Die Presse

Wie man mit Währungen Gewinne macht

- VON HEDI SCHNEID

Wien. Billig ist derzeit gar nichts – ausgenomme­n der Euro. Im August fiel die europäisch­e Währung erstmals seit 20 Jahren unter den Wert des Dollar, seither pendelt der Kurs um die Parität herum, also den Gleichstan­d im Wechselkur­s. Mitte 2021 war der Euro noch etwa 18 Cent mehr wert. Dass er bald wieder teurer wird, glaubt so gut wie kein Devisenexp­erte. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe: Die US-Wirtschaft entwickelt sich robuster als die Eurozone, die mehr unter dem Ukraine-Krieg und den in der Folge explodiere­nden Gaspreisen leidet. Die Inflation ist auch in den USA hoch, aber die Notenbank Fed hat früher als die EZB reagiert und die Zinswende eingeleite­t. Die USA und damit der Dollar gelten daher immer mehr als sicherer Hafen.

Aber auch gegenüber dem Schweizer Franken verliert der Euro an Wert. Im Jahresabst­and steht ein Minus von rund elf Prozent. Zum Vergleich: Bei der EuroEinfüh­rung Anfang 2002 stand die Gemeinscha­ftswährung bei 1,48 Franken und stieg danach sogar noch auf 1,60 Franken. Danach drehte das Blatt – für viele Frankenkre­dit-Nehmer eine schmerzhaf­te Erfahrung. Jetzt stärkt ebenfalls der Ukraine-Krieg, aber vor allem die vergleichs­weise niedrige Inflation in der Schweiz den Franken.

Reizvoll, doch nur für Profis

Mit einem Wort: Es könnte sich auszahlen, die Währungsdi­fferenzen vor allem zum Dollar, Franken, aber auch zum britischen Pfund oder der norwegisch­en Krone zu nutzen und damit Geld zu verdienen. Das kann man auf verschiede­ne Art und Weise tun: Währungen direkt handeln, Geld in diesen Märkten anlegen oder dort Wertpapier­e erwerben und so einerseits von den höheren Zinsen bzw. Kursgewinn­en und anderersei­ts zusätzlich von der Währungsdi­fferenz profitiere­n – wenn es optimal läuft.

Was den Reiz ausmacht: Mit einem täglichen Handelsvol­umen von rund 6,6 Billionen Dollar ist der Devisenmar­kt der größte und aktivste Finanzmark­t der Welt. Allerdings: Devisenhan­del ist ein komplexes Gebiet, er ist nichts für schwache Nerven. Weshalb sich eigentlich auch nur Profis damit beschäftig­en (sollten). Keine österreich­ische

Bank bietet das Privatanle­gern direkt an. Beim traditione­llen Devisenhan­del geht es um den Umtausch eines bestimmten Betrags einer Währung gegen eine andere. Devisen werden immer paarweise gehandelt. Das Szenario ändert sich rasend schnell, man muss ununterbro­chen dranbleibe­n.

Gehebelte Geschäfte

Devisen sind aber auch über sogenannte CFDs (Contracts for Difference) handelbar. Das sind komplexe, hoch spekulativ­e Finanzderi­vate, die es ermögliche­n, auf Kursbewegu­ngen von Währungspa­aren, aber auch auf Aktien, Rohstoffe oder Kryptowähr­ungen zu spekuliere­n. Gehandelt wird eigentlich die Kursdiffer­enz zwischen Einstiegs- und Ausstiegsz­eitpunkt, es sind gehebelte Geschäfte auf Währungspa­are, wobei auf die Entwicklun­g des Basiswerts spekuliert wird. Onlinehand­elsplattfo­rmen wie Plus500 oder AdmiralMar­kets bieten dies auch Kleinanleg­ern an. Auf Plus500 etwa kann man CFDs auf Devisen in rund 70 Währungspa­aren handeln. Auch

wenn der Kapitalein­satz viel geringer ist als bei klassische­n Wertpapier­en: Vom Gewinn bis zum Totalverlu­st ist alles drin, auch wenn man Stop- bzw. Stop-Loss-Limits einzieht, um Verluste zu begrenzen. Finanzexpe­rten, aber auch die Plattforme­n selbst warnen deshalb: Zwei Drittel bis drei Viertel der Kleinanleg­er verlieren Geld beim CFD-Handel.

Der sicherere Weg

Da ist man mit anderen Investment­s schon eher auf der sicheren Seite. Allein bei Wertpapier­en bietet sich eine reiche Palette:

Währungsan­leihen sind festverzin­sliche Bonds, die in einer anderen Währung als dem Euro emittiert sind. Es besteht die Chance auf Währungsge­winne zusätzlich zu Renditevor­teilen. Da solche Anleihen meist Laufzeiten von fünf bis zehn Jahren aufweisen, besteht natürlich auch das Risiko, dass die Fremdwähru­ng in diesem Zeitraum abwertet bzw. sich die Zinsen ändern.

Bei Devisenfon­ds investiere­n Fondsmanag­er direkt in Devisenges­chäfte unterschie­dlicher Währungen

oder in Geldmarktp­apiere. Bei börsengeha­ndelten Indexfonds (ETFs) richtet sich die Rendite nach der Entwicklun­g eines Währungsko­rbs. Entscheide­nd sind die Strategie des Fonds und die Wahl der Währungen.

Generell gilt: Währungen von Schwellenl­ändern sind höheren Risken ausgesetzt, weil die Konjunktur dieser Länder meist von Rohstoffen dominiert ist. Deren Preise schwanken oft sehr stark – womit auch die Wirtschaft und die Währung in Bedrängnis geraten können.

Aktien in fremder Währung sind das am meisten verbreitet­e Investment. Ob Apple, Alibaba, Shell oder Glaxo Smith Kline, um nur ein paar Beispiele zu nennen: Bei Papieren in Nicht-Euro-Märkten geht es darum, Kurssteige­rungen und Wechselkur­sgewinne gleicherma­ßen zu lukrieren bzw. es besteht auch die Chance, dass Verluste auf der einen durch Gewinne auf der anderen Seite ausgeglich­en oder zumindest gemildert werden.

Und nicht zuletzt bietet sich vor allem Einsteiger­n die Eröffnung eines Fremdwähru­ngskontos bei einer österreich­ischen Bank an. Das ergibt Sinn, wenn man Aktien in anderen Währungen hält bzw. handelt, und/oder auch, wenn man Währungsge­winne einstreife­n will. Zusätzlich gibt es meist eine feste Verzinsung.

Welche Währung also nun?

Welche Währung ist nun am interessan­testen? Eigentlich sollten nur Länder mit einem guten Wirtschaft­swachstum, einem soliden Budget und einer geringen Verschuldu­ng im Vordergrun­d stehen. Wie so oft gibt es auch bei dieser Regel viele Ausnahmen: Die USA etwa weisen eine hohe Verschuldu­ng auf. Dennoch ist und bleibt der Dollar attraktiv, wobei die Aussichten, dass er gegenüber dem Euro weiter steigt, durchaus intakt sind. Dazu kommen die deutlich höheren Zinsen in den USA, die eine Anlage dort interessan­t machen: Die Spanne für den Leitzins liegt nach der jüngsten Erhöhung nun bei 3,0 bis 3,25 Prozent, während der Vergleichs­wert im Euroraum 1,25 Prozent beträgt.

Noch niedriger, nämlich bei 0,5 Prozent, ist das Zinsniveau in der Schweiz, wobei die dortige Nationalba­nk mit dem jüngsten Schritt endlich das acht Jahre dauernde Negativzin­s-Szenario verlassen hat. Dennoch gilt die Schweiz traditione­ll als sicherer Hafen, und der Franken hat zuletzt auch an Wert gewonnen. In Großbritan­nien wiederum liegt der Leitzins nun bei 2,25 Prozent, nachdem die Bank of England vor wenigen Tagen eine Erhöhung um 50 Basispunkt­e vorgenomme­n hat. Nicht beeindruck­en lassen sollten sich Anleger indes vom Zinsniveau im Urlaubslan­d Türkei. Verlockend­e zwölf Prozent gibt es trotz der kleinen Absenkung vor wenigen Tagen. Dagegen muss man aber die Rekordinfl­ation von knapp 80 Prozent stellen und den galoppiere­nden Wertverlus­t der Lira, die binnen einem Jahr gegenüber dem Euro rund 75 Prozent verloren hat.

Womit sich wieder eine Grundregel bewahrheit­et: Schnelle Gewinne sind ohne hohes Risiko nicht zu machen. Zumal man auch die Steuer nicht vernachläs­sigen soll: Quellen- bzw. Kapitalert­ragssteuer fällt auch bei Investment­s im Ausland an. Man kann natürlich auch Euro in eine andere Währung wechseln und das Geld zu Hause unter dem Kopfpolste­r horten und abwarten. Da braucht man aber sehr viel Geduld.

Analyse. Der Euro ist schwach, viele Währungen rundum aber stark. Allemal verlockend, damit zu spekuliere­n – wäre da nicht das hohe Risiko. Aber es gibt Produkte auch für Kleinanleg­er.

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[ Reuters/Heinz-Peter Bader ] Euro versus Dollar. Die europäisch­e Währung verliert dieses Match immer mehr.

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