Die Presse

Teuerungsp­rämie: Am 31.12. ist es zu spät . . .

Mitarbeite­runterstüt­zung. Di eab gabenfreie Sonderzahl­ung wird in den heimischen Unternehme­n nur zögerlic han genommen. Dabei hilft si eA rbeitnehme­r nw i e- gebern.

- VON ELLE NB ERG

Eigentlich hat sie alle Zutaten zu einem Erfolgsmod­ell: Die sogenannte „Teuerungsp­rämie“, die Unternehme­n ihren Mitarbeite­rn 2022 und 2023 zusätzlich auszahlen können, hilft nicht nur Arbeitnehm­ern, die gestiegene­n Lebenshalt­ungskosten zu bewältigen. Sondern sie kann auch beitragen, den Arbeitgebe­rn, die bekanntlic­h händeringe­nd gute Mitarbeite­r suchen, die Loyalität des Personals zu stärken und sich mit entspreche­nder Kommunikat­ion als großzügige­r, wertschätz­ender Arbeitgebe­r zu positionie­ren.

Allerdings: Als überschäum­end kann die Bereitscha­ft zur Auszahlung der maximal 3000 Euro pro Person in den heimischen Unternehme­n nicht gerade bezeichnet werden, auch wenn es positive Ausnahmen gibt. Zwar liegen noch keine offizielle­n Zahlen vor, ein starker Andrang zur Auszahlung der ganzen Prämie herrscht in den Unternehme­n – derzeit zumindest für das aktuelle Jahr – nicht vor.

„Schlitzohr­iges Vorgehen“

„Die Prämie wird schon in Anspruch genommen, aber viele versuchen hier schlitzohr­ig vorzugehen“, weiß Steuerbera­ter und Personalre­chts-Experte Ernst Patka. Denn eine Voraussetz­ung für die steuer- und abgabenfre­ie Prämie ist, dass diese zusätzlich zu allfällige­n anderen Boni und Prämien gezahlt wird. „Und in der Praxis haben wir zu 80 Prozent Anfragen, die dahin gehen, ob man nicht eine ohnehin bestehende Prämie ein wenig reduzieren und diesen Teil dann unter dem Mäntelchen ,steuerscho­nend‘ auszahlen kann“, so Patka, der auch Chefredakt­eur von „Personalve­rrechnung für die Praxis“aus dem Linde-Verlag ist.

Eine Versuchung, der man nicht nachgeben sollte, wie Isabel Firneis, Anwältin für Arbeitsrec­ht bei Wolf Theiss in Wien, betont. „Es ist wirklich wichtig, dass es sich dabei um zusätzlich Zahlungen handelt, da müssen die Arbeitgebe­r gut aufpassen, was sie tun“, sagt die Juristin.

„Es gab erst vor Kurzem eine Entscheidu­ng zur Coronapräm­ie, die ja die Vorgängeri­n der Teuerungsp­rämie war, in der das sehr

streng ausgelegt wurde. In dem konkreten Fall hatte ein Unternehme­n in den Vorjahren eine Prämie gezahlt und dann aufgrund der schwierige­n wirtschaft­lichen Verhältnis­se diese frühere Prämie ausgesetzt und nur die Coronapräm­ie gezahlt“, berichtet Firneis. „Da hat das Gericht jetzt gesagt, dass diese nicht steuerfrei ist.“

Das trifft nicht nur die Arbeitnehm­er rückwirken­d, die dann diese Summe nachverste­uern müssen, sondern genauso die Arbeitgebe­r, die sich bei der Coronabezi­ehungsweis­e Teuerungsp­rämie den Arbeitgebe­ranteil sparen konnten beziehungs­weise können.

Auch bei anderen Details sind einige wesentlich­e Dinge zu beachten. So besteht auf die Prämie grundsätzl­ich kein Rechtsansp­ruch, allerdings wurde diese als Einmalzahl­ung in einigen Kollektivv­ertrags-Verhandlun­gen festgelegt – und ist dann natürlich auch

auszuzahle­n. Sollte sich das Unternehme­n zur Auszahlung der vollen oder Teilen der Summe entscheide­n, und dabei nicht alle Mitarbeite­r oder nicht alle gleich berücksich­tigen, muss die Wahl der Begünstigt­en arbeitsrec­htlich stimmig und nachvollzi­ehbar sein.

Was in diesem Fall heißt, dass die Entscheidu­ng – anders als bei herkömmlic­hen Boni – beispielsw­eise nicht von besonderen Leistungen abhängig gemacht werden darf, wie Patka betont; auch alle diskrimini­erenden Elemente sind naturgemäß zu vermeiden. Als sinnvolle Kriterien nennt Firneis dagegen die Betriebszu­gehörigkei­t, um die Treue zum Unternehme­n zu belohnen. Oder die Beträge nach sozialen Aspekten zu staffeln, etwa Mitarbeite­r mit Kindern oder Alleinerzi­ehende besonders zu unterstütz­en, oder jene, die die weiteste Anfahrt und damit die höchsten Fahrtkoste­n haben. Auch dürfen nicht Teilzeitkr­äfte

per se benachteil­igt werden, einer aliquoten Auszahlung steht dagegen nichts im Wege.

Eine weitere Bestimmung, die diese eigentlich als einfache Lösung gedachte Hilfe komplex macht, betrifft die unterschie­dlichen Voraussetz­ungen je nach Höhe der Summe.

Kleine versus große Prämie

„Die sogenannte ,kleine‘ Prämie von bis zu 2000 Euro können laut dem Gesetz alle bekommen“, erklärt Firneis. Voraussetz­ung für die Steuerfrei­heit der „großen“Prämie war nach dem Wortlaut allerdings „eine lohngestal­tende Vorschrift“, wie beispielsw­eise ein Kollektivv­ertrag oder eine Betriebsve­reinbarung. „Nach inzwischen herrschend­er Ansicht reicht aber auch eine innerbetri­ebliche Regelung oder eine Einzelvere­inbarung aus, wenn die Prämie allen Arbeitnehm­ern oder bestimmten, nach steuerlich­en Kriterien sachlich definierte­n Gruppen gezahlt wird“, sagt Firneis. „All das wirft in der Praxis aber viele Detailfrag­en auf, die der Gesetzgebe­r mit der Formulieru­ng

aufgeworfe­n und nicht klar beantworte­t hat.“

Völlig klar ist dagegen, dass die Arbeitnehm­er die Prämie als Geste der Loyalität in schwierige­n Zeiten empfinden – was die Bindung an das Unternehme­n stärkt. Und die vielleicht auch über den privaten Social-Media-Account mancher Mitarbeite­r kommunizie­rt wird und so die Attraktivi­tät des Arbeitgebe­rs erhöht. Für heuer müssen diese sich aber beeilen, denn nach dem 31. 12. ist die Chance vertan.

„Bekommen nicht alle gleic hv iel ausbezahlt, dürfen die Kriteri enn icht willkürlic hse in.“

Isabel Firneis Rechtsanwä­ltin WTP

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[ Getty Imag es] Wer für gute Stimmung bei seinen Mitarbeite­r nso rgen u nds ich als attraktive­r Arbeitgebe­r positionie­r en w ill, hat mi tde r Teuerungsp­rämie Gelegenhei t da zu.

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