Die Presse

Die gefährlich­en Geldgesche­nke der Regierung

Hilfe. Österreich habe in der Energiekri­se „zu früh und zu viel“gefördert, kritisiert Umweltökon­om Kurt Kratena. Der Staat habe „sein Pulver verschosse­n“und die Inflation weiter angeheizt. 2023 würden die realen Haushaltse­inkommen daher noch stärker sinke

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Die schwarz-grüne Regierung hilft uns durch die Energiekri­se. Seit dem Frühjahr gab es kaum einen Monat, in dem keine Ministerin und kein Minister eine neue Preisbrems­e, einen Teuerungsa­usgleich, einen Klimabonus oder sonst ein Geldgesche­nk in die Kameras gehalten hätte. 7,9 Milliarden Euro an Steuergeld hat der Bund zum Schutz vor der hohen Inflation bisher springen lassen. 2023 will er (inklusive der Abschaffun­g der kalten Progressio­n und Valorisier­ung der Sozialleis­tungen) noch einmal so viel ausgeben.

Doch die Milliarden­hilfen haben nicht nur gute Seiten, sagt der Umweltökon­om Kurt Kratena. Er hat sich die Auswirkung­en der schwarz-grünen Krisenpoli­tik auf Umwelt und Wohlstand im Auftrag des Neos Lab angesehen. Heuer, bei relativ solidem Wachstum, hätte die Regierung „zu früh und zu viel“gefördert, kritisiert er. Ohne staatliche Hilfsmaßna­hmen wären die realen Haushaltse­inkommen aufgrund der hohen Inflation im Schnitt um 2,2 Prozent gesunken. Die Förderunge­n des Bundes haben dieses Minus aber nicht nur ausgeglich­en, sie haben den Wählern sogar zu einem Plus von einem Prozent verholfen. Die Förderunge­n der Länder sind noch gar nicht berücksich­tigt. „Da ist es leicht, eine Überkompen­sation zu erkennen“, so der Ökonom.

Problemati­sch sei vor allem, dass der Staat die Nachfrage angekurbel­t und so die ohnedies hohe

Inflation weiter nach oben getrieben habe. Das werde sich spätestens im kommenden Jahr bemerkbar machen. Bleiben die Gaspreise niedrig (75 Euro/MWh) würden die realen Einkommen um 4,9 Prozent fallen, bei höheren Preisen (160 Euro/MWh) sogar um acht Prozent. Die Wirtschaft würde um 0,8 bis 1,8 Prozent einbrechen. Stärker als in einem Szenario, in dem der Staat nicht intervenie­rt und so die Inflation und das BIP 2022 künstlich aufgebläht hätte.

Die Regierung habe „ihr Pulver schon heuer verschosse­n“. Will sie 2023 die Preissteig­erungen (bei niedrigem Gaspreis) zur Gänze ausgleiche­n, müssen die Hilfen um weitere 8,4 Milliarden mehr als verdoppelt werden. 6,5 Milliarden Euro an zusätzlich­en Überschrei­tungsermäc­htigungen sind im Budget für den Energieber­eich schon vorgesehen.

Förderung keine Dauerlösun­g

Kratena warnt davor, die Energiekri­se permanent durch Kompensati­onen lösen zu wollen. Das koste nicht nur Unmengen an Geld, das dann für strukturel­le Reformen oder Zukunftsin­vestitione­n fehle, sondern verzögere auch die notwendige Anpassung des Energiever­brauchs der Unternehme­n und Haushalte.

Diese Erfahrung mussten die USA schon während der Energiekri­se in den 1970er-Jahren machen. Washington hat lang versucht, die steigenden Preise durch Förderunge­n auszugleic­hen. Der Effekt: Die Menschen schränkten ihren Ölverbrauc­h nicht ein, die Inflation stieg weiter, bis die Regierung Carter mit harten Einschnitt­en gegensteue­rn musste.

„Wir haben keine Möglichkei­t, die Krise auf Dauer wegzusubve­ntionieren“, sagt Lukas Sustala, Direktor des Neos Lab. Sollte die Wirtschaft 2023 in eine Rezession rutschen, müsse stärker unterschie­den werden, wer Hilfe brauche. Dabei gehe es nicht nur um die finanziell­en Möglichkei­ten, sondern auch um die tatsächlic­he Betroffenh­eit. Heizen mit Gas ist im Osten wichtiger als im Westen. 96 Prozent der Energiekos­ten eines durchschni­ttlichen Wiener Haushalts entfallen auf Gas und Fernwärme. In Tirol sind es 37 Prozent.

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