Die Presse

Keine schlechte Wahl: AVdB wird wohl UHBP bleiben

Bei allem Respekt für den Amtsinhabe­r: Es irritiert, dass der zu Unabhängig­keit verpflicht­ete ORF mitunter wie ein VdB-Unterstütz­ungskomite­e agiert.

- QUERGESCHR­IEBEN VON ANDREA SCHURIAN Morgen in „Quergeschr­ieben“: E-Mails an: debatte@diepresse.com Karl-Peter Schwarz

Vergangene Woche verhörte Armin Wolf also in der „ZiB 2“Dominik Wlazny, den jüngsten Anwärter aufs Präsidente­namt. Gut, jemand, der im Brotberuf Punkrocker und Kabarettis­t ist und als Kunstfigur Marco Pogo „Gras zum Bier, gönn es dir“knittelrei­mt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er dieser Aufforderu­ng selbst nachgekomm­en ist. Ja, ist er, ein- oder zweimal. Das hat der studierte Arzt mit Alexander Van der Bellen gemein, der auch schon einmal gekifft hat, wie er im Wahlkampf 2016 bekannt hat. Wolfs Vernehmung gipfelte in dem als Frage getarnten Vorwurf, Wlazny könnte vor allem aus dem linksliber­alen Spektrum so viele Stimmen abziehen, dass der amtierende Bundespräs­ident womöglich in eine Stichwahl mit Walter Rosenkranz müsse: „Wären Sie dann damit zufrieden?“Nach einem kurzen Exkurs zu Demokratie­verständni­s im Allgemeine­n und Wahlrecht im Speziellen sagte Wlazny lächelnd, er könne ja selbst in die Stichwahl kommen.

Freilich wird der nächste Bundespräs­ident mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit weder Dominik Wlazny noch Walter Rosenkranz, Tassilo Wallentin noch Gerald Grosz, Michael Brunner, Heinrich Staudinger heißen, sondern wieder Alexander Van der Bellen. Das ist angesichts der großteils recht(s) skurrilen Wahlmöglic­hkeiten keine schlechte Option für unser parteipoli­tisch zutiefst gespaltene­s und chatversif­ftes Land.

Anders als Joe Biden, sein um zwei Jahre älterer US-Kollege, der ebenfalls eine Wiederwahl anstrebt, hat UHBP (78) bisher nie den Anschein beginnende­r Altersverg­esslichkei­t erweckt. Er befindet sich wenn, dann eher in der A-Klasse italienisc­her Präsidente­n: Der seit Februar 2015 amtierende Sergio Mattarella feierte am 23. Juli den 81. Geburtstag. So alt war Giorgio Napolitano bereits, als er 2006 in den Quirinalsp­alast einzog, neun Jahre später trat er – neunzigjäh­rig – aus Altersgrün­den vorzeitig aus dem Amt zurück. Napolitano­s Vorgänger, Carlo Azeglio Ciampi, war mit 86 also ein vergleichs­weise junger Hupfer, als er 2006 – nach sieben Jahren im Amt – auf seine Wiederkand­idatur verzichtet­e. Van der Bellen weiß stets, in welchem Land er sich befindet und an wen er seine oft humorgewür­zten Reden adressiert. Er verwechsel­t den Iran nicht mit der Ukraine, sucht nicht das Gespräch mit toten Politikeri­nnen. All das kann man von Biden nicht behaupten. Zuletzt musste das Weiße Haus dessen in Tokio getätigte Zusage dementiere­n, die USA würden Taiwan notfalls mit Gewalt verteidige­n. VdB tritt selten in ein Fettnäpfch­en, sein fünf Jahre alter Kopftuchsa­ger „Wenn das so weitergeht, bei dieser um sich greifenden Islamophob­ie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle, als Solidaritä­t gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun“zählt dazu (nach wokem Regelwerk ist das Aufforderu­ng zu kulturelle­r Aneignung).

Dennoch ist es, bei aller Wertschätz­ung für den amtierende­n Bundespräs­identen, einigermaß­en irritieren­d, dass der zu Unabhängig­keit verpflicht­ete ORF mitunter wie ein VdB-Unterstütz­ungskomite­e agiert: subtil, indem etwa das „ZiB 2“Gespräch mit dem Bundespräs­identen aufgezeich­net wurde, während alle anderen Kandidaten live antanzen mussten. Penetrant wie am vergangene­n Donnerstag, als im „ZiB 1“-Wahlkampft­agebuch Arnold Schwarzene­ggers Empfehlung für VdB ungekürzt ausgestrah­lt wurde, als handle es sich um ein Werbevideo aus der Präsidents­chaftskanz­lei und nicht um eine neutrale ORF-Nachrichte­nsendung. Das zeugt in einer Zeit, in der an die 365.000 Menschen die Abschaffun­g der GIS-Rundfunkge­bühren volksbegeh­rt haben, weder von übermäßig klugem Management noch von journalist­ischem Fingerspit­zengefühl.

PS: Sollte Dr. Wlazny auch bei Nationalra­tswahlen antreten wollen, sollte er eine Umbenennun­g seiner Bierpartei ins Auge fassen. Selbst Menschen, die mit ihm sympathisi­eren, tun sich mit dem kindischen Parteiname­n schwer.

Der nächste Bundespräs­ident wird weder Wlazny noch Rosenkranz noch Wallentin, Grosz, Brunner, Staudinger heißen.

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