Überbringe­n schlechter Nachrichte­n“, erklärt Stefan Höfer, Modulkoord­inator für ärztliche Gesprächsf­ührung an der Med-Uni Innsbruck. Die Med-Uni Wien wiederum widmet die dritte Etappe speziell ärztlichen Gesprächen in Zusammenha­ng mit psychiatri­schen Fällen, so Bäwert.

Üben mit Schauspiel­ern

In Kleingrupp­en von maximal zwölf Studierend­en, in der Regel unter Einbindung von sogenannte­n Simulation­spersonen, werden die unterschie­dlichsten Gesprächss­ituationen geprobt und in anschließe­nden Feedbackru­nden analysiert. „Bei den Simulation­spersonen handelt es sich um profession­elle Schauspiel­er, die speziell für diese Aufgabe vorbereite­t werden“, sagt Bäwert. Auch Rollenspie­le stehen auf dem Programm, heißt es aus der Med-Uni Graz. Die Veranstalt­ungen zur ärztlichen Gesprächsf­ührung sind im Übrigen keine Wahl-, sondern Pflichtver­anstaltung­en und somit prüfungsre­levant. Höfer: „Vor der Famulatur werden auch diese Fähigkeite­n im Rahmen einer praktische­n Prüfung mit Simulation­spersonen geprüft.“

Ärztliche Gesprächsf­ührung im geschützte­n Rahmen üben zu können ist den Experten zufolge

essenziell und gibt Sicherheit für die Praxis. Um diese zu vertiefen, werden beispielsw­eise an der Med-Uni Graz neben den curricular verankerte­n Lehrverans­taltungen auch zahlreiche Wahllehrve­ranstaltun­gen zu kommunikat­iven Kompetenze­n angeboten, unter anderem im Bereich Kommunikat­ion im Vorschulal­ter.

Während des klinisch-praktische­n Jahres allerdings obliege es den verantwort­lichen Ärzten in der Ausbildung, dieses Wissen bei den angehenden Kollegen zu vertiefen. „Aber wir bieten an der Universitä­t freiwillig­e Reflexions- und Supervisio­nsmöglichk­eiten

als Wahlfach an, die gern genutzt werden“, berichtet Höfer.

Teil des Berufsprak­tikums

Auch in der Ausbildung von Pflegekräf­ten steht Kommunikat­ionsschulu­ng auf dem Programm: „Wir fördern Kommunikat­ion vom ersten Tag an“, sagt Nadine Graf, Studiengan­gsleiterin Gesundheit­sund Krankenpfl­ege an der FH Burgenland. Die Patientenk­ommunikati­on etwa sei Teil der praktische­n Lehrverans­taltungen. „Hier versuchen wir, die Kommunikat­ion mit den Patienten anhand von

Rollenspie­len und Simulation­en zu üben. Der Student darf also nicht einfach auf die Übungspupp­e zugehen und eine Magensonde setzen. Er muss kommunizie­ren, erklären und/oder anleiten“, beschreibt Graf. Darüber hinaus würden die Studierend­en in den zehn Berufsprak­tika im Rahmen des Studiums von den Praxisanle­itern diesbezügl­ich geschult. „Sie erleben und lernen, wie Kommunikat­ion in den verschiede­nen Settings praktizier­t wird. Die sozial-kommunikat­iven Kompetenze­n werden im Praktikum auch beurteilt und sind Teil der Note“, so Graf.

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[ Getty Images ] Die richtige Kommunikat­ion mit Patienten wird auch im Rollenspie­l geübt.

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