Parlamentsdebatte: Für FPÖ ist Nehammer ein „Kriegstreiber“
Die FPÖ fordert eine Ende der Sanktionen gegen Russland. Den Nationalratspräsidenten wird man weiterhin nicht abwählen können.
Wien. Fünf Jahre lang hat der Nationalrat in seinem Ausweichquartier im Redoutensaal der Hofburg getagt. Damit ist jetzt Schluss: Nach den drei Sitzungen in dieser Woche steht die Rückkehr ins renovierte historische Parlamentsgebäude am Ring an. 22 Tagesordnungspunkte stehen bei diesem letzten Auftritt im Redoutensaal auf dem Programm, von der Erhöhung der Beamtengehälter bis zum Antrag, den Nationalratspräsidenten abwählen zu können.
Die FPÖ nutzte die „Aktuelle Stunde“zum Auftakt am Dienstag zu einer Debatte über ihre Lieblingsthemen, nämlich RusslandSanktionen und Asylwesen. „Dramatisches“passiere gerade, sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl. Österreich sei eines der reichsten Länder der Welt gewesen. Das drehe sich gerade: Jeder fünfte im Lande könne sich die monatlichen Kosten nicht mehr leisten. Schuld daran sei die Inflation und die wiederum sei eine direkte Folge der Sanktionen gegen Russland.
„Das ist das Ergebnis einer dummen und verantwortungslosen Politik auf Basis einer einseitigen Schuldzuweisung“, so Kickl in Richtung des anwesenden Bundeskanzlers Karl Nehammer (ÖVP). Der Kanzler solle diese „Kriegstreiberei“beenden und sich nicht vom Weißen Haus am Nasenring durch die Manege ziehen lassen. Versagen warf er dem Kanzler auch beim Flüchtlingsthema vor. Jemanden, der illegal ins Land gekommen sei, gleich zu behandeln wie einen Mitbürger, sei das gleiche, wie wenn man einen
Einbrecher als Familienmitglied bezeichne, so Kickl. Und: Jeder Asylantrag in Österreich sei einer zu viel.
Der Kanzler nahm das Thema in einer für eine „Aktuelle Stunde“unüblich langen Rede freudig auf und erklärte nochmals, warum Österreich ein Veto gegen die Schengen-Erweiterung eingelegt hat. Weil Österreich außergewöhnlich durch Flüchtlinge belastet sei und die Union zu wenig helfe, sei es notwendig, dass Österreich selbst initiativ werde. Hilfe finanzieller Art verlangte er für Bulgarien zum Bau eines Grenzzauns. Die Kommission sei hier „zu behäbig“.
Und die Sanktionen? Da versuchte der Kanzler, die Dimensionen zurecht zu rücken. Russland sei eindeutig der Aggressor, die Ukraine der Verteidiger. Gäbe es keinen Krieg, gäbe es keine Sanktionen, gäbe es keine Spekulationen im Energiebereich - und ohne den Krieg gäbe es auch kein Leid.
Grünen-Mandatar Michel Reimon konnte nicht verstehen, warum man der FPÖ den Gefallen mache, auf jede Flüchtlingsdebatte einzusteigen: „Die feiern ein inneres Fest.“SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch wollte lieber über soziale Ungerechtigkeit sprechen und zählte Beispiele auf, wo hier die Regierung aus seiner Sicht versagt hat, etwa indem Besserverdienende ein höheres Pendlerpauschale erhalten als jene mit niedrigen Einkommen.
Debatte um den Präsidenten
Erst am Donnerstag steht der FPÖAntrag auf der Tagesordnung, eine Abwahlmöglichkeit für den Nationalratspräsidenten zu schaffen. Die Freiheitlichen schafften es aber, die Debatte über eine Geschäftsordnungsdebatte vorzuziehen. Dass der Antrag abgelehnt wird, ist jetzt schon absehbar. Nicht nur die ÖVP („Der Präsident muss vor politischer Willkür geschützt werden“, so der Abgeordnete Wolfgang Gerstl), sondern auch Grüne und Neos sind gegen eine Abwahlmöglichkeit. (maf )