Die Presse

Fußball, reine Vertrauens­sache

Berater. Sie sind als Hyänen verrufen, Spieler und Klubs brauchen dennoch ihre Dienste bei Transfers. Max Hagmayr werkt seit 23 Jahren in dieser Branche. Über Nähe, Härte – und Geld.

- VON MARKKU DATLER

Transfers sind das Salz in der Fußballsup­pe für Klubs, Spieler, Berater und Medien. Spekulatio­nen, das Jonglieren mit Ablösen und die Gier nach astronomis­cheren Summen geben diesem Karussell erst Schwung. Aber nicht jeder erhält in diesem Schauspiel die „gute“Rolle. A priori werden Berater gern als geldgierig­e Hyänen oder Piranhas bezeichnet. Dabei gehe es doch vorrangig darum, darauf legt Max Hagmayr – der Exfußballe­r ist seit 23 Jahren als Spielerber­ater und -manager unterwegs – gesondert Wert, „dass sich alle wohlfühlen“.

Fußball, sagt Hagmayr, 66, der in den 1980er-Jahren für Karlsruhe, Rapid und Lask gespielt hat, sei reine Vertrauens­sache. Es gehe um Nähe, Ideen, Netzwerke. Die Branche lebe von Kontakten, er kenne und verstehe die Bedürfniss­e aller Seiten.

Piranhas und Kannibalen

Dass Berater ein Honorar erhalten, sei logisch. Er habe eine Sieben-Tage-Woche, sei rund um die Uhr erreichbar, für jedes Problem suche er Lösungen. Zuletzt war einer seiner 85 Klienten auf einem US-Flughafen gestrandet. Also buchte seine Frau – sie, sein Sohn und noch zwei Mitarbeite­r sind in der Hagmayr Sportmanag­ement GmbH in Linz im Einsatz – um Mitternach­t neue Flüge. Das sei „part of the service“, nebst vielen Telefonate­n, Zigtausend­en Kilometern im Auto oder Flugstunde­n pro Jahr.

Den Aufwand hinter der Vermittlun­g von Spielern sehe keiner, jeder spreche im Endeffekt nur über Ablösen und Gagen. Oder ätze über Piranhas.

Vorgestern in Katar („Ich verstehe das Gejammer nicht, das hätte es schon 2010 geben müssen – dabei ist diese WM wirklich toll“), gestern in Athen und morgen in Wien, das Geschäft verlangt hohe Reiseberei­tschaft. Hagmayr postet Fotos auf Facebook aus diversen VIP-Klubs, Stadien oder Büroräumli­chkeiten, zur Dokumentat­ion seiner Arbeit. Und dennoch, nicht immer wird sein Rat gehört respektive geschätzt. Wie viele Fußballer nicht ihre Berater fortlaufen­d wechseln würden, weil irgendein Konkurrent anderes, freilich Besseres, verspreche? Es sei die moderne Form von Kannibalis­mus, aber die gebe es in jedem anderen Wirtschaft­ssektor auch.

Nicht jeder Transfer gelingt, und auch nicht jedem eröffnet sich beim neuen Klub das erhoffte Glück. Valentino Lazaro ist so ein Beispiel, der seit seinem Wechsel von Hertha BSC zu Inter Mailand 2019 immer nur verliehen wird. Hagmayr sagt, dass er

„für jeden das Maßgeschne­iderte finden“wolle, sich doch mitunter mit neuen Trainern oder anderen Zielen der Klubs Ansprüche unerwartet ändern. Und: Nicht der Berater handle die Gage aus oder überweise Ablösen. Das machen immer die Vereine.

Stars da, Zweitligas­pieler dort

Es sei eine von so vielen Kehrseiten seiner Branche, in der der Oberösterr­eicher „seriös“das Auslangen ohne internatio­nale Partner zu finden versucht. Dafür vertraut er auf Scouts, schaut bei einer Akademie in Ghana vorbei. Er spricht, vermittelt, arbeitet. Verschwieg­enheit gehört zum Geschäft, Hagmayr betonte auch das. Nur um die Weihnachts­feiertage ruhe wirklich alles. Da komme das Christkind, ganz ohne Vermittlun­g.

Da jeder nur vom großen Geld spreche, werden kleine Beiträge übersehen. Stars spielen für Millionen, „nur wie viele gibt es davon?“, fragt Hagmayr, der bei

diesem „Wahnsinn“selbst noch Gänsehaut bekommt. „Und, wie viel stimmt denn davon? Oder: Wie viele andere kriegen nichts bis viel zu wenig?“Allerdings, auch in der zweiten österreich­ischen Liga sind Transfers nötig. Mit eher minimalen Summen.

Spielern, die nicht wirklich gut kicken können, aber von Absurdem träumen, denen sagt Hagmayr die Wahrheit ins Gesicht. Auch das muss ein Berater können. Ausbildung sei dann gescheiter als der Doppelpass mit der Fantasie, „es geht doch um ihre Zukunft“. Klubs und Spieler würden Berater brauchen, als Vermittler, als Kontaktknü­pfer, als Rückhalt. Doch wehe, irgendetwa­s gehe schief, der Deal platze, die Gage stimme nicht, oder die Ablöse ist zu hoch. „Dann sind immer die Berater schuld.“

Ist ein Transfer aber in trockenen Tüchern, sind Berater, unwiderspr­ochen, sehr gut entlohnt. Und das ist die Wärme in diesem eiskalten Geschäft.

Ich versuche, für jeden Spieler oder Verein immer das Maßgeschne­iderte zu finden.

Max Hagmayr, Spielerber­ater

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[ Michael Rausch-Schott/picturedes­k.com] Max Hagmayr kennt die Tücken der Beraterbra­nche, doch ohne Vermittlun­g gelingt kein Transfer.

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