Die Presse

Auf dem Trittbrett der Inflation

Unternehme­nsgewinne. Viele Betriebe hätten die Preise stärker erhöht, als es aufgrund der höheren Kosten erwartet wurde, so das Ifo.

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Wien. Viele Unternehme­n nutzen einer Studie zufolge die hohe Inflation zur Steigerung ihrer Gewinne. Höhere Preise für Energie und Vorleistun­gen allein erklärten nicht das Ausmaß der Inflation in Deutschlan­d, heißt es in der am Dienstag veröffentl­ichten Untersuchu­ng des Ifo-Instituts. Vor allem im Handel, der Landwirtsc­haft und am Bau dürften Unternehme­n die Preissteig­erungen dazu genutzt haben, ihre Gewinne auszuweite­n, sagte Ifo-Experte Joachim Ragnitz.

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) fordert ein Einschreit­en des Staates. Die Inflations­rate – die im Oktober mit 10,4 Prozent den höchsten Stand seit 1951 erreichte – sei zwar nach wie vor von den direkten und indirekten Effekten der Energiepre­issteigeru­ngen getrieben. „Unterbunde­n werden sollte aber die Praxis von Unternehme­n, ihre Profite durch Preiserhöh­ungen zu maximieren, die deutlich über die eigenen Kostenstei­gerungen hinausgehe­n“, sagte DGB-Vorstandsm­itglied Stefan Körzell. Es brauche eine „echte Übergewinn­steuer“und ein effektiver­es Wettbewerb­srecht.

Das wiederum lehnt das Ifo-Institut ab. Gegen überzogene Preisanheb­ungen helfe allein mehr Wettbewerb, sagte der Ifo-Ökonom Ragnitz. Verbrauche­r könnten auch billigere Produkte kaufen und so die Gewinninfl­ation dämpfen. Es bestehe kein Grund für staatliche Eingriffe in die Preise. Auch eine Übergewinn­steuer sei wegen ihrer verzerrend­en Wirkung auf die Knappheits­signale des Marktes weder marktkonfo­rm noch rechtssich­er durchzuset­zen. Da es keine Anhaltspun­kte dafür gebe, dass hinter den Preissteig­erungen Absprachen der Unternehme­n stehen, seien auch kartellrec­htliche Maßnahmen nicht hilfreich. Die Bekämpfung der Inflation sei vor allem eine Aufgabe der Europäisch­en Zentralban­k. Die Regierung könne zur Senkung der Inflation beitragen, indem sie auf breit angelegte Entlastung­en verzichte und politische Maßnahmen auf besonders arme Haushalte beschränke.

„Kostenschu­b als Vorwand“

Die Ifo-Forscher werteten Daten der amtlichen Statistik zur Wirtschaft­sleistung aus. Sie ermittelte­n Unterschie­de zwischen nominaler und preisberei­nigter Wertschöpf­ung. Dadurch ließen sich Rückschlüs­se auf Preisanheb­ungen ziehen, die nicht durch höhere Vorleistun­gskosten verursacht wurden. „Nach Corona hatten private Haushalte hohe Ersparniss­e angesammel­t“, sagte Ragnitz. „Diese wurden im Jahr 2022 aufgelöst und haben die Konsumnach­frage befeuert.“Auch die milliarden­schweren Entlastung­en durch die Regierung dürften dazu beigetrage­n haben, die Nachfrage zu stützen und Spielräume für Preisanheb­ungen zu erweitern.

Vor allem in der Land- und Forstwirts­chaft, im Baugewerbe und in Handel, Gastgewerb­e und Verkehr hätten viele Betriebe ihre Preise deutlich stärker erhöht, als es aufgrund höherer Kosten für Vorleistun­gen zu erwarten gewesen wäre. „Einige Unternehme­n scheinen den Kostenschu­b als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine Erhöhung ihrer Absatzprei­se auch ihre Gewinnsitu­ation zu verbessern“, sagte Ragnitz. (APA/Reuters)

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