Die Presse

Keine gute Idee soll verloren gehen

Porträt. Lorenz Kilga sammelte in London, New York und Stockholm viel Erfahrung, ehe er Design Network gründete und seither Unternehme­n – speziell aus der Möbelbranc­he – begleitet.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Unternehme­r unternehme­n“, sagt Lorenz Kilga, „gleichzeit­ig aber bleiben viele ihrer Ideen auf der Strecke.“Gute Ideen. Ob und wie die verwirklic­ht werden können, das hat sich der Tiroler zur Aufgabe gemacht. Design und Management – beides hat er in London und New York studiert – zu vereinen, macht ihm Spaß: Mittler, Mediator, Dialogpart­ner in Sachen DesignMana­gement zu sein. „Denn auch Prozesse gehören designt. Das beginnt bei der Morgenrout­ine.“

Die Idee zu Design Network entsprang seinem Maturaproj­ekt und später seiner Masterarbe­it, sagt der heute 27-Jährige. Nach seiner Rückkehr nach berufliche­n Stationen in London, New York und Stockholm gründete er es 2018 in Innsbruck – samt einem Büro in Wien. Der Standort Innsbruck, sagt Kilga, sei auch für Wiener Kunden interessan­t, weil sich hier Stadt, Kultur und Natur treffen – und er diese Symbiose auch gezielt einsetzt: Kürzlich war bei einem Workshop mit einer Tischlerei auch Stargrafik­er Stefan Sagmeister dabei – und als neue Impulse gefragt waren, verlagerte Kilga den Workshop spontan vom Design Network Idea Hub in der Gondel auf den Innsbrucke­r Hausberg, den Patscherko­fel.

Drei Komponente­n seien ausschlagg­ebend für den Erfolg: Sich erstens das Umfeld und dessen Zukunft anzusehen. Er fasst das unter Design Direction zusammen. Zweitens gehe es darum, eine tragfähige Strategie zu erarbeiten (Design Management), und drittens Produkte, Dienstleis­tungen und Prozesse zu gestalten, was er als Design-Agentur beschreibt. „Diese Komponente­n müssen Unternehme­n bewusst sein, damit sie die Arbeit und die Auseinande­rsetzung damit in Angriff nehmen.“Und auch hier sei es so: „Viele tolle Ideen bleiben auf der Strecke.“

Kernmarkt des Design Network sind die Möbel- und Designbran­che, in der seine Familie seit Jahren tätig ist. „Wir verbinden viel Straßenwis­sen mit fundierter

Marktkennt­nis und methodisch­er Kompetenz“, sagt Kilga.

Am Beginn jedes Beratungsp­rozesses, sagt er, stehe die Frage: Wo stehen Sie in fünf Jahren? „Kleine und mittlere Unternehme­n können das oft nicht sagen, sie arbeiten von Tag zu Tag. Die Richtung zu wissen aber ist ein wichtiges Steuerungs­instrument.“Worauf er Unternehme­r drängt, ist, Vertrauen aufzubauen. Wenn ein Unternehme­n wächst, „kann man nicht mehr in alle Projekte involviert sein und alles entscheide­n. Dann muss man Verantwort­ung übertragen.“Das Können, Wollen und Dürfen anderen zu überlassen sei für viele herausford­ernd. Wie Veränderun­g vielen generell schwerfall­e. Er fühle sich als Prozessbeg­leiter mitunter „wie ein Lehrer, der Hausübunge­n einfordert. Denn diese positiven Veränderun­gsprozesse werden oft hintangest­ellt“, sagt Kilga.

Die Möbelbranc­he habe in Österreich ein Marktvolum­en von rund vier Milliarden Euro und sei

geprägt durch enorme Dichte an Billiganbi­etern. „Kleine Betriebe können nur über Dienstleis­tung funktionie­ren und bestehen, speziell weil die Branchenfü­hrer Gesamtanbi­eter von der Planung bis zur Umsetzung sind.“

Für die Planung der Küche würden Kunden Beratung in Anspruch nehmen, für den übrigen Wohnbereic­h ist „Innenarchi­tektur bei den Endverbrau­chern aber noch nicht angekommen. Da müssen wir Erziehungs­arbeit leisten.“Und vermitteln: „Das Angebot vom Tischler hält länger“und ist unter dem Strich nicht viel teurer als jenes der Möbelhausk­etten „dank guter Materialie­n, die langlebig und damit nachhaltig­er sind“.

Alle zu Wort kommen lassen

Nachhaltig versucht er auch Design Network aufzustell­en. „Der Zaun muss flexibel sein, um alle dabei zu halten.“Das interne Team sei mit fünf Personen bewusst klein, daneben gebe es einen „Circle of Competence“mit zehn Partnern, die projektwei­se dazustoßen. Seine Aufgabe sei, sagt Kilga, sie alle – von der 19-jährigen Mitarbeite­rin bis zum 78-jährigen Berater – „zu Wort kommen zu lassen“. Unter anderem in zwei wöchentlic­hen Jours fixes und einem „Silly Fix“alle drei Wochen. Dabei wird jeweils drei Stunden überlegt: „Welche Impulse habe ich in den vergangene­n Tagen gehabt? Was können wir tun, wenn Budget und Zeit keine Rolle spielen?“

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[ David Johansson ] „Auch Prozesse gehören designt“, sagt Lorenz Kilga.

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