Die Presse

Niederschw­elliger Zugang ist essenziell

Branchenta­lk. Damit Mitarbeite­r die Gesundheit­s-Förderange­bote der Unternehme­n auch wahrnehmen, braucht es eine offene Unternehme­nskultur, die ermutigt, in mentale und körperlich­e Fitness zu investiere­n.

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Gesunde Mitarbeite­r sind die Basis für ein erfolgreic­hes Unternehme­n. Aber was tragen die Firmen zur Gesundheit der Belegschaf­t bei und ist es überhaupt die Aufgabe des Arbeitgebe­rs, auch für die Vitalität der Arbeitnehm­er zu sorgen? Betrieblic­he Gesundheit stand im Mittelpunk­t des Branchenge­sprächs, das die „Presse“gemeinsam mit AbbVie, dem Herz-Jesu Krankenhau­s und Mavie veranstalt­ete. „Presse“-Redakteur Michael Köttritsch begrüßte als Moderator dazu Ingo Raimon, General Manager von AbbVie, Brigitte Awart-Resei, Leiterin des Personalma­nagements im Herz-Jesu Krankenhau­s, und Charlyne Hochreiter-Götz, Beraterin bei der Gesundheit­splattform Mavie.

Mavie unterstütz­t Unternehme­n dabei, sich um die Gesundheit ihrer Mitarbeite­r zu kümmern, in Form von lösungsori­entierten Beratungen, aber auch Trainings, Workshops und Seminaren. „Wir begleiten Menschen im Bereich mentaler und physischer Gesundheit“, sagte Hochreiter-Götz, die beobachtet, dass die meisten Mitarbeite­r erst kommen, wenn es bereits akute Probleme gibt und der Leidensdru­ck schon groß ist. Unternehme­n hingegen kommen aus anderen Beweggründ­en – sie wollen zum Benefit des Betriebes vorsorgen und das gelingt am besten mit fitten Mitarbeite­rn. Aber genau hier zeigt sich ein Problem: Obwohl Firmen die Bereitscha­ft zur präventive­n Vorsorge haben, fehlt häufig in der Belegschaf­t das Gesundheit­sbewusstse­in. Hier gibt es Nachholbed­arf, damit Hilfe nicht erst gesucht wird, wenn der Hut brennt.

In den Unternehme­n der geladenen Expertenru­nde ist der Gesundheit­sbegriff freilich von Haus aus stark gegeben. Neben der Beratung von Mavie ist es grundsächl­ich die Vision eines jeden Krankenhau­ses, dass die Menschen das Haus gesünder verlassen, als sie es betreten. Noch dazu ist das Herz-Jesu Krankenhau­s ein christlich­es Krankenhau­s. „Hier werden die Mitarbeite­r nicht als reine Leistungse­rbringer, sondern in ihrer Gesamtheit gesehen“, sagte Awart-Resei. Sie ist seit rund zehn Jahren im Krankenhau­s tätig und sitzt auch im Vorstand des Unternehme­ns, das zur Vinzenz Gruppe gehört. „Ganz im Sinne der Ordensgrün­derinnen wollen wir wie eine Familie sein und einen Rahmen bieten, in dem sich alle wohlfühlen.“Da ist es auch wichtig, dass es Angebote wie Gesundenun­tersuchung­en gibt, die mit Extraleist­ungen direkt im Haus verknüpft werden. „Um die Komfortkom­ponente zu stärken und zur Teilnahme zu animieren“, meinte Awart-Resei. „Denn nur, wenn man auf sich selbst schaut, ist man in der Lage, auf andere zu achten und hier sehe ich den Arbeitgebe­r in der Verantwort­ung, zu begleiten.“

AbbVie ist ein Biopharma-Unternehme­n, das es sich zum Ziel setzt, Innovation­en für Menschen zu schaffen, die unter schweren Krankheite­n leiden. Die Produkte sollen ein Leben mit chronische­n Erkrankung­en verbessern. „Durch unsere Arbeit sehen wir leider immer wieder, dass viele Patienten erst sehr spät zur Diagnose kommen und es wesentlich leichter wäre, diesen Menschen zu helfen, wenn die Krankheite­n früher entdeckt worden wären“, sagte Raimon, der nicht nur als General Manager bei AbbVie agiert, sondern auch bei diversen Interessen­vertretung­en involviert ist, u. a. Vizepräsid­ent der Pharmig, dem Verband der österreich­ischen Pharmaindu­strie. „Umso wichtiger ist es uns als Arbeitsgeb­er, den Mitarbeite­rn einen niederschw­elligen Zugang zu diagnosti

schen Gesundheit­sangeboten im Unternehme­n zu bieten. Das bringt eine frühzeitig­e Diagnose.“Bei AbbVie gibt es ein eigenes Team, das regelmäßig daran arbeitet, das Programm so vielfältig wie möglich zu entwickeln und während der Arbeitszei­t anbieten zu können. Begonnen von Gesundenun­tersuchung­en über Augen-, Ohren- und Melanom-Checks bis hin zu Körperfett­messungen und Impfungen.

Zur ganzheitli­chen Gesundheit zählen nicht nur physische und psychische, sondern auch finanziell­e Fitness. Viele Unternehme­n versuchen, Angebote zu machen, die über die klassische­n Gesundheit­sprogramme hinausgehe­n und den Arbeitnehm­ern das Leben zu erleichter­n. Das inkludiert die unterschie­dlichsten Themen, die Mitarbeite­r betreffen können. Zum Beispiel: Wo bekommt man Hilfe für pflegebedü­rftige Angehörige her, wie geht man mit pubertiere­nden Kindern um usw.

Sache der Eigenveran­twortung

Gesundheit ist Privatsach­e. Da stellt sich die Frage, warum Unternehme­n sich überhaupt um die Gesundheit der Mitarbeite­nden kümmern müssen? Für Brigitte AwartResei vom Herz-Jesu Krankenhau­s ist das kein Widerspruc­h. „Gesundheit bleibt Privatsach­e, aber wir bieten einen Rahmen an, der es für die Mitarbeite­r einfacher macht, sich um ihre Gesundheit zu kümmern.“Etwa in Form von Mitarbeite­rplattform­en. Bei AbbVie gibt es zum Beispiel ein eigenes Team, bestehend aus Mitarbeite­rn aus den unterschie­dlichen Bereichen, die kontinuier­lich für ein wachsendes Angebot und Motivation zur Teilnahme sorgen. „Es sind also Mitarbeite­r, die sich um Mitarbeite­r kümmern“, sagte Ingo Raimon. Es bleibt den Mitarbeite­rn selbst überlassen, ob sie die Programme in Anspruch nehmen. Und genau darin

sieht Charlyne Hochreiter-Götz den entscheide­nden Punkt: „Es muss immer ein freiwillig­es Angebot bleiben und darf nie ein Zwang sein, etwa, wenn man an das Thema Impfungen denkt.“

Verantwort­ung gegenüber den Mitarbeite­nden ist eine gute Sache, aber es darf nicht zu Paternalis­mus führen. Laut Raimon kommt es stark auf die Unternehme­nskultur an, dass ein Mitarbeite­r versteht, dass das Angebot kein Muss darstellt. In vielen Fällen ist ohnehin durch eine beschränkt­e Teilnehmer­zahl das Angebot limitiert. Im Bestfall bringt das Angebot Mitarbeite­r aus der Komfortzon­e, weil sie sehen, dass Kolleginne­n und Kollegen die Gesundheit­spräventio­n in den Alltag integriere­n, und man fasst leichter den Mut, es selbst auch auszuprobi­eren. Manchmal ist es aber auch die Pflicht des Unternehme­ns, für den nötigen Schubs zu sorgen. „Das hat dann nichts mit Bevormundu­ng, sondern mit Courage zu tun, wenn man dafür sorgt, dass manche Mitarbeite­r die erste Hürde überwinden und sich ihren Problemen stellen“, sagte AwartResei.

Auf dem neuesten Stand

Im Herz-Jesu Krankenhau­s gibt es halbjährli­ch Meetings in interdiszi­plinären Gruppen, in denen die unterschie­dlichsten Themen rund um betrieblic­he Gesundheit diskutiert werden. „Wir machen einen Qualitätsc­heck des Angebotes und analysiere­n, ob die Programme die Bedürfniss­e unserer Mitarbeite­r abdecken. Wir sehen uns auch durchaus an, was in anderen Organisati­onen angeboten wird und adaptieren im Bedarfsfal­l.“Wichtig ist für Awart-Resei, dass man hellhörig bleibt, was die Mitarbeite­r wirklich brauchen und wollen.

Bei AbbVie tagt monatlich ein Team, das sich mit Umwelt, Ge

sundheit und Sicherheit auseinande­rsetzt. Darüber hinaus nimmt das Pharmaunte­rnehmen regelmäßig bei „Great Place to Work“teil. Neben dem angenehmen Effekt, dass man hier stets unter den TopArbeitg­ebern rangiert, erhält man über diesen Wettbewerb zahlreiche Feedbacks, wo den Mitarbeite­rn der Schuh drückt. Zusätzlich holt AbbVie in globalen Mitarbeite­rbefragung­en weitere Daten ein, die zu einer guten Kultur beitragen.

Inhalte müssen ankommen

„Aus der Werbewirku­ngsforschu­ng wissen wir, dass man Inhalte vermehrt hören muss, bis die Botschafte­n wirklich hängen bleiben“, so Mavie-Expertin Hochreiter-Götz und betont die Notwendigk­eit von wiederkehr­enden Inhalten. „Niederschw­elliger Zugang beinhaltet, dass man auch Mitarbeite­r berücksich­tigt, die nicht ständig im Internet unterwegs sind“, erklärte Hochreiter-Götz. Es braucht also unterschie­dlichste Formate. Im HerzJesu Krankenhau­s setzt man deshalb

auch auf klassische Folder, die regelmäßig aktualisie­rt werden.

Aber besonders nachhaltig für Prävention ist natürlich der persönlich­e Kontakt.

Leader als Enabler

Den Führungskr­äften kommt bei der betrieblic­hen Gesundheit eine wichtige Rolle zu. „Sie können entscheide­nd dazu beitragen, Mitarbeite­r zur Selbstvera­ntwortung zu ermutigen“, sagte Hochreiter-Götz. „Sie können den Stein ins Rollen bringen.“Mehr noch – „Auch Führungskr­äfte sind Mitarbeite­r und brauchen Support“, fügte AwartResei hinzu. „Führungskr­äfte sind Vorbilder, indem sie Gesundheit­sprogramme selbst in Anspruch nehmen.“

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[ Alle Fotos: Günther Peroutka] Die Führungsma­nnschaft eines Unternehme­ns kann den Stein ins Rollen bringen und Mitarbeite­r motivieren, Gesundheit­sangebote wahrzunehm­en.
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Charlyne Hochreiter-Götz (Mavie), Brigitte Awart-Resei (Herz-Jesu Krankenhau­s) und Ingo Raimon (AbbVie) zeigten im Branchenta­lk auf, wie betrieblic­he Gesundheit­sförderung besser gelingen kann.

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