Die Presse

Frankreich. Tore schießen inzwischen andere, dafür orchestrie­rt Antoine Griezmann das französisc­he Spiel mit beachtlich­er Konstanz.

- VON SENTA WINTNER FRANKREICH

Al-Rajjan/Wien. Das Erfolgskon­zept von Didier Deschamps hat einen Namen: Antoine Griezmann. Wie gewichtig dessen Rolle in der Taktik des französisc­hen Teamchefs ist, lässt sich daran ablesen, dass der 31-Jährige im siegreiche­n WMViertelf­inale zum 72. Mal in Folge in der Startelf stand. Anders gesagt hat der Legionär von Atlético Madrid seit August 2017 jedes einzelne Spiel für sein Land bestritten, damit den alten Rekord von Patrick Vieira (44) pulverisie­rt, und seit dem Debüt im März 2014 überhaupt nur vier Freundscha­ftsspiele verpasst. Ob EM-Finale 2016, WMTitel 2018 oder Nations-LeagueSieg 2021, er war immer dabei.

Bei der WM in Katar mag Griezmann im Schatten Kylian Mbapp der des wieder erstark

GOLDENER SCHUH

Kylian Mbapp liegt im Rennen um den besten WM-Torschütze­n mit fünf Treffern und zwei Vorlagen vor dem Argentinie­r Lionel Messi (4/2) und seinem französisc­hen Landsmann Olivier Giroud (3) an. Die Auszeichnu­ng wird seit der WM 1978 vergeben, seither erzielte der Brasiliane­r Ronaldo 2002 mit acht Toren die meisten. Im Vorjahr gewann der Engländer Harry Kane (6). ten Olivier Giroud stehen, doch nicht nur Deschamps weiß um die Bedeutsamk­eit seines Allrounder­s. Begann dieser seine Karriere bei Real Sociedad noch als Flügelspie­ler und reifte im ersten AtléticoEn­gagement zum Stürmer von Weltformat hat ihn Frankreich­s Teamchef nach den Ausfällen von PaulPogbau­ndN’GoloKantée­ine Reihe zurück beordert. Als Freigeist zwischen Achter- und Sechserpos­ition orchestrie­rt Griezmann das Spiel, erkämpft und verteilt die Bälle. „Er interpreti­ert seine Rolle sehr intelligen­t und schafft ein Gleichgewi­cht“, lobt Deschamps.

Griezmann hat sich nahtlos in die neue Rolle eingefunde­n und überzeugt in allen Aspekten: mit den meisten gewonnen Zweikämpfe­n (gegen Dänemark), den meisten gelaufenen Kilometern (gegen Polen) oder den meisten Tacklings (gegen England). 17 Torchancen, mehr als Lionel Messi (16) und die meisten aller WMSpieler hat er vorbereite­t. „Es hat etwas Befreiende­s in der Defensive zu helfen und meine Kollegen offensiv zu unterstütz­en“, sagt Griez

mann. Dass nun andere treffen und im Rampenlich­t stehen, ist für ihn kein Problem. „Um das Tor mache ich mir keinen Kopf. Die Mannschaft braucht mich im Herzen des Spiels.“

Gebremst von der Bar a-Posse

Mit seinen starken WM-Leistungen zahlt Griezmann, dessen Vorfahren väterliche­rseits aus Hessen stammen, Deschamps das ihn in gesetzte Vertrauen zurück. Denn dieser hielt auch dann weiter zu ihm, als der Wechsel zu Barcelona 2019 seine Karriere ins Stocken brachte. 120 Millionen Euro betrug damals die Ablöse, seine ideale Position aber war bei den Katalanen

schon von Messi besetzt. Weder Spieler noch Klub wur den glücklich und so wechselte Griezmann 2021 leihweise zur ück zu Atl tico, allerdings mit Auflage. Denn zumindest finanziell wollte sich Bar

a mit einer verpflicht­enden Kaufoption absichern.

Statt des erhofften Neuanfangs wurde Griezmann an alter Wirkungsst­ätte zu „Mr. 60 Minute“, denn zu viele Einsätze über mehr als eine Halbzeit hätten Atlético in die Pflicht genommen. „Ich musste mich selbst klein machen“, beschrieb der Linksfuß „L’´ uipe“die Saison als Joker von der Bank. Immerhin, am Ende sollen die Madrilenen um nur rund 20 Millionen

Euro und damit die Hälfte der ursprüngli­ch geforderte­n Summe den Zuschlag erhalten haben. Als Stammspiel­er blüht Griezmann in dieser Saison wieder auf.

Im Nationalte­am blieb Griezmann trotzdem unumstritt­en, seiner Flexibilit­ät zollen nun auch die Kollegen Respekt. „Seine Rolle hat sich etwas geändert, aber er hat immer noch die gleichen Qualitäten“, sagte Innenverte­idiger Raphael Varane. „Er ist sehr wichtig und gibt dem Team sehr viel, sowohl auf als auch neben dem Platz.“Sein 73. Länderspie­l in Folge soll Griezmann und Frankreich heute gegen Marokko den Weg ins WM-Finale weisen.

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[AFP] Antoine Griezmann hat sich gewandelt, ist in Katar das Um und Auf im französisc­hen Mittelfeld.

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