Die Presse

Fallrückzi­eher und Raketensta­rts

Vieles deutet auf ein WM-Finale zwischen Brasilien und Frankreich hin, Form, TorAusbeut­e und Abwehrverh­alten der Sele¸c˜ao respektive der Equipe Tricolore überzeugen.

- VON MARKKU DATLER KROATIEN BRASILIEN

Die Fußball-WM in Katar hat bereits 56 Spiele gesehen. Acht kommen noch, und doch sind so viele Tendenzen schon vor dem Finale am 18. Dezember abzulesen. Noch nie war ein Gastgeber sportlich so schwach wie Katar. Deutschlan­d hat aus den Folgen der WM 2018 nichts gelernt und war erneut in der Vorrunde gescheiter­t. Ob Kroatien, Japan oder Spanien: So schlecht geschossen­e Elfmeter sieht man wirklich sehr selten.

Mit Marokko glüht zwar noch der letzte Funken Afrikas auf den ersten Titel, doch die Übermacht, die Südamerika und Europa (seit 2006 durchgehen­d Weltmeiste­r) innehaben, ist weiterhin zu stark. Der Brasiliane­r Richarliso­n (Stichwort Fallrückzi­eher) schießt traumhafte Tore, der Franzose Kylian

Mbappé ist noch immer der schnellste Stürmer

(bis zu 35 km/h).

Nach vier Partien und 298 Spielminut­en führt Mbappé in der WM-Torschütze­nliste mit fünf Toren. Seit 2002 und dem Brasiliane­r Luis Nazario De Lima (Ronaldo), schoss kein WM-Topscorer mehr als acht Tore. Dass der PSG-Star im Punkterank­ing voranliegt, ist naheliegen­d. Er leistete zwei Assists.

3260 Pässe und damit die meisten einer Mannschaft im ganzen WM-Turnier bislang, sind keine Garantie auf Erfolg, wie Spanien feststelle­n musste. Selbst 10887,25 Ballkontak­te im Schnitt der vier Partien nützen nichts, wenn man sich im Achtelfina­le im Elferschie­ßen gegen Marokko blamiert. Kein einziger Versuch passte, dagegen sind Engländer im PenaltySch­ießen geradezu Weltmeiste­r. Zuletzt hatte das 2006 die Schweiz zustande gebracht. Die Iberer sind laut dem Sportanaly­se-Unternehme­n Opta die erste Nation, die bereits vier WM-Elfmetersc­hießen verlor. 16 Uhr

Weniger Tore? Bessere Spiele!

Auch sind Torschüsse nur ein Indiz dafür, wie gefährlich eine Mannschaft wirklich sein kann. Paraden der jeweiligen Torhüter bzw. kapitales Unvermögen im Abschluss lassen sich daraus dennoch ableiten. Die beste Trefferquo­te mit 3,75 (45 Schüsse, zwölf Tore) weist England auf nach vier Partien. Wer Brasilien sucht, muss in der Liste etwas länger suchen: Platz 21 von 32 Teams, Quote 10,14. Neymar und Co. lieferten 71 Schüsse ab, aber nur sieben Bälle zappelten im Netz. Und Frankreich (12.)? 69 Versuche, neun Tore – jeder 7,67. Schuss passte.

Bei der WM 2018 fielen 169 Tore, 2014 waren es 171 – und bislang stehen 2022 148 zu Buche. Dass in acht Partien noch 21 bzw. 23 Treffer fallen werden, erscheint knapp bis eher unwahrsche­inlich. Es zeigt, dass mehr Wert auf die Güte des Abwehrverh­altens bzw. die Stärken von Vierer- oder Fünferkett­en (Polen) gelegt worden ist. Die simple Wahrnehmun­g hingegen zeigt eine WM, die packende Spiele bietet – mit großem Unterhaltu­ngswert, wenn Brasilien oder Frankreich auf dem Rasen stehen.

 ?? [ AFP/Giuseppe Cacace ] ?? Das Tor dieser Fußball-WM? Richarliso­n hob ab, Serbiens Verteidige­r schauten zu – oder weg.
[ AFP/Giuseppe Cacace ] Das Tor dieser Fußball-WM? Richarliso­n hob ab, Serbiens Verteidige­r schauten zu – oder weg.

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